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Kallnach entscheidet über die Zukunft der Oberstufe

Zurzeit sind die Kallnacher Sekundar- und Realschülerinnen auf drei Schulen aufgeteilt. Dies wird sich bald ändern: Zur Debatte stehen eine eigene Oberstufe im Dorf oder die Auslagerung nach Aarberg.

Am 16. August findet in Kallnach die Urnenabstimmung über die Zukunft der Oberstufe statt. Um sie in Kallnach zu zentralisieren, müsste die Gemeinde aus dem Schulverband Aarberg austreten. Bild: Matthias Käser

Hannah Frei

Die Oberstufe der Gemeinde Kallnach ist zurzeit auf drei Standorte verteilt: Während die Sekschülerinnen nach Aarberg zur Schule gehen, werden die Realschüler in Kallnach unterrichtet. Denn die Gemeinde ist Mitglied im Schulverband Aarberg. Und die Jugendlichen aus dem Dorf Golaten, das seit der Fusion 2019 zur Gemeinde gehört, besuchen weiterhin die Oberstufe in Kerzers.

Nun will sich der mittlerweile 60-jährige Schulverband Aarberg neu aufstellen und bis im Jahr 2024 auf ein sogennantes durchlässiges Schulmodell umstellen. Das heisst, die Real- und Sekundarklassen wären nicht mehr wie bisher getrennt, sondern würden weitgehend gemeinsam unterrichtet. Die Niveaustufen wären nicht mehr auf Klassen, sondern in Fächer aufgeteilt.

Die Neuaufstellung des Schulverbands nutzt die Gemeinde Kallnach als Gelegenheit, um über die Zukunft ihrer Oberstufe zu befinden. Zwei Varianten stehen im Zentrum: Entweder sollen künftig alle Oberstufenschülerinnen und -schüler aus dem Gemeindegebiet in der Schule Kallnach unterrichtet werden. Dies würde auch bedeuten, dass in Kallnach bereits ab dem Jahr 2022 ein durchlässiges Schulmodell ermöglicht werden könnte und die Kinder nur in gewissen Fächern in Niveauklassen unterrichtet würden. Die zweite Variante sieht vor, dass die Oberstufe auf zwei Schulverbände verteilt wird, die Jugendlichen aus Kallnach gingen weiterhin nach Aarberg und diejenigen aus Golaten nach Kerzers.

Schulleiter wünscht sich Oberstufe in Kallnach

Eigentlich hätte zu diesem Thema bereits im März eine Informationsveranstaltung durchgeführt werden sollen. Die Abstimmung darüber war für die Gemeindeversammlung im Juni geplant. Doch beides fiel aufgrund der Coronapandemie ins Wasser. Auch die anderen Verbandsgemeinden werden über die Zukunft ihrer Oberstufe befinden müssen. Letzte Woche hat der Kallnacher Gemeinderat jedoch beschlossen, am 16. August eine Urnenabstimmung durchzuführen.

Lukas Reinhard, Leiter der Schule Kallnach, stellt sich klar hinter die erste Variante, also dafür, dass die Oberstufe künftig in Kallnach unterrichtet wird. Zum einen biete die Oberstufe einen Mehrwert für die gesamte Schule. Die Jüngeren würden von den Älteren lernen. «Die Stimmung ist ganz anders, wenn die Oberstufe integriert ist. Die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe können meist besser mit den ganz Kleinen umgehen als die Kinder aus der Mittelstufe», so Reinhard.

Zum anderen sei mit einer Oberstufe auch die Zusammensetzung der Lehrkräfte eine andere. In der Mittel- und Unterstufe unterrichten weitaus mehr Frauen. Männer finde man eher in der Oberstufe. Reinhard erhofft sich durch das neue Modell eine Durchmischung bei den Lehrkräften. Seine Erfahrung habe gezeigt, dass sich der Lehrkörper in einem Schulhaus ohne Oberstufe über kurz oder lang hin zu einem reinen Frauenteam entwickle. «Es braucht in der Schule aber beide Geschlechter», so Reinhard.

Er betont jedoch auch, dass die Schule nicht vorzugeben habe, welche Variante gewählt werden soll. Dies liege nun in der Hand der Bevölkerung. Würde man sich für ein Oberstufenzentrum in Kallnach entscheiden, würde der Aufwand für den Schulverband Aarberg sinken, so Reinhard. Der Verband führt die Sekundarschule für insgesamt acht Gemeinden, neben Kallnach gehören unter anderem Bühl und Radelfingen dazu. Mit dem Austritt aus dem Verband wäre weniger Schulraum nötig, was für den Verband mehr Flexibilität bringen würde, ist Reinhard überzeugt.

Für Kallnach würde diese Variante hingegen Mehrkosten bedeuten: 1,85 Millionen Franken wären für die Erweiterung des Schulraums nötig. Eine gute Investition, findet Reinhard. Schliesslich würden die Schülerinnen und Schüler vom Unterricht in den kleineren, niveaugetrennten Fachlektionen profitieren, da sie individueller betreut werden könnten. «Der Preis für diesen Mehrwert wäre absolut angemessen», sagt Reinhard.

Gemeindepräsident setzt auf Selbstbestimmung

Auch Gemeindepräsident Dominik Matter sieht in der ersten Variante klare Chancen für die Gemeinde. Eine durchlässige Oberstufe in Kallnach würde zur Standortattraktivität beitragen. Es wäre eine Gegenbewegung dazu, dass viele Institutionen in ländlichen Dörfern schwinden, wie beispielsweise die Poststellen oder Einkaufsläden. «Wir wären selbstbestimmter», so Matter. Der Gemeinderat stellt sich einstimmig hinter die erste Variante.

Würde die Oberstufe aus Kallnach verschwinden, würde laut Matter die Gefahr steigen, dass auch die Grundschule in ferner Zukunft schliessen muss. Zurzeit sei die Gemeinde in Bezug auf die Anzahl Schulkinder jedoch gut aufgestellt, nicht zuletzt aufgrund der Fusion mit Golaten.

Auch finanziell sei das Projekt einer eigenen Oberstufe in Kallnach tragbar – trotz Steuersenkung im vergangenen Jahr. Zudem wisse man genau über die Höhe der Kosten Bescheid, beim Projekt des Schulverbands Aarberg sei dies noch nicht in Stein gemeisselt.

Aarberger Schule bereitet sich vor

Die Real- und Sekundarschule Aarberg ist auf beide Szenarien vorbereitet, so Schulleiter Martin Heiniger. Entscheidet sich Kallnach für die erste Variante, würden in Aarberg mit dem jetzigen Schulmodell pro Jahrgang um die zehn Schülerinnen und Schüler wegfallen. Verteilt auf die vier Sekklassen wären das zwischen zwei bis drei Kinder. Je nach Zusammensetzung des künftigen Verbandes würde dies an der Anzahl Klassen nicht direkt etwas ändern. Kämen hingegen auch die Realschüler aus Kallnach hinzu, würden zusätzliche Klassen entstehen.

Entscheiden sich Kallnach und die anderen Verbandsgemeinden also für die zweite Variante, würde die Real- und Sekundarschule Aarberg ausgebaut. Geplant ist ein Sanierungs- und Erweiterungsprojekt für rund 13 Millionen Franken. Die Schulraumerweiterung mache den grössten Teil aus, sagt Heiniger.

Da der Schulverband Aarberg bis spätestens im Jahr 2024 auf ein durchlässiges Schulmodell umstellen will, sei es wichtig, ein stabiles Fundament für die kommenden Jahre aufzubauen und zu erfahren, welche der Gemeinden mitmachen werden, sagt der Schulleiter. «Mein Hauptanliegen ist, dass sich die Gemeinden so entscheiden, wie sie es langfristig für richtig halten.»

Stichwörter: Kallnach, Oberstufe, Schule

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