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Meinisberg

Gegen die Faust im Sack

Der Verein Pro Meinisberg will sich in das Dorfleben einbringen und Lust machen auf Politik. Was das konkret heisst, erklärt Präsident Nick Maier. Ein erster Schritt: Nach zehn Jahren soll Schluss sein mit stillen Wahlen im Dorf.

Nick Maier: "Immer mehr Leute haben kaum noch eine Vorstellung von politischen Prozessen." Bild: Yann Staffelbach

Daniela Deck

Frischen Wind in die Dorfpolitik bringen. Das ist das Ziel des Vereins Pro Meinisberg. Nach dem Rücktritt des Gründungspräsidenten Ruedi Steiner hat unter seinem Nachfolger Nick Maier im Frühling eine neue Ära begonnen. Mit der Gestaltung von Logo und Website spricht der Verein erstmals die breite Öffentlichkeit an. Im Visier: Die Gesamterneuerungswahlen am 24. Oktober.

Über ein arbeitsintensives Wochenende im Mai seien die Konturen für den neuen Auftritt entstanden, sagt Nick Maier. «Wir haben uns als Familie hingesetzt und die wichtigsten W-Fragen gestellt: was, warum, wie. Dabei haben unsere Töchter mit ihrem beruflichen Wissen geholfen, etwa aus der Mediamatik.»

Schnell war klar: Nach zwei Legislaturperioden «ohne Anlässe, auf Sparflamme und mit minimalen Strukturen, muss der Verein im Dorf eine Identität bekommen», sagt Maier. Er hatte zu diesem Zeitpunkt eben das Präsidium angetreten.

Identität bedeutet heutzutage ein Logo und eine Website. Erste Gehversuche mit einem Logo-Creator im Internet wurden anschliessend vom Profi im Verein in die passende Form gebracht. Aus dem Gemeindewappen entlieh der Verein eine Traube mit Weinblatt und kombinierte diese mit einem roten Häkchen. «Der Vorstand war begeistert über die neue Dynamik», sagt Maier.

Ohne Scheuklappen

Die Gründung 2013 war eine Reaktion auf die Auflösung der Ortssektionen der FDP und SP/Freie Wähler gewesen. Der damals abtretende Gemeindepräsident Ruedi Steiner und eine Handvoll Gleichgesinnter wollten mit Pro Meinisberg eine zweite politische Stimme neben der SVP schaffen. Für die Besetzung von Ämtern im Gemeinderat und in den Kommissionen beschränkten sie sich auf die Suche in den Ortsvereinen und persönlichen Netzwerken.

Jenseits des Links-Rechts-Schemas versteht sich der Verein als Beitrag «zur politischen Willensbildung, ohne Scheuklappen und für ein Denken in Zusammenhängen». Die wichtigen lokalen Themen sollen breit diskutiert werden. Das lässt sich auf der Website nachlesen (Link siehe Fussnote). Der Schritt an die Öffentlichkeit erfolgte Anfang Juni mit einer Plakatkampagne im Dorf.

Bereits zeigen sich erste Früchte der Bemühungen. «Vier Tage, nachdem wir die Plakate aufgehängt hatten, hat ein Herr Interesse an einer Kandidatur für den Gemeinderat angemeldet», so Maier. Er habe mehrere Voten gehört, wonach sich Leute «gerade deshalb bei uns engagieren wollen, weil wir keiner traditionellen Partei angehören. Das zeigt mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind», ist der Vereinspräsident überzeugt.

Hier auf dem Land gehe es um die Sache und nicht um Ideologien, sagt er. «Natürlich haben die Leute unterschiedliche Meinungen. Diese gehören auf den Tisch und gründlich diskutiert.» Nur so würden sich demokratische Entscheidungen, die anschliessend gefällt werden, als tragfähig erweisen, so Maier.

Aus diesem Grund hat Pro Meinisberg den stillen Wahlen – seit über zehn Jahren Usus – den Kampf angesagt. Wahlen sollen im Oktober Auswahl bedeuten. «Wir sind uns bewusst, dass damit auch jemand aus dem Amt abgewählt werden kann», sagt Maier. «Dem stellen wir uns, es gehört zur gesunden Demokratie.» Kandidaturen für Kommissionen und Ämter können bis Anfang September eingereicht werden.

Eine weitere Erkenntnis hat Maier im ersten Quartal als Präsident gewonnen: «Immer mehr Leute, auch solche mit guter Bildung, haben kaum noch eine Vorstellung von politischen Prozessen. Es liegt an uns, sie ins Boot zu holen und die Faszination dafür zu wecken, wie sie ihre Interessen und Stärken im Dorf einsetzen können.»

«Es gärt an manchen Ecken»

Aufgeschreckt wurde der Vorstand durch die Reaktion der Bevölkerung auf das überdimensionierte Kombinationsprojekt Schulhaus- und Gemeindehausneugestaltung.

Maier erinnert sich: «Plötzlich gärte es an manchen Ecken. Doch im Vorfeld kam gerade diese Teilnahme der Bevölkerung am politischen Prozess zu kurz.» Das knappe Nein sei wohl allen eine Lehre gewesen, der Einwohnerschaft ebenso wie dem Gemeinderat – in dem Pro Meinisberg aktuell drei Vertreter stellt.

Schlagartig war für die Vereinsmitglieder klar: Die Dorfbevölkerung soll nicht die Faust im Sack machen, sondern offen Fragen, Befürchtungen und Wünsche formulieren und ausfechten. Das gab den Anstoss für den Schritt des Vereins an die Öffentlichkeit. Das klare Nein mit der Zweidrittelsmehrheit zur Amtszeiterweiterung des Gemeindepräsidiums letzten Monat an der Gemeindeversammlung wertet Maier denn auch als Wiedererwachen der Basisdemokratie: «Wenn es drauf ankommt, weiss Meinisberg sehr gut, was nötig ist.»

Mit der jungen Generation

Doch nachhaltig ist der politische Prozess nur, wenn auch die junge Generation sich dafür begeistern lässt. Maier sagt: «Mir liegen die jungen Berufsleute und Familien am Herzen. Um sie abzuholen, müssen wir uns vom Denken in Vierjahreszyklen und ständigen Kommission lösen.» Da diese Altersgruppe in Projekten arbeitet und denkt, müsse die Politik sich anpassen.

«Was wir brauchen, sind Arbeitsgruppen mit klarem Auftrag und dazu Start- und Endpunkt.» Themen gebe es viele und spannende. Neben den Brocken Schul- und Gemeindehaus nennt Maier die autonome Wasserversorgung und die Kiesgrube als Beispiele.

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