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Lyss

Jetzt wird die Regierung endgültig gestürzt

Nächsten Mai feiert das Lysser Ausgehlokal Opposition sein Zehn-Jahr-Jubiläum und gleichzeitig seinen Abschied. «Zehn Jahre sind genug», sagt Vereinspräsident Armin Wasserfallen. Das Abschiedsprogramm beginnt schon im Januar.

Sandra Leumann und Armin Wasserfallen haben sich mit rund 20 weiteren Aktivmitgliedern in den letzten zehn Jahren stets ehrenamtlich für die Opposition engagiert. Bild: Olivier Sauter/a

Andrea Butorin


Ab dem nächsten Jahr ist Lyss um ein Ausgehlokal ärmer: Am 5. Mai feiern die Betreiber der Opposition im Industriering Nord ihre Abschlussparty. «Zehn Jahre sind genug», sagt Armin Wasserfallen, Präsident des Vereins Opposition Lyss. Warum? Er nennt verschiedene Gründe. So würden Livekonzerte immer weniger besucht, ein Phänomen, das auch andernorts festgestellt werde. «Und wenn am Schluss bloss fünf Leute im Publikum stehen, ist das sowohl für uns als auch für die Bands demotivierend», sagt er. Abgesehen von sehr bekannten Bands ziehe ein DJ, der 90er-Jahre-Hits spielt, heute mehr Publikum an.

Ein weiterer Grund liege in der Entwicklung der Mitglieder: Die meisten seien in den 30ern, hätten Jobs mit Verantwortung oder seien Eltern geworden, sodass es immer schwieriger werde, sich in diesem Umfang ehrenamtlich zu engagieren.   


Die Leere gefüllt
Die Opposition ist nicht bloss ein Konzertlokal, sondern auch eine Bar, eine Spielhalle und ein Ort, an dem sich Freunde treffen können. Entstanden ist sie quasi aus der Not heraus, als nämlich der Joy’s Club in Lyss nach den Hochwassern von 2007 geschlossen wurde und eine Gruppe von Freunden damit ohne Stammlokal verblieb. «Zu jener Zeit gab es in Lyss nichts», sagt Wasserfallen – die neue Kufa war noch nicht gebaut, und auch das Hospitium, in dem heute ebenfalls Veranstaltungen stattfinden, war noch nicht in Betrieb.

Die Freunde gründeten einen Verein und fanden am Industriering 7a ein neues, mit 2500 Franken Miete pro Monat nicht ganz günstiges Daheim. Im Rahmen einer Sammelaktion kam das nötige Startkapital für die Einrichtung zusammen, und dank vielen Stunden Fronarbeit eröffnete die Opposition bereits einen Monat nach der Schlüsselübergabe – am 2. Mai 2008.


Ein Memberclub geblieben
Gestartet ist die Opposition als Memberclub: Eintritt erhielt bloss, wer Mitglied wurde. 15 Franken kostet die Mitgliedschaft für einen Monat, 50 Franken für ein ganzes Jahr. Seit drei Jahren ist die Opposition offiziell ein Gastgewerbebetrieb. Die Mitgliedschaft wurde aber beibehalten. «Das ist unser Sicherheitssystem», sagt Armin Wasserfallen. Denn dadurch verfügt der Club über Namen und Adressen der Besucher. «Manche hat das vielleicht abgeschreckt», fügt er an.

 Den Namen Opposition leiteten die Vereinsmitglieder von der damaligen Eigenpositionierung der SVP ab. Als Opposition zum Lysser Kulturbetrieb sehe man sich aber nicht: «Wir sind alle Freunde», sagt Armin Wasserfallen über die Beziehung zu Kufa oder Hospitium Lounge. Man komme einander nicht ins Gehege und stimme grössere Anlässe aufeinander ab.


Lokal für Nachwuchsbands
Für das Booking der Opposition zeichnet Sandra Leumann verantwortlich. Die gebürtige Walliserin gehört wie Armin Wasserfallen zu den Gründungsmitgliedern. «Die Opposition hat sich als Konzertlokal für Nachwuchsbands ausgezeichnet», sagt sie, denn diese hätten oftmals Mühe, überhaupt irgendwo auftreten zu können. In Lyss mussten sie keine Saalmiete zahlen, dafür gab es auch keine Gage, jedenfalls nicht beim ersten Auftritt.

Entdeckungen waren etwa 77 Bombay Street, kurz bevor diese ihren ersten Musikwettbewerb gewannen, oder Death by Chocolate aus der Region. «Wir versprachen ihnen anstelle einer Gage eine Spende an ihr erstes Album, was wir dann auch machten», sagt Leumann. Konzerte von Bands aus der Region seien meist gut besucht, sagt Wasserfallen. Doch Garantie gab es nie:_«So füllten uns United to be Famous mal die Halle, ein anderes Mal kamen bloss 25 Gäste.»  


Ein Heiratsantrag am Konzert
Ein persönlicher Höhepunkt der letzten neuneinhalb Jahre war für Sandra Leumann der Auftritt von Tom Russel, einem US-Singer/Songwriter mit persönlicher Beziehung zur Schweiz. Auch die Silvester-Party sei immer ein tolles Erlebnis, weil da alle Aktiven und Ehemaligen zusammenkämen und ein tolles Fest feierten. Unvergesslich bleibe ein Konzert, bei dem ein Band- und auch Oppositions-Mitglied seiner Partnerin einen Heiratsantrag machte.

Armin Wasserfallen erinnert sich besonders gern an die Konzerte von The Sinful Saints, eine Band, die seit den Anfängen immer wieder in der Oppo aufgetreten ist und auch am Abschlussabend auf der Bühne stehen wird. Am 5. Mai soll denn auch die Bar ausgetrunken und die Regierung definitiv gestürzt werden:_Der Hausdrink «Regierung» ist das Markenzeichen der Opposition, ein deftiger Mix aus sieben verschiedenen Zutaten.


«Die Sau rauslassen»
Nach der letzten grossen Party ist für die Vereinsmitglieder viel Arbeit angesagt, denn sie müssen das Lokal wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen. Der Verein bleibt bestehen:_«Wir wollen uns in Lyss weiterhin kulturell betätigen», sagt Wasserfallen, in welche Richtung, sei aber noch offen. Eine Option wäre, Anlässe in der Kufa zu organisieren. Auch der Stand am Lyssbachmärit wird weiterhin betrieben.

Doch vorerst ist Feiern angesagt: «Zum Abschluss gönnen wir uns nochmals das Beste vom Besten», so Sandra Leumann. Oder in den Worten von Armin Wasserfallen:_«Jetzt lassen wir nochmals richtig die Sau raus.» 

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Steili Kressä suchen ein neues Probelokal

Zwei Gesangsvereine nutzen die Opposition Lyss als Vereinslokal:_Steili Kressä, der berühmt-berüchtigte Männerchor, sowie die
«Vogulyssene», quasi das weibliche Pendant dazu. Beide Vereine konnten bislang kostenlos in der Oppo proben, wie Vereinspräsident Armin Wasserfallen sagt. «Das war unser Beitrag an die örtliche Kultur.»
Das Ende der Oppo habe keinen Einfluss auf die beiden Chöre, sagt Wasserfallen, selbst Mitglied bei Steili Kressä. Nun sind beide Vereine auf der Suche nach einem neuen Probelokal. ab 

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Das Abschieds-Programm

5. Jan: Oppo-Silvester
6. Jan: Clubtour Lyss 2018 - Viva Mexico!
12. Jan Dream Pilot (live)
20. Jan: Gin Degustation
27. Jan: Grosser Fondue-Plausch
02. Feb: O.S.O.P. IX - Opposition Series of Poker - Pokerturnier
17. Feb: Accolade (live)
09. März: Pre St. Patricks Day Party (mit Mrs. Jamieson’s Favourites & Tortilla Flat)
16. März: Valentin (live)
24. März: Pädu und Fredis Chartshow (live)
28. Apr: Rubberband (live)
05. Mai: The Sinful Saints und DJ Waldvogel (live) ab

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Gemeinderat Nobs bedauert Schliessung

Stefan Nobs, Lysser Gemeinderat im Ressort Bildung und Kultur (FDP), bedauert das baldige Ende der Opposition: «Sie ist klein gestartet und zu einem wichtigen Lokal für Lyss geworden.» Zwar verfüge Lyss über ein breites Ausgehangebot, doch mit Bern und Biel, wo noch mehr geboten werde, könne Lyss nicht mithalten. «Zusätzliche Angebote wären sicher gefragt, ich sehe da insbesondere auf dem neuen Marktplatz noch Potenzial», sagt Nobs. Doch die Gemeinde habe da nur bedingt Einfluss, die Initiative für neue Lokale müsse von privater Seite kommen. ab

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