Sie sind hier

Abo

Lyss

Gemeinde will Teil der Renten übernehmen

Da die Pensionskasse der Gemeinde Lyss künftig weniger Rente auszahlt, soll ein Teil des fehlenden Geldes mit Steuergeldern finanziert werden. Nächste Woche befindet das Parlament darüber. Die SVP wird aber nur zähneknirschend zustimmen.

Die Renten der Angestellten der Gemeinde sollen alle Lysser mitfinanzieren. copyright/Peter Samuel Jaggi

Hannah Frei


Die Traktandenliste für die letzte Sitzung des Grossen Gemeinderats Lyss am Montag ist lang. Am meisten zu reden gab in den Fraktionssitzungen das Geschäft rund um die Vorsorgestiftung Energie (PKE), die Pensionskasse der Gemeinde Lyss. Diese muss, wie so manche Pensionskasse, aufgrund der stetig steigenden Lebenserwartung der Versicherten und der tiefen Zinsen den Umwandlungssatz senken. Die Konsequenz: Die Versicherten erhalten eine tiefere Rente. Ab nächstem Oktober wird die PKE mit der Senkung des Umwandlungssatzes für Neurentner von 5,65 auf 5 Prozent beginnen, und zwar schrittweise.


Um zu verhindern, dass die Renten aufgrund der Senkung für die Angestellten der Gemeinde dadurch um 11 Prozent sinken, schlägt der Gemeinderat nun eine Ausgleichsvariante vor: Die Gemeinde übernimmt 60 Prozent der Kompensationseinlage in Höhe von einmalig 1,6 Millionen Franken und bezahlt danach ab 2020 jährlich 160000 Franken als Sparbeiträge für alle Altersgruppen. Die Angestellten übernehmen 40 Prozent der Erhöhung der Sparbeiträge und dürfen selbst entscheiden, ob sie die Kompensationseinlage für ihre Rente einzahlen wollen oder nicht. So der Plan der Gemeinde, den sie gemeinsam mit der PKE ausgearbeitet hat.


Einwände von SP und SVP
Gegen dieses Vorhaben werden jedoch sowohl im rechten als auch im linken Lager Einwände erhoben. Katrin Meister (SP), Co-Fraktionspräsidentin SP/Grüne, sagt dazu: «Die Gemeinde sollte sich noch mehr beteiligen können und einen grösseren Anteil des fehlenden Betrages übernehmen.» Schliesslich habe die Gemeinde in der Vergangenheit bereits genug sparen können, indem sie 2016 auf den Einkauf in die Wertschwankungsreserve der Pensionskasse Energie Genossenschaft verzichtet hat – damals wechselte die Gemeinde die Pensionskasse. Darauf verweist auch der Gemeinderat im ausgearbeiteten Traktandendossier. «Also liegt es nun an der Gemeinde, als Arbeitgeber den Angestellten noch mehr entgegenzukommen», sagt Meister.
Ganz anders sieht dies SVP-Fraktionspräsident Urs Köchli. Es dürfe den Arbeitnehmern nicht freigestellt werden, ob sie die fehlenden Beiträge bezahlen oder nicht. «Unsere Fraktion besteht hauptsächlich aus Gewerblern und Selbstständigen. Wir müssen immer alles selber bezahlen und bekommen auch nichts geschenkt», sagt Köchli. Dennoch werde die SVP der von der Gemeinde vorgeschlagenen Variante zähneknirschend zustimmen. Denn die Mehrheit der Fraktion befürchte, dass es besonders für die älteren Angestellten ohne diese Kompensation schwierig werden könnte. «Aber das Geschäft ist uns sauer aufgestossen», so der Fraktionspräsident.


FDP bietet Hand
Für die FDP-Fraktion sei die von der Gemeinde vorgeschlagene Variante eine ausgewogene und faire Lösung, sagt Fraktionspräsident Daniel Stähli. Intensiv habe sich die Fraktion mit dem Geschäft auseinandergesetzt. Am vergangenen Montag fand gar eine Informationsveranstaltung statt, an der Bruno Steiner, Abteilungsleiter Finanzen Lyss, und Vertreter der PKE den Sachverhalt erklärt haben. «Nach dieser Veranstaltung können wir dem Antrag des Gemeinderats mit gutem Gewissen zustimmen», sagt Stähli.
Auch die FDP sehe die Gemeinde in der Pflicht, einen Anteil des fehlenden Geldes beizusteuern. Schliesslich handle es sich nun um eine Ausnahmesituation, da die Gemeinde bereits vor zwei Jahren Geld sparen konnte, in dem sie keinen solchen Ausgleich bezahlt hat. Stähli geht jedoch davon aus, dass sich die Situation im Rentenwesen auch weiterhin verschärfen wird. «Und ich kann nicht sagen, ob wir einem solchen Ausgleich in zehn Jahren wieder zustimmen würden», sagt Stähli.


Dem Antrag des Gemeinderats werden auch die GLP, die EVP und die BDP zustimmen. Laut BDP-Fraktionspräsident Ueli Spring sind die Ausführungen im Bericht des Gemeinderats so schlüssig, dass man dem nichts mehr entgegensetzen könne. Zudem schätzt Spring, dass die Senkung des Umwandlungssatzes schrittweise während fünf Jahren vollzogen wird, was den Reiz einer Frühpensionierung verringert. «Die Variante ist daher ausgeglichen und fair», so Spring.


Auch die EVP bezeichnet die Variante des Gemeinderats als «vernünftig», wie Fraktionspräsident Jürgen Gerber sagt. Die Gemeinde versuche damit, einen Mittelweg zu finden, sodass sowohl sie selbst als Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer nicht zu kurz kommen. «Sowohl die Gemeinde als auch die Arbeitnehmer sind Opfer dieser Senkung», so Gerber.


Land für Alterswohnungen
Ein weiteres Geschäft, das zu reden gab, ist der Erweiterungsbau der Stiftung Alterssiedlung Lyss. Diese bietet günstige Alterswohnungen an. Das Erweiterungsprojekt ist bereits seit Anfang 2016 bekannt. Für den Neubau in L-Form um das markante, halbrunde Gebäude an der Zeughausstrasse musste damals zuerst eine Zonenumplanung vollzogen werden. Das Planungsverfahren für den Neubau hat die kantonale Vorprüfung nun durchlaufen.
Heute, fast drei Jahre später, kann aber trotzdem noch nicht gebaut werden. Denn neben den zwei bereits von der Stiftung gekauften Parzellen soll nun auch eine dritte den Besitzer wechseln. Diese gehört zurzeit der Gemeinde Lyss – wie auch die anderen Parzellen, auf denen das alte Gebäude steht. Um den Erweiterungsbau zu ermöglichen, will die Gemeinde das dafür benötigte Land an die Stiftung verkaufen und gleichzeitig ein Darlehen dafür sprechen.


Dass in Lyss zusätzlicher günstiger Wohnraum für Senioren entstehen soll, dem stimmen eigentlich alle Fraktionen zu. Trotzdem ist die Fraktion SP/Grüne laut Katrin Meister nicht glücklich mit der Situation. Denn der Landverkauf der Gemeinde würde zu aufgeteilten Landverhältnissen führen, was die Situation nicht vereinfachen würde.
Die Fraktion GLP wird dem Landverkauf nicht zustimmen, wie Fraktionspräsident Yannick Hauser sagt. «Wir sind der Meinung, dass man für das Vorhaben lediglich das Baurecht an die Stiftung abgeben sollte, nicht aber das Land verkaufen», so Hauser.
Schliesslich wisse man nicht, wie die bevorzugte Wohnsituation für Senioren in 20 Jahren aussehen werde. Deshalb solle die Gemeinde das Land nicht einfach so abgeben. «Wir sollten uns andere Möglichkeiten offenhalten», sagt Hauser. Aus diesem Grund wird die GLP den Antrag am Montag zurückweisen oder, falls nötig, sogar ablehnen.


EVP unterstützt Abklärung
Diskutiert wurde der Landkauf auch in der EVP-Fraktion. Laut Jürgen Gerber bewertet seine Partei den Verkauf als sinnvoller, als wenn nur das Baurecht an die Stiftung übertragen würde. Falls es aber zu einer Opposition kommen würde, wäre die Partei bereit, sich die Argumentation anzuhören und allenfalls einer erneuten Prüfung des Sachverhalts zuzustimmen. «Aber falls es nicht zu einer Rückweisung oder einem erneuten Vorstoss kommen wird, werden wir den Vorschlag des Gemeinderats annehmen», sagt Gerber.
Dem Geschäft zustimmen werden voraussichtlich die FDP, die SVP und die BDP. Laut Ueli Spring ist die BDP davon überzeugt, dass es solche Alterswohnungen auch in Zukunft brauchen wird. Längerfristig sei es daher besser für die Stiftung, wenn sie selbst über das Land walten könne und es nicht nur im Baurecht erhalten würde. «Deshalb würden wir eine Rückweisung des Antrags nicht als sinnvoll erachten», so Spring.

Info: Die GGR-Sitzung findet am Montag um 17.30 Uhr im Hotel Weisses Kreuz statt und ist öffentlich.

Nachrichten zu Seeland »