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Reisen

«Ich gehe hier nicht ohne Staubsauger raus»

Andere Länder, andere Sitten: Bruno Furer erlebt in Peru, dass es nicht ganz einfach ist, zu einem neuen Staubsauger zu kommen.

Unterwegs zum nächsten Supermerkt im Hochamazonas von Peru. Bild: Bruno Furer
  • Dossier

Im Seeland einzukaufen ist ein Traum. Biologisch, dynamisch, konventionell, beim Bauern oder in einem der vielen Einkaufszentren. Wer die Auswahl hat, hat die Qual. Für uns bleibt meist nur die Qual.

Als ich vor einigen Tagen Staub saugte, macht das Ding so komische Geräusche. Also baue ich den Motor aus, um nachzusehen, was da nicht koscher ist. Es ist ein Problem mit den Kohlen und diese verursachten einen Kurzschluss, dass die Fetzen flogen. Innert zehn Sekunden war die Kohle am Rotor durchgescheuert und ich und die nähere Umgebung schwarz vom abgewetzten Kohlenstaub.

Ich stürme also den nächsten Laden, der nur etwa 865 Kilometer entfernt und über zwei Pässe von 4700 Meter Höhe erreichbar ist, und wähle besagtes Objekt aus. Der nette Verkäufer erklärt mir die Vorzüge dieses Modells, und zudem noch die Vorteile aller anderer Staubsauger. «Ich möchte dieses Modell», erkläre ich und denke, damit ist mein Standpunkt klar und ich bin in einigen Minuten mit meinem neuen Staubsauger wieder weg. Denkste!

«Aber wir haben da noch eine Aktion, nur diese Woche», so sein Einwand. «Ich brauche aber einen Staubsauger ohne Beutel», versuche ich einzuwenden. «Aber Beutel haben wir auch in Aktion.» Er lässt nicht locker.

«Ich bin Ausländer und werde mit dem Staubsauger herumreisen. Finde ich diese Beutel auch im Ausland?» «Wieso kaufen Sie keinen Koffer, ist doch besser zum Reisen als ein Staubsauger», sein nicht ganz unberechtigter Einwand. Wo er recht hat, hat er recht! Aber ich bleibe stur. «Ich will dieses Modell und kein anderes.»

Zu früh gefreut

Nachdem er mir die Artikelnummer aufgeschrieben hat, begleitet er mich zur Kasse.

Hier stehe ich in zweiter Position in der Schlange. An der Kasse drei Personen, die bedienen. Es dürfte sich also nur um Minuten handeln, bis ich stolzer Besitzer meines neuen Staubsaugers bin.

Nach 20 Minuten werde ich langsam nervös. Gut, immerhin hat der Kunde vor mir einen Plastikeimer gekauft und so was dauert seine Zeit.

Als ich überlege, ob ich sicherheitshalber mein Visum verlängern sollte, bin ich an der Reihe und die gute Frau tippt die Artikelnummer ein. «Haben wir nicht, no hay», ihr Kommentar. «Was no hay?», mein verdutzter Ausruf. «Sicher hay, wie soll ich sonst den ganzen Kohlestaub aus der Hütte bringen?» frage ich sie, was sie aber wiederum überhaupt nicht versteht.

Drei Damen kümmern sich jetzt um mein Kohlestaubproblem und malträtieren die Kasse. «No hay» ist dreistimmig zu vernehmen, vermutlich singen sie zusammen im Kirchenchor, was mir aber nicht wirklich weiterhilft. Ich solle mich doch an den Verkäufer wenden und ein anderes Modell aussuchen! Wieso ich? Ich habe doch schon ausgesucht und der Verkäufer hat mit bestätigt, dieses Modell sei an Lager.

Wie sich herausstellt, hat der Verkäufer eine 8 in der Artikelnummer vergessen. Nachdem dieses Problem gelöst ist, kann der Kauf von besagtem Gerät eingeleitet werden.

«Boleta o factura?» ist die nächste Frage, die mich unvorbereitet erwischt. «Was ist der Unterschied?», will ich wissen. «Es ist wegen der Steuer und wir brauchen ihre DIN-Nummer.» «Ich bin aber Ausländer und möchte eigentlich nur einen Staubsauger kaufen.» Ich bin langsam verzweifelt. Wäre die Hütte nicht voll mit Kohlestaub, ich würde hier schleunigst abhauen. «Ah, Ausländer», das erklärt offenbar viel, wie ich den Gesichtern entnehmen kann, «dann brauchen wir ihren Pass.»

Natürlich ist dieser im LKW. Wer rennt schon mit dem Pass durch die Gegend, wenn er einen Staubsauger kaufen will?

«Reicht Ihnen auch die Passnummer?» Schon gebe ich irgendeine Nummer an, die auch sofort hastig in den Computer getippt wird. Vermutlich muss ich jetzt noch die Fingerabdrücke hinterlegen und einen Lügendetektortest absolvieren. Aber ohne Staubsauger gehe ich hier nicht raus.

Einkaufen auf Raten ist normal. Lebensmittel werden meist in sechs bis zwölf Raten bezahlt, wobei je nach Laden die erste Rate nach einem Jahr fällig wird. Natürlich alles zinsfrei. Beim Einkaufen wird also nicht der heutige Einkauf bezahlt, sondern Raten aus Rechnungen von Einkäufen vor einem Jahr beglichen. Alles relativ kompliziert und zeitaufwendig.

Zehn Kassen, zwei offen

Einkaufen dauert hier also immer etwas länger. Dass von zehn Kassen nur zwei offen sind, wobei eine für schwangere Frauen reserviert ist, und die Kassiererin während dem Scannen der Artikel regelmässig ihre Mails kontrolliert und beantwortet, stört hier niemanden.

Wie entspannt ist doch einkaufen im Seeland! Bruno Furer

Link: www.pepamobil.ch

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