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Aarberg

Für eine halbe Million Geburtstag feiern?

Zum 800-Jahr-Jubiläum des Stedtlis plant die Gemeinde eine grosse Feier: Nach einem Eröffnungsfest im Juni 2023 sollen gut ein Jahr lang Vereinsanlässe stattfinden. Morgen entscheidet die Gemeindeversammlung.

Copyright: Barbara Héritier / Bieler Tagblatt

Sarah Grandjean

800 Jahre ist es her, seit der damalige Schlossherr die Stadt Aarberg gegründet hat. Ein Grund zum Feiern, findet Gemeinderat Hans Käser (FDP). Die Wirtschaftskommission, der er vorsteht, hat deshalb das Projekt «Aarberg 800» erarbeitet. Geplant sind verschiedene Anlässe verteilt über 16 Monate. Zum Auftakt soll es im Juni 2023 ein eintägiges Fest auf dem Stadtplatz geben. Dieses könnte zum Beispiel so aussehen, dass eine Historikerin die Geschichte des Stedtli erläutern würde, wobei Essen, Getränke und Musik nicht fehlen dürften. Dann soll es mindestens ein Jahr lang in regelmässigen Abständen Vereinsanlässe für Gross und Klein geben, gekrönt von einem Schlussfest im Spätsommer 2024. Kostenpunkt: 480 000 Franken. Morgen wird die Gemeindeversammlung über den Kredit befinden.

Es ist bereits der zweite Anlauf für ein Jubiläumsfest: In der vergangenen Legislatur hatte die Wirtschaftskommission schon einmal ein Projekt geplant. Der Gemeinderat lehnte dieses jedoch mit der Begründung ab, es sei zu wenig lokal. Vorgesehen war damals eine zweitägige Feier, von externen Eventplanern organisiert und mit Auftritten externer Künstlerinnen. Diesmal wird das Lokale grossgeschrieben. Das OK bestünde aus sechs Aarbergern mit Hans Käser als Präsident, und wenn eine Band auftritt, dann eine aus Aarberg oder Umgebung.

 

Gemeinde unterstützt Vereine

Für die Vereinsanlässe sind die Organisatorinnen natürlich auf die Mitarbeit der Vereine, von denen es in Aarberg 64 gibt, angewiesen. Man habe das Projekt während des Vereinskonvents im September vorgestellt, sagt Käser. Es seien überraschend viele Vereine gekommen und man habe gute Rückmeldungen erhalten. Während vor zwei Jahren die meisten angaben, sie hätten schon so zu viel um die Ohren, seien sie heuer froh, wenn überhaupt etwas laufe.

«Aarberg 800» soll für die Vereine keinen allzu grossen Mehraufwand bedeuten. Deshalb ist die Idee, dass sie möglichst ihr Jahresprogramm in die Feier integrieren und einander gegenseitig unterstützen. Wenn zum Beispiel ein grösserer Verein einen Anlass wie ein Freilichtspiel auf die Beine stellen würde, könnte er sich mit einem kleineren zusammenschliessen, der den Barbetrieb übernehmen würde. «Der Miteinander-Gedanke ist uns wichtig», so Käser.

Die Gemeinde würde die Vereine finanziell unterstützen, sofern diese bestimmte Auflagen erfüllen. Zum Beispiel müssten sie lokal einkaufen, damit auch das Gewerbe vom Anlass profitiert. Ein entsprechender Kriterienkatalog ist in Erarbeitung. Der Gewinn würde in die Vereinskassen fliessen.

Auch fürs Schlussfest gibt es schon eine Idee: Viele Vereine wünschten sich laut Käser einen grossen Umzug.

 

Es gibt schon erste Ideen

Fragt man die Vereine, ob sie beim Anlass mitmachen würden, bekommt man optimistische Antworten zu hören. So hat zum Beispiel Aarsenior bereits ein Gremium gebildet, das sich mit dem Projekt befasst. Man würde gerne einen Anlass auf die Beine stellen und sei schon dabei, verschiedene Ideen zu entwickeln, sagt Präsident Samuel Ruggli. Zudem würde man sicher andere Vereine bei deren Anlässen unterstützen.

«Wenn das Projekt angenommen wird, würden wir sicher mithelfen», sagt auch Fabienne Schwab, Co-Leiterin der Musikgesellschaft Aarberg. Man habe sich noch nicht auf etwas Konkretes festgelegt, würde aber gerne beim Eröffnungs- sowie beim Schlussfest mitmachen. Ferner könne man sich vorstellen, jährlich stattfindende Anlässe wie etwa das Winterkonzert ins Programm zu integrieren.

Ähnlich klingt es beim FC Aarberg, dem grössten Verein in Aarberg. Laut Präsident René Schneider würde man versuchen, zum Beispiel das Grümpelturnier und den Sponsorenlauf zu integrieren.

Auch die kleine Aarberger Bühne würde gerne mitmachen. So wie schon vor vier Jahren würde man zusammen mit den umliegenden Theatervereinen ein Freilichtspiel-Projekt durchführen, so Präsident Silvio Gmür.

 

Ist das nicht zu teuer?

Die Aarberger Parteien befürworten die Jubiläumsfeier grundsätzlich. Allerdings warfen die Kosten von fast einer halben Million hier und da Fragen auf. So war die SP am Anfang skeptisch. Man sei aber zum Schluss gekommen, dass der Betrag gerechtfertigt sei, sagt Präsidentin Chantal Hersche. Nachdem die Menschen nun coronabedingt so viel hätten zurückstecken müssen, entspreche ein solch geselliger Anlass einem Bedürfnis.

Dem schliessen sich die Grünen an. «Mir gefällt am Konzept, dass die Festivitäten über ein ganzes Jahr verteilt sind und nicht ein einzelner Riesenevent gemacht wird», so Präsident René Cattin. Zudem finde er gut, dass die Vereine einbezogen werden. Damit erziele das investierte Geld einen nachhaltig positiven Effekt über das Festjahr hinaus, was den hohen Betrag rechtfertige.

Auch die FDP steht hinter dem Projekt. Schliesslich werde es auch eine Wertschöpfung geben, sagt Präsident Rainer Külling.

«Wir unterstützen die Idee voll und ganz», schliesst sich Dominik Herren von der Mitte an. Ob der Kredit gerechtfertigt sei, müsse schliesslich das Volk entscheiden.

Die SVP hingegen bemängelt, dass die publizierte Botschaft sehr allgemein gehalten war. «Wir hätten uns mehr Informationen gewünscht», sagt Präsident Marc Moser. Manche Mitglieder fänden einen solchen Betrag für eine solche Feier übertrieben. Die SVP bekämpfe das Projekt aber nicht, stellt er klar. «Dass das schönste Stedtli in der ganzen Schweiz 800-jährig wird, muss man feiern.»

 

100 Franken pro Kopf

Hans Käser sagt, dass man die Bevölkerung an der Gemeindeversammlung detailliert übers Projekt informieren werde. 480 000 Franken, das sei zwar viel Geld. Heruntergebrochen auf die Bevölkerung sind dies aber rund 100 Franken pro Einwohnerin. Das finde er vertretbar für eine so grosse Feier.

Sagt die Bevölkerung Ja zum Kredit, wird sich das OK im Januar mit den Vereinen, die teilnehmen wollen, zu einer ersten Sitzung treffen. Sollte das Projekt abgelehnt werden, wird der Gemeinderat im Rahmen seiner Finanzkompetenz, also bis zu 250 000 Franken, einen kleineren Anlass planen.

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