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Amerika

Hühnerfüsse, Esskultur und heisse Eisen

Wer keinen Streit riskieren will, muss nicht nur Politik und Religion, sondern auch das Thema Essen umschiffen, haben Bruno und Renate Furer herausgefunden.

Viel Fleisch: Ein Asado für vier Personen. Bild: zvg
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«Wie schmeckt Dir amerikanisches Essen?»

Diese anscheinend harmlose Frage stellte mir ein Amerikaner in Hayder, mitten im Wald auf einer kleinen Brücke, wo wir seit Stunden auf Bären warteten. Was wir bis anhin noch nicht wussten: Erstens, Bären kommen meist, wenn man sie nicht erwartet. Und zweitens, wer keinen Streit riskieren will, sollte die Rubrik «Politik und Religion unbedingt vermeiden» mit dem Thema «Essen» erweitern!

Was sage ich also meinem amerikanischen Freund?

Diplomatisch antworte ich: «So leicht lässt sich dies nicht beantworten, hat doch jedes Land seine typischen Spezialitäten.» Ich hätte mich so sauber aus dieser misslichen Lage bringen können. Jedoch sagte ich auch noch: «Was mich aber mehr stört in den USA, ihr habt keine Esskultur, jeder pickt sich was aus der Pfanne und setzt sich damit irgendwo im Haus vor einen Fernseher.»

Nun, wer so lange unterwegs ist wie wir, hat natürlich schon die eine oder andere Spezialität des besuchten Landes versucht. Bei uns bleibt es natürlich nicht bei Pizza, Paella, Knödel oder einem Couscous unter nordafrikanischen Palmen. Manchmal wird es auch etwas gröber!

 

Das Hühnerfuss-Dilemma
Hier nur ein kleines Beispiel: In Mexiko werden sehr gerne Maiskolben, ob aus dem Wasser oder über dem Feuer gegart, verspeist. Dass diese mit einer Mischung aus Mayo und Käse übergossen werden, ist zwar komisch, sieht auch nicht sehr appetitlich aus, aber die Mexikaner lieben dies.

Im Supermarkt wird normales Fleisch und Hundefutter im gleichen Regal angeboten, was uns den Einkauf erleichtert. Ich kaufe also eine Megapackung Hühnerfüsse für Lola, so heisst unsere Hündin. Diese werden von ihr auch sofort mit Heisshunger verspeist, was nicht sehr appetitlich aussieht, aber Lola mag das. Sie ist übrigens auch aus Mexiko!

Beim nächsten Einkauf auf dem Markt bemerke ich, hier werden gesottene Hühnerfüsse verkauft. Und zwar nicht für den Hund, sondern in kleine Portionen abgepackt. Nach ihren Maiskolben mit Käse-Mayo verschlingen die Mexikaner quasi ein Hühnerfussdessert!

Ich kaufe seither keine Hühnerfüsse mehr, was Lola übrigens gar nicht gut findet. Aber würden Sie nicht auch komisch schauen, wenn ein Norweger, der mit seinem Schlittenhund in der Schweiz Urlaub macht, diesen mit Rösti oder Käsefondue füttert?

 

Horrortrip für Vegetarier
Nun, jedes Land hat seine Präferenzen und Eigenheiten. Und Gottlob sind diese meist gut verträglich. Nehmen wir als weiteres Beispiel ein ganz normales Asado in Argentinien. Für Vegetarier ein absoluter Horrortrip, futtert man sich doch durch die gesamte Fleischlandschaft. Ein gutes Kilo Fleisch pro Person ist normal. Bei zehn Personen ist dies schnell einmal ein Riesenberg. Um es nun etwas einfacher zu machen, es muss ja irgendwie in tragbare Grössen geschnitten werden, verfügt jede Metzgerei über eine Bandsäge, die in der Schweiz jeden Schreiner in Verzückung versetzen würde. Gnadenlos werden die Rinderhälften durch die Bandsäge geschoben, dass die Knochensplitter fliegen. Würste wandern zu 20 Stück am Band in den Sack. Vom gefüllten Darm über Blut und Leberwurst, Rippen bis hin zum Filet, alles muss auf den Grill. Immerhin, wenn die Hausfrau gut aufgelegt ist, gibt es auch einen Salat. Das wäre für zehn Personen eine geschnittene Tomate mit etwas Zwiebeln. Ist kein Ausländer dabei, bleibt der Salat unangetastet.

Ach, habe ich schon erwähnt, die Spezialität ist gefüllter Darm auf dem Grill. Die Füllung besteht aus dem noch unverdauten, respektive anverdauten Originalgras, welches das Rind zuletzt auf der Weide verspeist hat. Fand ich immer super lecker, solange ich noch nicht wusste, was ich da zwischen meinen Zähnen hatte!

 

«Klar habt ihr Kultur!»
Mein amerikanischer Freund hat sich übrigens noch beschwert, Amerikaner hätten sehr wohl Kultur. Und jeder könne doch dort essen, wo er wolle. Essen habe gar nichts mit Kultur zu tun.

Wir Europäer seien da mit unseren Tischsitten komisch eingestellt. Recht hat er, ich habe mich entschuldigt: «Klar habt ihr Kultur, immerhin habt ihr McDonald’s, KFC und Mickey Mouse».

Bruno und Renate Furer

Link: www.pepamobil.ch

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