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Titelgeschichte

Jeder Flughafen hat 
seine eigene Linie

Fast zeitgleich haben die drei Flughäfen rund um das Seeland grosse Veränderungen bekannt gegeben. Reiner Zufall, heisst es. Sind auch die Neuerungen unkoordiniert?

Nicht Holzklasse: Den Weg zwischen dem Vorfeld des neuen Businessterminals auf dem Militärflugplatz Payerne müssen die Geschäftsleute nicht zu Fuss zurücklegen. Bild: zvg/stemutz.com

Beat Kuhn

Am 29. März wurde auf dem Militärflugplatz Payerne der neue Businessterminal eröffnet, der den bereits bestehenden Bereich Geschäftsfliegerei massiv vergrössern soll. Am 4. April stellte der Flughafen Bern-Belp per Mail die neue Strategie nach dem Konkurs der Fluggesellschaft Skywork vor. Und am 5. April erfolgte auf dem Flughafen Grenchen der Spatenstich für einen neuen Werkhof samt höherem Kontrollturm und einem Helikopterhangar für die neu hinzukommende Rega.

«Dass sich gerade mehrere Flugplätze gleichzeitig verändern, ist ein Zufall», meint der Grenchner Flughafendirektor Ernest Oggier dazu. Im vorliegenden Fall handelt es sich indes nicht um irgendwelche Airports, sondern um drei benachbarte, die in der Luft sozusagen um die Ecke liegen. Und mittendrin die Stadt Biel sowie das Seeland, die zu diesen Veränderungen nichts zu sagen haben, aber doch betroffen sind.

Offen für Zusammenarbeit
Rein rechtlich gesehen haben die drei Flughäfen miteinander nichts zu tun: Der Regionalflugplatz im bernischen Belp wird von der Flughafen Bern AG betrieben, jener im solothurnischen Grenchen von der Regionalflugplatz Jura-Grenchen AG und der Militärflugplatz im waadtländischen Payerne vom Bund. Trotz der Unabhängigkeit voneinander agieren die drei Betreiber allerdings nicht einfach für sich selbst, sondern sind sich ihrer Nachbarschaft durchaus bewusst und positionieren sich im eigenen Interesse anders als die beiden andern: «Jeder der drei Flugplätze hat über die Jahre seine Alleinstellungsmerkmale entwickelt», bringt es Oggier auf den Punkt.

Laut Conrad Stampfli, Verwaltungsratsvizepräsident der Regionalflugplatz Jura-Grenchen AG, überschneiden sich die Angebote der drei Flughäfen einzig im Bereich Geschäftsfliegerei. Statt Konkurrenz könnte er sich hier aber eine Zusammenarbeit vorstellen: «Da ist Potenzial für eine gegenseitige Abstimmung vorhanden.» Ein konkretes Beispiel: Geschäftspartner der Bieler Industrie, die in kleinen Privatjets anreisen, könnten weiter in Grenchen landen, grössere dagegen in Payerne, wo die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist.

Urs Ryf bestätigt, dass einzig bei der Geschäftsfliegerei Überschneidungen vorhanden seien. Er ist derzeit noch Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der Firma Swiss Aeropole, die in Payerne die Geschäftsfliegerei betreibt. Ab dem 1. Juli wird er Flughafendirektor in Bern sein. Er ist darum eine Schlüsselfigur im Zusammenspiel der drei Flughäfen.

Der ehemalige F/A-18-Pilot mit Wohnsitz in Kerzers steht einer engeren Zusammenarbeit der drei Flugplätze «sehr offen gegenüber», wie er sagt. «Überhaupt pflegen wir einen regen und offenen Austausch miteinander.» Ihm zufolge regelt sich Stampflis Idee allerdings «primär von selbst»: Ein Geschäftsmann erkundige sich nach einer bestimmten Leistung und lege das Budget fest. Aufgrund dieser Vorgabe werde neben dem Flugzeugtyp auch der Zielflugplatz festgelegt, je nach verfügbarer Infrastruktur, wie Pistenlänge, Betankungsmöglichkeit, Hangargrösse oder Zollabfertigung. «Ein Business-Jet, der nicht in Grenchen landen kann, plant seinen Flug automatisch für Bern oder Payerne», macht Ryf klar.

Bauliche Erneuerung in Grenchen
Der neue Werkhof des Flughafens Grenchen wird am gleichen Standort wie der alte erstellt, der bereits abgebrochen worden ist. Laut Stampfli wird er deutlich grösser sein. Denn zusätzlich zu den je zwei Pistendienst- und Feuerwehrfahrzeugen sowie der Werkstatt, die die bisherige Werkhof-Baracke enthielt, wird er auch einen Helikopterhangar für die Rega, zusätzliche Schulungsräume für die Pilotenausbildung sowie Büros der Flughafenverwaltung enthalten. Er wird so hoch sein, dass man vom heutigen Tower aus nicht mehr die ganze Piste und das übrige Areal überblicken kann. Aus diesem Grund wird auch er ersetzt. Er wird auf dem Dach des Werkhofgebäudes erstellt werden.

Rega-Ausbildung neu in der Schweiz
Die Rega hat neu als Kunde gewonnen werden können. Sie wird ihre Piloten für Ausbildung und Training nun nicht mehr in die USA schicken müssen. Diese beiden Bereiche würden immer wichtiger, erklärte Rega-CEO Ernst Kohler anlässlich des Spatenstichs. Darum habe man sich seit Längerem nach einem passenden Flugplatz umgeschaut. In Grenchen könne man die neuen Verfahren, insbesondere den Instrumentenflug, gut trainieren. Auf diese Weise könne gewährleistet werden, dass die rund 12 000 Rettungseinsätze im Jahr sicher verlaufen würden.

Ab dem Jahr 2021 sollen ab Grenchen Trainingsflüge mit dem derzeit modernsten Helikopter durchgeführt werden. Die Agusta Westland (AW) 169 könne ihr Ziel selbst bei null Sicht finden, sagte Kohler. Dagegen solle hier keine weitere Helikopter-Einsatzbasis entstehen. Denn diejenigen, die im Bernbiet bereits bestünden, seien ausreichend, sprich Belp, Wilderswil und Zweisimmen.

Swiss-Pilotenschüler bleiben vorerst
Die zusätzlichen Ausbildungsplätze im neuen Werkhof werden vollständig durch die Firma Lufthansa Aviation Training (LAT) genutzt werden. Dabei ändert sich auch der Vertrag: «LAT war bisher Untermieterin von Schulungsräumen bei uns und wird nun Mieterin eigener Räume», erklärt Stampfli. In Grenchen werden sämtliche Piloten der Lufthansa-Tochter Swiss ausgebildet. Aktuell sind es rund 100, was laut Stampfli überdurchschnittlich viele sind – derzeit bestehe weltweit ein Mangel an Pilotinnen und Piloten. Trotz dem neuen Angebot besteht laut Stampfli das Risiko, dass LAT die gesamte Pilotenausbildung der Swiss nach Deutschland oder in die USA verlegen wird. Nämlich dann, «wenn auf dem Flughafen die für die Ausbildung benötigte Flugsicherung nicht gewährleistet werden kann.» Der Ball liege nun beim Bund.

Fast zwei Drittel der heute rund 70 000 Flugbewegungen in Grenchen entfallen auf die Ausbildung der Swiss-Piloten. Daneben werden dort Geschäftsflüge, Rundflüge, Modellflüge, Segelflüge und Fallschirmabsprünge abgewickelt. Gemessen an den Flugbewegungen ist Grenchen nach Zürich, Basel und Genf der viertgrösste Flughafen der Schweiz – nach der Zahl der Passagiere kommt er erst an siebter Stelle. Wobei sich das Passagieraufkommen in der Schweiz zu 98 Prozent auf die drei Landesflughäfen verteilt.

«Für das Seeland ändert sich nichts»
Auf die Frage, welches die Folgen der Änderungen auf den drei Flughäfen seien, meint Ryf: «Für das Seeland ändert sich nichts.» Bei den Flugbewegungen sei sogar eher ein rückläufiger Trend festzustellen. Betroffen sei das Seeland insofern schon bisher gewesen, als dass es ein Warteraum des Flughafens Bern sei, in dem Flugzeuge vor dem Anflug bei Bedarf Warteschlaufen fliegen müssten. Ausserdem höre man dort bisweilen Kampfjets im Anflug auf Payerne.

Viel diskutiert wird derzeit der Klimawandel, gerade auch im Zusammenhang mit dem Fliegen. Was würde Urs Ryf zu Greta Thunberg, der Galionsfigur der Klimastreik-Bewegung, sagen, wenn sie den Vorwurf machen würde, es werde doch eh schon zu viel geflogen, man solle die Fliegerei eher einschränken als noch ausweiten. «Ich würde Greta fragen, ob sie wisse, wie gross der weltweite Anteil der CO-Produktion durch die Luftfahrt sei – er beträgt nur rund zwei Prozent.»

Man müsse also die Relationen sehen, wissen, wovon man überhaupt spreche. Privat sei er im Übrigen «ziemlich CO-neutral unterwegs», indem er zuhause in Kerzers Solarstrom produziere und zudem ein Elektroauto fahre. «Um den CO-Ausstoss zu meinen Zeiten als Pilot zu kompensieren, müsste ich allerdings wohl 1000 Jahre oder länger E-Auto fahren.»

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«Ein F/A-18-Blindflug ist nichts gegen meine künftige Mission»
Der Konkurs von Skywork war ein Nackenschlag für den Flughafen Bern-Belp. Seinen neuen Job als Flughafendirektor sieht Urs Ryf nicht als Himmelfahrtskommando, wohl aber als grosse Herausforderung. Den Schwerpunkt soll weiter der Linienverkehr bilden, aber klar reduziert. Hinzu kommen soll neu eine «moderne Mobilitätsplattform».

Am 29. August letzten Jahres, einem Mittwoch, landete um 22.20 Uhr letztmals eine Maschine von Skywork Airlines auf dem Flughafen Belp: Die Regionalfluggesellschaft, die sich nach der Übernahme der Swiss durch die Lufthansa als «letzte echte Schweizer Linienfluggesellschaft am Himmel» verstand, war am Boden, gegroundet, pleite. Gekriselt hatte es beim sogenannten Home-Carrier des Flughafens – was in Zürich-Kloten die Swiss ist – schon seit längerer Zeit.

Im Herbst 2017 hatten die sechs Saab 2000 schon einmal am Boden bleiben müssen, aber nur für drei Tage. Damals hatte Skywork-Chef Martin Inäbnit das Ruder noch einmal herumreissen können – wo er das für den Weiterbetrieb nötige Geld hatte auftreiben können, ist nach wie vor sein Geheimnis. Diesmal blieb ein solches Wunder aus. Damit verlor Bern-Belp auf einen Schlag 60 Prozent der Flüge im Linien- und Charterbetrieb sowie ein Drittel seiner Einnahmen.

Ryf übernimmt
Am 1. Juli übernimmt Urs Ryf den Steuerknüppel. Er wird Flughafendirektor im Belpmoos. Seine Berufung wird vom Verwaltungsrat der Flughafen Bern AG unter anderem damit begründet, dass er als ehemaliger Betriebschef der Flugsicherungsfirma Skyguide und ehemaliger Projektleiter für die Finanzierung der Regionalflugplätze die regionale Aviatik und Bern-Belp bestens kenne. Bei einem normalen Unternehmen wäre wohl erst unter seiner Leitung eine neue Strategie ausgearbeitet und kommuniziert worden. Der Flughafen ist aber eben keine 08/15-Firma, sondern von öffentlichem Interesse, auch weil er Steuergelder erhält. Darum wurden die Strategiearbeiten vom Verwaltungsrat noch in der Amtszeit von Mathias Gantenbein initiiert.

Mitte Februar hat dieser nach drei Jahren an der Spitze die Flughafen Bern AG auf eigenen Wunsch verlassen. Bis Ende Juni hat interimistisch der stellvertretende Direktor Martin Leibundgut das Sagen. Urs Ryf war indes mit in die Ausarbeitung der neuen Strategie involviert, noch als freier Unternehmensberater, der er ist – das Engagement bei der Swiss Aeropole war lediglich ein 30-Prozent-Pensum. Es besteht also nicht das Risiko, dass Ryf die neue Strategie kurz nach Stellenantritt bereits wieder umkrempeln wird.

Neue Strategie nur teilweise neu
Nach dem Konkurs des wichtigsten Kunden Skywork Airlines hat sich die Flughafen-Spitze von Bern-Belp intensiv mit der Zukunft auseinandergesetzt, wie sie in der entsprechenden Medienmitteilung schrieb. Zwei Optionen hat der Verwaltungsrat dabei verworfen. So ist ein Ende des Flugbetriebes kein Thema. Ebenfalls Nein sagt er zu einer Flucht nach vorn mit der Akquisition von Billigairlines, was faktisch einen Pistenneubau bedingen würde. Ein solcher wäre nach Überzeugung des Verwaltungsrates aber unwirtschaftlich und hätte nur geringe Realisierungschancen.

Der Verwaltungsrat will Bern-Belp vielmehr auch weiter als Regionalflughafen positionieren. Urs Ryf steht voll hinter dieser Positionierung: «Mit dem heutigen Geschäftsmodell wird auch in Zukunft der Linien- und Charterverkehr das allerwichtigste Standbein sein, darauf ist auch die ganze Infrastruktur dort ausgerichtet.» Dabei will man versuchen, eine Fluggesellschaft dazu zu bringen, Bern an grosse internationale Flughäfen wie München, Amsterdam oder London anzubinden. Ebenfalls wie bisher soll es Regierungsflüge und Militärtransporte geben, und auch die Sportfliegerei und die Pilotenausbildung sollen Platz haben. Tour-Operators und Wartungsbetriebe sollen Arbeitsplätze in der Luftfahrtindustrie bringen. Darüber hinaus soll auf dem Flughafen neu auch «digitale Mobilität» realisiert werden, wie es in der Strategie heisst. Konkret bedeutet dies, dass in Belp Drohnen, selbstfahrende Autos sowie selbstfliegende elektrische Flugtaxis getestet und zertifiziert würden.


Auf dem Flughafen Bern ist nach dem Konkurs von Skywork nicht mehr viel los, aber das soll sich bald wieder ändern. Bild: Keystone

Geld von Stadt und Kanton erwünscht
Damit die Flughafen Bern AG eine Zukunft hat, fordert der Verwaltungsrat aber auch ein Engagement der öffentlichen Hand. Die Stadt Bern könne einen Beitrag leisten, indem sie die angespannte Liquidität der Flughafenbetreiberin durch Reduktionen beim Baurechtszins entlaste – sie ist Grundeigentümerin des Areals bei Belp. Der Kanton könne einen Beitrag leisten, indem er in die Immobilienentwicklung mitinvestiere und an die Kosten für die öffentliche Sicherheit beitrage. «Angesichts der öffentlichen positiven Effekte des Flughafens wäre es angezeigt, dass sich der Kanton an der Flughafen Bern AG stärker beteiligt», so der Verwaltungsrat. Diesem schwebt ein Private Public Partnership-Projekt, also ein partnerschaftliches Engagement von Privaten und der öffentlichen Hand, vor. In diesem Sinn will er eine Tochter-Gesellschaft mit dem Namen Flughafen BRN Infrastruktur AG schaffen, die für Investitionen in die Immobilienentwicklung da sein soll.

Das Jahresergebnis 2018 der Flughafen Bern AG weist ein Defizit von rund einer Million Franken aus. Auch für 2019 rechnet die Flughafenbetreiberin mit «tiefroten Zahlen». Dank strikter Kostenkontrolle, weiterem Personalabbau und flankierenden Massnahmen könne die Liquidität immerhin gesichert werden. Gemäss Businessplan 2024 kann der reine Betrieb in allen Szenarien – von bestmöglich bis schlechtestmöglich – finanziert werden.

Drei Airlines für fünf Ziele im Süden
Pünktlich auf die Frühlingsferien hin hat der Flughafen Bern-Belp Mitte April seinen Sommerbetrieb aufgenommen. Mit drei Airlines:

Die Helvetic Airways AG wird weiterhin ab Bern fliegen. Auch die Schweizer Fluggesellschaft Zimex Aviation wird den Flughafen bedienen. Der Dritte im Bunde ist People’s, eine österreichische Fluglinie mit Sitz in Schwechat bei Wien und einer Basis auf dem Flugplatz St. Gallen-Altenrhein. Weitere Angebote sind geplant: Die Berner Flughafen-Firma führt noch Gespräche mit anderen potenziellen Partnern. So viele wie zuletzt bei Skywork soll es aus Sicht von Ryf aber keinesfalls mehr geben.

Die drei Airlines fliegen fünf Destinationen an, wovon es sich bei vieren um Mittelmeerinseln handelt. Es sind dies auf den spanischen Balearen die für ihr reges Nachtleben bekannte Insel Ibiza, die Stadt Palma, Hauptstadt des Tourismus-Magneten Mallorca, Menorca, die etwas beschaulichere Nachbarinsel von Mallorca, das italienische Elba zwischen Italien und Korsika, die italienische Küstenstadt Olbia auf der Insel Sardinien sowie die Stadt Jerez in der südspanischen Region Andalusien.

Auf die Frage, warum er eigentlich nach Bern gehe, meint Urs Ryf: «Meine Mission in Payerne ist nun erfüllt, und die Aufgabe in Bern reizt mich extrem, gerade weil sie eine grosse Herausforderung ist.» Ist diese nicht sogar ein Himmelfahrtskommando? «Nein, auf keinen Fall», widerspricht er, «ich glaube an die Zukunft des Flughafens Bern.» Und was ist schwieriger, ein Blindflug mit der F/A-18 oder die Zukunftsbewältigung des Flughafens Bern-Belp? Da verwirft Ryf die Hände und sagt dezidiert: «Ach, ein Blindflug mit der F/A-18 ist nichts gegen meine künftige Mission!» bk

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Business-Jets könnten den Kampjets den Rang ablaufen
Kaum jemand weiss, dass der Militärflugplatz Payerne seit rund zehn Jahren auch zivil genutzt werden kann. Von dieser Möglichkeit ist bisher allerdings noch kaum Gebrauch gemacht worden. Jetzt aber soll so richtig durchgestartet werden.

1995 reichte der damalige FDP-Nationalrat Pierre Savary ein Postulat ein, in dem er den Bundesrat ersuchte, den 1925 gebauten Militärflugplatz Payerne auch für den zivilen Luftverkehr zu öffnen. Seinen Vorstoss begründete der Waadtländer damit, dass die damals neuen F/A-18-Kampfjets «zahlenmässig die auszumusternden Flugzeuge nicht kompensieren» würden – der Vorgänger der F/A 18 war der Hunter des Flugzeugherstellers Hawker.

Durch eine Öffnung des Militärflugplatzes für die zivile Luftfahrt könne man «mit geringem Aufwand und unter idealen Nutzungsbedingungen eine Region wirtschaftlich aufwerten, die benachteiligt ist», hiess es in dem Postulat.

Zivile Nutzung bisher gering
Die Politik gab grünes Licht. Wegen befürchteten Lärms gab es jedoch Einsprachen, die bis vor Bundesgericht kamen. Seit etwa zehn Jahren kann der Flugplatz nun aber auch für zivile Zwecke genutzt werden. Von dieser Möglichkeit wurde auch Gebrauch gemacht, aber in geringem Mass, sodass es kaum jemand weiss.

Laut Urs Ryf, Chef der Swiss Aeropole SA, die die Geschäftsfliegerei in Payerne betreibt, gab es letztes Jahr nur 400 Flugbewegungen, also Starts und Landungen. Das sind 200 Flüge im Jahr, also im Schnitt vier pro Woche. Zum Vergleich: Bei der Luftwaffe gibt es in Payerne derzeit rund 10 000 Flugbewegungen im Jahr. Erlaubt wären 11 000 – 7700 mit der F/A-18 und 3300 mit der F-5, dem Tiger, den nur noch die Patrouille Suisse fliegt. Abgewickelt wurden Geschäftsflüge erst in der militärischen Infrastruktur, seit April 2016 dann in einem zivilen Provisorium.

Massive Steigerung geplant
Durch den neuen Businessterminal soll die zivile Nutzung massiv erhöht werden: Bis zu 8400 Bewegungen pro Jahr wären erlaubt. «Diesen Plafond werden wir allerdings erst in 10 bis 15 Jahren erreichen – wenn überhaupt», relativiert Ryf. Aber immerhin: Theoretisch könnte die Geschäftsfliegerei in Payerne punkto Starts und Landungen in die Nähe der Militärfliegerei kommen. Dadurch würde sich die Anzahl Flugbewegungen annähernd verdoppeln.

Obwohl der Businessterminal nun bereit zum Start ist, glaubt Ryf, dass es dieses Jahr erst rund 600 Bewegungen geben wird. Zudem geht er davon aus, dass wegen der neuen Infrastruktur inklusive zwei Hangars mehrere Flugzeuge in Payerne stationiert werden. «Dies wird zu einem kontinuierlichen Anstieg der Bewegungen führen.» Damit die betrieblichen Kosten gedeckt werden können, sind rund 3000 Bewegungen im Jahr nötig.

Katalysator für die Region
Ryf betont indessen: «Unser Geschäftsmodell besteht nicht darin, möglichst viele Flüge abzuwickeln, sondern in der Region Arbeitsplätze zu schaffen.» Als Einzugsgebiet gilt offiziell ein Radius von 50 Kilometern, Ryf denkt aber, dass die zivile Nutzung eine wirtschaftliche Katalysator-Wirkung auf die ganze Romandie haben wird.

Diesen Aspekt betonte an der Eröffnung des Businessterminals auch Damien Piller, dessen Businesscharter-Airline Speedwings den 30 Millionen Franken teuren Bau finanziert hat. «Das ist ein grosser Tag», sagte der Freiburger Unternehmer, denn der Terminal eröffne «neue wirtschaftliche Chancen für die Entwicklung der gesamten Region», bis hin nach Lausanne, Freiburg, Bern und Neuenburg. Die Anbindung sei dank der Autobahn nebenan optimal. Er wies auch darauf hin, dass neben dem Terminal Bauland für weitere Bauten im Bereich der zivilen Aviatik vorhanden sei. Bereits angesiedelt hat sich die Firma Boschung, die Reinigungsmaschinen für Pisten produziert.

Der Businessterminal ist 177 Meter lang und drei Stockwerke hoch. Das Innere wird dominiert von zwei grossen, hohen Hangars. In den zwei oberen Etagen gibt es Büros, die von flugnahen Firmen angemietet werden können, sowie Sitzungszimmer und Konferenzräume. Der Abfertigungsbereich besteht aus nur einem Gang, an dem sich der Check-in, zwei Warteräume mit Lounges und ein Zollschalter befinden. Dieser macht es möglich, von Payerne in die ganze Welt zu fliegen. Auch eine Gefängniszelle ist vorhanden – sie war laut Ryf eine zwingende Auflage. bk


Die zwei Hangars in Payerne können auch von grösseren Business-Jets als diesem genutzt werden.  Bild: zvg/stemutz.com

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Urs Ryf aus Kerzers ist seit fünf Jahren mit einem 30-Prozent-Pensum Chef der Swiss Aeropole SA, die in Payerne die Geschäftsfliegerei betreibt. Am 1. Juli wird der 53-Jährige Flughafendirektor in Bern-Belp.

Urs Ryf, Ihre Zeit als Militärpilot liegt mittlerweile 19 Jahre zurück. Werden Sie noch darauf angesprochen?
Urs Ryf: Ja, extrem oft sogar.

Das ist ein Traum vieler Buben ...
Meine Eltern sagen, ich hätte schon als kleiner Bub gesagt, ich wolle einmal Militärpilot werden. In meinem Jahrgang haben sich 2500 dafür beworben, ein Dutzend wurde genommen. Im Sommer 1983 bin ich im Belpmoos eingerückt. Der Raum, in dem damals unser Massenlager war, dient heute übrigens als Büro des Flughafendirektors, das ich Anfang Juli beziehen werde.

Über den Militärpiloten stehen für viele nur noch James Bond und Superman. Was muss man denn vor allem können?
Am wichtigsten sind sicher eine sehr schnelle Auffassungsgabe sowie die Fähigkeit, mehrere Dinge gleichzeitig zu machen, das sogenannte Multitasking. Und man darf keine körperlichen Mängel haben, wie etwa eine Sehschwäche.

Sie waren noch dazu Staffelkommandant. Was ist das?
Eine Staffel umfasst acht Kampfjets und etwa ein Dutzend Piloten, sie ist die kleinste Einheit der Militärfliegerei.

Ein anderer Militärpilot sagte mal, er habe den Fliegerfilm «Top Gun» 13-mal gesehen. Wie oft haben Sie ihn gesehen?
Sehr oft (lacht)! Als der Film 1986 herauskam, waren wir noch in der Ausbildung, flogen Vampires, diese Sperrholz-Ur-Oldtimer. Der Vater eines Flugschülers hat damals eigens für uns eine Vorpremiere in Zürich organisiert, an die wir in zwei VW-Bussen fuhren.

Seit neustem gibt es eine erste Frau im F/A-18 Cockpit. Ihre Meinung dazu?
Endlich, das ist grossartig! Ich kenne Fanny Chollet gut, sie war eine Schülerin von mir in einem Studienlehrgang und ist in jener Staffel, in der ich damals war.

Ist die Luftwaffe eigentlich immer noch nur zu den Bürozeiten einsatzbereit?
Nein, seit Anfang Jahr stehen in Payerne von 6 bis 22 Uhr zwei bewaffnete F/A-18 und Piloten für Alarmeinsätze bereit. Ab Anfang 2021 wird es dann rund um die Uhr einen Bereitschaftsdienst geben. Während des WEF sind manchmal gar zwei F/A-18 aus Payerne in der Luft. Den Befehl zum Abschuss eines Eindringlings würde Bundesrätin Amherd geben. Ein Armeeoffizier begleitet sie dann permanent mit einem entsprechend ausgerüsteten Koffer. Interview: bk

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