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Pieterlen

«Ich war früher ein echtes ‹Tanzfudi›»

Heute wird Bertha Stalder 100 Jahre alt. Gerne denkt Sie mit ihrem Ehemann an das selbst erbaute Einfamilienhaus zurück. Jetzt geniesst sie die gute Behandlung im Altersheim.

Schöne Aussicht: Bertha Stalder fühlt wohl sich in ihrem Heim. David Schnell
  • Dossier

Interview: David Schnell

Bertha Stalder, wie geht es Ihnen?
Bertha Stalder: Es geht mir gut.

Wie fühlt man sich als 100-jährige?
Körperlich geht es mir gut. Ich kann noch laufen, leide aber seit zwei Jahren an einer Demenz. Man vergisst vorzu alles.

Haben Sie im Alter ein anderes Verhältnis zu der Zeit?
Nein, eigentlich nicht. Es ist aber schon nicht mehr das Gleiche wie damals in unserem selbst gebauten Haus. Ich bin bereits im sechsten Jahr hier im Altersheim.

Wie sieht ein ganz normaler Tag aus?
Ich werde um neun Uhr geweckt. Danach gehe ich frühstücken. Mein Ehemann hat vier Jahre lang jeden Morgen in der Küche geholfen, Gemüse zu rüsten. Ich habe ihm immer nach dem Frühstück Gesellschaft geleistet und beim Rüsten geholfen. Da er das nun seit Mitte Juni nicht mehr kann, fehlt mir diese Tätigkeit etwas. Nach dem Frühstück folgen wir beide dem Tagesprogramm. Je nach dem, was los ist. Oft gehen wir in die Schlösslistube, das Restaurant des Wohnheims. Am Abend schauen wir entweder Fernsehen oder lesen die Zeitung.

Womit verbringen Sie Ihre Zeit?
In der Schlösslistube, oder hier im Haus. Mit Fernsehen oder mit Zeitungen lesen. Schon seit mehreren Jahren habe ich Freude am «Bieler Tagblatt».

Glauben Sie, dass es Ihnen besser geht als anderen Hundertjährigen?
Es gibt natürlich schon Gleichaltrige, die in einem schlechteren Zustand sind. Mein Mann kann sich nur noch mit dem Rollstuhl bewegen. Ich hingegen bin zwar nur auf den Rollator angewiesen. Aber die Demenz ist halt da. Man gewöhnt sich daran, oder muss zumindest.

Haben Sie auf eine gesunde Lebensweise geachtet?
Ja, sonst wären wir beide wohl nicht so alt geworden.

Haben Sie früher Sport getrieben?
Nein. Jedoch bin ich mittlerweile seit 70 Jahren Mitglied im Frauenchor Pieterlen. Ich singe aber schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Ich bin Ehrenmitglied, darauf bin ich sehr stolz. Ein mal pro Jahr kommt der Chor vorbei und singt uns etwas vor.  Und getanzt habe ich sehr gerne. Vor allem Tango. Ich war früher ein echtes «Tanzfudi» (lacht).

Was essen Sie gerne?
Ragout esse ich gerne.

Haben Sie noch Ziele und Pläne?
Nein, nicht wirklich. Ich und mein Mann können beide nicht mehr ins Dorf. Wir geniessen die Zeit hier. Hier gibt es eine schöne Aussicht, gutes Essen und gute Pflege.

Wurden Sie im Alter gelassener?
Mit der Demenz wurde ich etwas nervös. Vorher bin ich nach dem Mittagessen bis um halb vier ins Bett gegangen. Heute keine Minute. Aber wir haben eine liebe Tochter, die zu uns schaut und oft vorbeikommt.

Spielt der Glaube eine Rolle für Sie?
Nicht mehr so stark. Ich bin katholisch aufgewachsen. Einmal im Monat hält Herr Pfarrer Schmitt eine katholische Eucharistiefeier. Diese besuche ich hin und wieder.

Sind Sie zufrieden, wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken?
Mein Mann ist zufrieden, und ich auch.

Welches war die schönste Zeit Ihres Lebens?
Solange ich arbeiten konnte, hatte ich nichts anderes im Kopf. Mit 14 Jahren habe ich Arbeit in einer Fabrik gefunden. Später als Hausfrau. Ich habe den Haushalt gemacht, bis ich ins Altersheim kam.

Was halten Sie für das Wichtigste im Leben?
Dass es mir gut geht. Ich und mein Mann haben nie Streit. Das ist mir wichtig.

Haben Sie Angst vor dem Tod?
Ja. Aber wir haben ein schönes Leben.

Interessieren Sie sich für das politische Geschehen in der Schweiz?
Ein wenig schon. Ich lese die Zeitung, aber kann mich danach nicht mehr daran erinnern.

Interessiert es Sie, was auf der Welt passiert?
Meinen Mann schon. Mich hatte es früher mehr interessiert.

Was bekommen Sie von der modernen Welt mit?
Wir haben einen Fernseher. Der ist modern.

Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?
Wir fangen mit derFeier erst am Nachmittag an. Der Frauenchor Pieterlen kommt extra vorbei. Leider kommen Sie erst am Abend um 19 Uhr. Da hat es viele berufstätige Frauen dabei. Denen hören wir dann zu. Ich freue mich bereits sehr auf das Konzert.

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