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Unterwegs

Jura, Kühe und – autsch – Benzin

Dank des Lebens im Bus entdecken Martina Zürcher und ihr Mann Dylan auch in der Heimat immer wieder neue Flecken.

Unterwegs leben im Kleinbus – 
eine Serie von 
Martina Zürcher
  • Dossier

Martina Zürcher

«Übernachtet ihr in eurer Kiste?», fragt mein Vater langsam mehr rhetorisch als ernsthaft, denn mittlerweile weiss auch er: Wir zwei übernachten immer in Foxy. Wir fühlen uns in unserer kleinen Metallkiste so wohl, dass wir tatsächlich auch auf dem Hausplatz meiner Eltern im Bus bleiben. Für die einen mag dies komisch sein, für uns ist es nur logisch: Wir haben ein eigenes Häuschen und da schlafen wir auch drin – egal, wo wir sind.

Schaukelnder Bus
In den letzten Wochen haben wir den Schweizer Sommer genossen. Im Jura, auf dem Grimselpass oder im Gantrischtgebiet waren wir unterwegs. Mal weckte uns eine Kuh, die sich an Foxys Hecktüre den Nacken kratzte und damit den ganzen Bus zum Schaukeln brachte, ein anderes Mal wurden wir beim Erwachen vom Bergpanorama gegrüsst. Unsere Schweiz ist einfach wunderschön. Auch wenn wir es lieben, in die Ferne zu reisen, so finden wir es nicht minder spannend, Zeit in der Region zu verbringen. Dank des Lebens im Bus entdecken wir immer wieder neue Orte in unmittelbarer Nähe. Und Jura, du wunderbarer, das soll hier einmal laut gesagt sein: Wir lieben dich! Weite Wiesen voller Pferde, Tannen und Blumen, kleine Strässchen, Hügel und Dörfer. Einfach schön!

Das Leben im Bus hilft uns, die Arbeitstage zu verkürzen. Denn mit dem Schritt in die Selbständigkeit vor ein paar Jahren haben wir die Freiheit gegen den Feierabend eingetauscht. Es gibt schliesslich immer etwas zu tun. Nun gilt es, einen Ort für die Nacht zu suchen, einzukaufen und zu kochen. Diese Alltagsdinge sind jetzt alle zeitaufwändiger als vorher. Das Gute daran: Wir nehmen uns jetzt bewusst Zeit dafür und verwenden keine Zeit mehr für den (nicht vorhandenen) TV. Neulich haben wir im Jura wohl so 20 Minuten damit verbracht zu beobachten, wie die Kühe auf der Weide neben uns auf verschiedene Musik reagieren. Spannender als jeder Krimi! Und wir wissen nun: Nervöse Klaviermusik kommt bei den Kühen überhaupt nicht gut an.

Nun ist es an der Zeit, Foxy für ein paar Wochen zurückzulassen. Dylans Familie in Sri Lanka erwartet uns, gleichzeitig werden wir eine Motorradtour auskundschaften, die wir nächstes Jahr organisieren und eine Reisereportage schreiben. Also kurz vor Aarberg noch schnell den Bus volltanken, falls ihn während unserer Abwesenheit jemand benutzen will. Wie ich den Tankschlauch zurück in die Säule stecke, weiss ich sofort: Da ist was falsch! Wir schauen uns entsetzt an: Ich habe doch tatsächlich 80 Liter Benzin in unseren Dieseltank gefüllt! Dylan rauft sich dich Haare, denn er weiss, im Gegensatz zu mir, wie umständlich es sein wird, all dieses Benzin wieder aus dem Tank zu bringen. Zudem könnte der Zeitpunkt nicht dümmer sein. Morgen früh müssen wir zum Flughafen. Jetzt ist es kurz nach 22 Uhr.

Mit im Gepäck: der Humor
Mit Hilfe von Freunden schleppen wir den Bus ab und legen eine Nachtschicht ein, um Foxy von einer schwerwiegenden Lebensmittelvergiftung zu retten. Während ich die letzten Dinge packe, saugt Dylan mit einem Schlauch das Benzin fast tropfenweise aus Foxys Bauch. Um Mitternacht baut er den Tank aus, um 2 Uhr ist der Schaden immer noch nicht behoben.

Zu unserem Glück kommen die Mitarbeiter der Nachbarsfirma um 6 Uhr bereits zur Arbeit. Sie haben eine Pumpe und damit schaffen wir es schliesslich innert kürzester Zeit, die restlichen Liter raus zu kriegen und den Tank wieder einzubauen.

Wir stinken mittlerweile beide nach Benzin und haben vor der Abfahrt des Zuges gerade noch Zeit zum Duschen. Erleichtert sitzen wir schliesslich ein paar Stunden später im Flugzeug nach Colombo. Mit im Gepäck: der Humor. Jetzt wo es geschafft ist, können wir über die Situation lachen.

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