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«Ich habe viel Liebe und Gutes erfahren»

Heute wird die älteste Brüggerin Gertrud Röthlisberger 100 Jahre alt. In ihrem Leben nahm das Singen und Musizieren einen wichtigen Platz ein. Noch bis ins hohe Alter frönte sie ihrer Leidenschaft. Sie lebt im Pflegezentrum Lyssbachpark in Lyss.

Gertrud Röthlisberger musiziert für ihr Leben gerne. Über 70 Jahre lang spielte sie Cello und manchmal singt sie bis heute spontan ein Lied. Bild: Frank Nordmann
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Anna Katharina Maibach


Im Wohn- und Pflegezentrum Tertianum Lyssbachpark in Lyss kann Gertrud Röthlisberger heute ihren 100. Geburtstag feiern. Damit ist sie die älteste Brüggerin. Denn bis vor rund anderthalb Jahren lebte sie noch selbstständig in ihrem Elternhaus am Kanalweg in Brügg. Dort hat sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht. «Man muss jeden Tag nehmen, wie er kommt und dankbar sein für die Leute, die einen pflegen und umsorgen», sagt sie. Gertrud Röthlisberger wuchs mit einem vier Jahre älteren Bruder auf und einem Cousin, dessen Vater früh verstorben war.
Die Jubilarin erinnert sich gerne an ihre Kindheit zurück. Es sei eine schöne Zeit gewesen. Überhaupt sei sie rückblickend sehr zufrieden mit ihrem Leben, sagt Gertrud Röthlisberger. «Ich habe viel Liebe und Gutes durch meine Mitmenschen erfahren.»


Musik liegt ihr im Blut
Ihr Vater, Otto Röthlisberger, war Lehrer im Kanalschulhaus Brügg. Er unterrichtete auch seine Tochter Gertrud. «Ich bin gerne zu ihm in die Schule gegangen», sagt sie. In der Familie Röthlisberger hatte das Singen und Musizieren einen hohen Stellenwert. Der Vater spielte Klavier, Geige und Cello. «Meine Mutter hatte eine wunderbare Stimme», schwärmt Gertrud Röthlisberger. Die Musik begleitete sie denn auch ein Leben lang. Bis ins hohe Alter spielte sie Cello. Und über 70 Jahre lang war sie aktive Sängerin im Frauenchor und dann im gemischten Chor von Brügg.
Bei vielen Theaterproduktionen der Brügger Vereine stand sie auch als Laiendarstellerin auf der Bühne. «Manchmal hören wir sie spontan singen», sagt Caroline Nietlispach, die Leiterin Pflege und Betreuung im Lyssbachpark. Dabei sei ihre Stimme klar und die Liedtexte seien ihr noch sehr präsent, so Nietlispach.
Hören und Sehen hingegen bereiten ihr aber zunehmend Mühe. «Ich sehe noch ein wenig in Schwarz und Weiss. Die Farben sehe ich nicht mehr», sagt Gertrud Röthlisberger.
Doch das hindert sie nicht daran, mit humorvollen Aussagen für Lacher und Schmunzeln bei ihrem Gegenüber zu sorgen.
Gertrud Röthlisberger absolvierte die Handelsschule in Biel. Im Welschland perfektionierte sie daraufhin ihr Französisch und während eines fast einjährigen Aufenthalts auf der Insel Wight lernte sie gut Englisch. Mit diesen Sprachkenntnissen wurde sie als kaufmännische Mitarbeiterin in der Bieler Uhrenindustrie sehr geschätzt.


Das beste Essen des Tages
Gertrud Röthlisberger war nie verheiratet. Dennoch hat sie dank der sechs Kinder ihres Bruders eine stattliche Verwandtschaft. Und zudem sei sie vielen Kindern «Gotte» gewesen, sagt sie.
Auf das nahende Lebensende angesprochen, gibt sich Gertrud Röthlisberger nüchtern: «Wieso sollte ich Angst vor dem Tod haben? Schon als ich jung war, war mir bewusst, dass ich einmal sterben muss.» Sie nimmt Tag für Tag, freut sich über jedes gute Wort – und besonders über das Morgenessen: «Das ist das beste Essen des ganzen Tages.»
Nebst der Verwandtschaft wird auch der Brügger Gemeindepräsident, Marc Meichtry ,die Jubilarin an ihrem Ehrentag besuchen, um die Glückwünsche persönlich zu überbringen.
 

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