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Titelgeschichte

Keine Beiz, kein Lädeli – kein Problem

Im ersten Teil der Serie «Mini Beiz, mi Verein, mis Dorf» hat sich das BT auf nach Lobsigen gemacht. Und dabei entdeckt, dass ein Dorf eigentlich nicht viel braucht, um trotzdem viel zu bieten.

Copyright: Lee Knipp / Bieler Tagblatt

Text: Parzival Meister, Bilder: Lee Knipp

Prolog:
Das BT zieht los, um das Seeland zu erkunden. Und zwar aus neuer Perspektive. Der Perspektive der Einwohnerinnen selbst, die uns zeigen sollen, was ihr Dorf lebenswert macht, was ihre Gemeinde aus ihrer Sicht auszeichnet. In der neuen Serie «Mini Beiz, mi Verein, mis Dorf» werden Einwohner zu Botschaftern ihrer Gemeinde. Sie bestimmen, wo es lang geht und was besonders hervorgehoben werden soll. Wir haben sie lediglich gebeten, uns ihre Gemeinde unter den Aspekten Natur, Freizeit, Kulinarik, Historischem und einer Überraschung zu präsentieren.

Als Erstes ist das BT dem Ruf nach Lobsigen gefolgt. Und ja, richtig erkannt, Lobsigen ist so gesehen keine eigenständige Gemeinde, sondern ein Dorf in der Gemeinde Seedorf mit rund 400 Einwohnern. Aber schnell wird klar: Nein, als Seedorferin würde sich eine Lobsigerin nie bezeichnen. Es könnte, wenn auch nicht offen ausgesprochen, sogar als Beleidigung durchgehen. Nicht, weil man hier irgendwelche Feindschaften pflegen würde, nein, einfach weil die Identifikation der Einwohner mit ihrem Lobsigen so gross ist – das wird einem im mehrstündigen Rundgang und bei vielen Gesprächen und Begegnungen immer wieder deutlich vor Augen geführt. Die Schülerinnen und Schüler aus Lobsigen, die nach Seedorf oder Aarberg (Oberstufe) in die Schule radeln, sind die Lobsiger Truppe. Lobsigen hat ein eigenes Dorffest. Lobsigen hat eigenes Gewerbe. Und obwohl Lobsigen auf dem Papier eigentlich nicht mehr viel hat – also keine Schule, kein Restaurant, keine Post, keinen Turnverein und so weiter –, wird die Dorfgemeinschaft hier gehegt und gepflegt. Vielleicht ist es sogar das Fehlen dieser offiziellen Treffpunkte, die dazu führen, dass die Gemeinschaft nicht als selbstverständlich betrachtet wird, sondern in den Erhalt des Dorfes Lobsigen noch mehr investiert wird. 

Ganz bewusst auch führt die Reise an diesem Tag nicht zum – vorwiegend bei Auswärtigen – wohl berühmtesten Lobsiger: dem Lobsigensee. Anders als der Ortsteil hat das Seelein sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag, und auch im BT-Archiv finden sich zahlreiche Artikel dazu. Das kommt nicht von ungefähr: Der Lobsigensee ist historisch gesehen von grosser Bedeutung. Er konserviert Pfahlbauten, die seit 2011 zum Unesco-Weltkulturerbe gehören. Die ältesten am Lobsigensee gefundenen Siedlungsreste sind 6000 Jahre alt. Doch eben, dieser historische Aspekt ist bereits so oft erzählt worden, er soll für einmal nicht im Zentrum stehen, wenn es um Lobsigen geht.

Kapitel 1: Die Bauern
Lobsigen ist ein von der Landwirtschaft dominierter Ort. Die vielen Bauernhöfe sind das, was dem Besucher auf der Fahrt zum ersten Treffpunkt sofort auffallen. Und wenn es keine eigentlichen Höfe sind, so zumindest Häuser mit grossem Umschwung, auf dem Gemüse, Beeren oder Früchte wachsen. Wie der Besucher bald erfahren wird, sind die Bauernfamilien in Lobsigen sehr innovative Leute, deren Betriebe längst auch andere Standbeine als die traditionelle Landwirtschaft aufweisen. Die erste Station an diesem Tag liegt in der Höhe von Lobsigen, am Haslistutz, genauer auf dem Hof von David und Regula Schori, die hier ihr Wildblumenhaus betreiben. Bevor es reingeht, geniesst der Besucher die schöne Aussicht: Der Blick reicht über die Weiten des Seelands bis an die Jurakette, wo in der Ferne noch Leubringen erkennbar ist. Das Wildblumenhaus selbst ist nicht etwa ein Verkaufsladen für Wildblumen, es gleicht eher einem Treffpunkt für gemütliches Beisammensein, zahlreiche Tische und Stühle sind hier aufgestellt. Geht man die Treppe hoch, betritt man einen Raum, der an das urchige «Sääli» eines Landgasthofs erinnert – bis zu 40 Personen können hier gemeinsam speisen.  Doch zurück ins Parterre: Hier sitzen am grössten Tisch David und Regula Schori, die Gastgeber, sowie Sandra Ziehli und Gisela Galli, beide vom Dorfverein Loru, was für Lobsigen, Ruchwil und Dampfwil steht. Letztere beide sind ebenfalls eigenständige Dörfer der Gemeinde Seedorf, sind aber eng mit Lobsigen verbunden; als Lobsigen noch eine eigene Schule hatte, gingen die Ruchwiler und Dampfwiler Kinder hier in den Unterricht. Die Loru-Damen sind es denn auch, die das BT an diesem Tag durch ihr Dorf führen.

Nun aber zurück zum Wildblumenhaus. Was genau steckt dahinter? Das Haus an sich dient in Lobsigen tatsächlich als Treffpunkt für so vieles. Es kann für Apéros, Geburtstagsfeste, Firmenfeiern und so weiter gebucht werden. Einmal im Monat führt der Ortsverein hier das Loru-Kafi durch, was jeweils zu einem vollen Haus führt.

Der Weg hat an diesem Morgen aber nicht nur deswegen ins Wildblumenhaus geführt, weil dieses ein Treffpunkt im Dorf darstellt, nein, es geht auch um das Kulinarische und das innovative Gen von Lobsigen. Der Hof von David und Regula Schori war einst ganz traditionell unterwegs, mit Milchwirtschaft und Fleischproduktion. Doch es war schon der Vater von David Schori, der nach neuen Wegen suchte und damit begann, Saatgut für heimische Wildblumen zu produzieren. Damit hat er den Weg geebnet für das, was heute den Haupterwerb des Hofes darstellt. Wiesensalbei, Margeriten, Klatschmohn, Schlüsselblumen und Flockenblumen sind nur einige der einheimischen Pflanzenarten, für deren Verbreitung die Schoris die Samen produzieren. Vor drei Jahren aber hat das Paar ein neues Produkt lanciert: Blaumohnöl. Noch nie gehört? Dann sind Sie damit nicht alleine. «Wir wollten etwas herstellen, dessen Markt noch nicht gesättigt ist, weil wir mit Herzen Bauern sind und den Betrieb noch lange weiterführen wollen», sagt David Schori, öffnet eines der Fläschchen, giesst das «hochwertige Öl, fast nur ungesättigte Fettsäuren» in ein Tellerchen und reicht dem Besucher ein Stück Brot zum Tunken. Das Blaumohnöl hat keine penetrante, eher eine feine Geschmacksnote mit einem leicht nussigen Abgang. Es eignet sich für kalte Speisen wie Salate, aber auch als Apéro-Beilage zum Brot. 1000 Liter haben Schoris bisher produziert, der Verkauf läuft über diverse Feinkostläden, der Webshop befindet sich gerade im Aufbau. Doch wieso gerade Blaumohn? Zum Einen, erklärt David Schori, wollte man ein Produkt, zu dessen Herstellung das Know-how bereits vorhanden sei und zum Anderen eines, das man von A bis Z auf dem eigenen Betrieb fertigen kann. Naheliegend also, dass die Blumensaatgutproduzenten auf ein Öl aus Blumensamen setzen. Verschiedenes sei ausprobiert worden, beim Blaumohn habe man sich dann für etwas entschieden, das bei Schoris nicht neu ist: Schon vor 15 Jahren hatten David Schoris Eltern dieses Öl hergestellt.

«Als Landwirt muss man nach Möglichkeiten suchen, um von den schwierigen Bedingungen der traditionellen Landwirtschaft wegzukommen», sagt David Schori. Die anwesende Gisela Galli vom Loru-Ortsverein pflichtet ihm bei. Auch sie betreibt mit ihrem Mann einen Hof in der Gemeinde, das Standbein des Betriebes ist das Mastvieh. Gemeinsam mit den Bauernfamilien Affolter und Peter haben Gallis vor zehn Jahren damit begonnen, auf ein neues Produkt zu setzen: die Baumnuss. 70 Bäume haben Gallis damals gepflanzt, «letztes Jahr hatten wir die erste gute Ernte», so Gisela Galli. Die meisten Baumnüsse, die man hierzulande kaufen könne, würden aus Frankreich stammen, Schweizer Baumnüsse gebe es nicht viele auf dem Markt. Das BT berichtete jüngst über die Bauernfamilie Affolter aus Lobsigen, die aus ihren Baumnüssen die Spezialität Schwarznuss herstellt. Auch Gallis setzen auf Veredelung und produzieren aus ihren Baumnüssen ein eigenes Öl. Baumnussöle aus Schweizer Produkten seien selten, so Gisela Galli.

Blaumohnöl, Baumnussöl und Schwarznuss: Schon nach dem ersten Gespräch kennt der Besucher also drei kulinarische Spezialitäten aus dem kleinen Ortsteil. Und es gebe noch mehr: Trockenwurst von Bauer Peter etwa, den Sirup und die Konfitüre von Ruth Müller oder den Bienenhonig von Sabine Strub. Nicht zu vergessen die Familie Gehri, die hier seit 1979 eine eigene Mosterei und Schnapserei betreibt. Doch: Wo gibt es alle diese Produkte zu kaufen? Einen eigenen Dorfladen hat Lobsigen nicht mehr. An die frühere «Chäsi» erinnert nur noch ein altes Ladenschild. «Hier entstehen viele innovative Produkte, aber es fehlt ein Laden, wo man alle kaufen kann», sagt David Schori. Doch deswegen lässt man hier nicht einfach die Köpfe hängen: Gemeinsam haben ein paar Bauern das so genannte «Lobsigen Chörbli» lanciert, eine Zusammenstellung aus Lobsiger-Produkten, die man per Mail bestellen kann (lobsigerchoerbli@gmail.com).

Kapitel 2: Das Dorfzentrum
Es geht weiter, erstmal mit dem Auto, denn so klein Lobsigen einwohnermässig ist, so weitläufig ist das Ortsgebiet. Im Dorfkern wird sichtbar, was Lobsigen in den letzten Jahren alles verloren hat. Da wäre wie erwähnt die geschlossene «Chäsi». Auch ist erkennbar, wo einst die Beizen waren. Die Pausenklingel des Schulhauses ist letztes Jahr verstummt, die Schulkinder werden seither in Seedorf oder Aarberg unterrichtet. Der Turnverein ist ebenfalls in Seedorf, die Jugi in Baggwil, der FC in Radelfingen. Die Frage sei gestattet: Ist Lobsigen ein Schlafdorf? Die heute als «Fremdenführerinnen» agierenden Sandra Ziehli und Gisela Galli schütteln den Kopf. Und machen sich auf, den Gegenbeweis anzutreten. Sie führen die Besucher ins Schulhaus. Abc-Schützen rennen hier nicht mehr durch die Gänge. Doch die Lobsiger haben sich dafür eingesetzt, dass das Leben nicht gänzlich aus den früheren Schulzimmern verschwindet. Wir betreten einen hellen Raum mit gemütlichen Sitzgelegenheiten vor einem prall gefüllten Bücherregal. An den zusammengeschobenen Pulten, gleich dahinter eine Tee- und Kaffeebar, sitzen Susanne Jaberg, sie ist im Vorstand des Ortsvereins aktiv, und Elisabeth Walther, ein langjähriges Mitglied des Loru-Chörlis. Walther hatte Lobsigen lange Jahre verlassen, von 1969 bis 1994 war sie weg, «und nach meiner Rückkehr ist nach und nach alles zugegangen», erinnert sich die Seniorin. Dennoch sagt sie: «Langweilig wird es mir hier nie.»

Vor mehr als 25 Jahren und dem Verschwinden der Dorfinstitutionen wurde der Loru-Ortsverein ins Leben gerufen. Und der sorgt dafür, dass nicht auch noch das Leben aus Lobsigen verschwindet. Natürlich ist das nicht alleine der Verdienst von Loru, auch andere Lobsigerinnen und Lobsiger wurden aktiv. Im Schulhaus gibt es zum Beispiel ein Musikzimmer, in dem einmal pro Woche zum «offenen Musizieren» geladen wird. Es gibt eine Spiel- und Krabbelgruppe, ein Seniorenturnen. Nach wie vor existieren eine Musikgesellschaft (zusammen mit Baggwil) und ein Jodlerklub (zusammen mit Walperswil). Und wie Gisela Galli erzählt, sei es faszinierend, wie schnell man sich im Dorf zusammenschliesse. Man müsse nur ein Feuer entfachen und den Picknick-Korb auf den Tisch stellen, dann bleibe man nicht lange alleine, irgendwer stosse meistens dazu, um gemeinsam zu «brätle». So zum Beispiel in der «Grube», wie der frühere Sportplatz der Schule genannt wird. Es gibt einen Tisch, Spielmöglichkeiten für Kinder, eine Feuerstelle und stets genügend Feuerholz. Letzteres wird vom örtlichen Cheminéeholz-Produzenten Thomas Frieden zur Verfügung gestellt. 

Doch zurück ins ehemalige Schulzimmer, wo Elisabeth Walther stolz vom Loru-Chörli berichtet. 14 Mitglieder habe man, davon vier Männer, das jüngste Mitglied sei 68-jährig, das älteste ist 87. «Obwohl wir blutige Laien sind, haben wir einen guten Klang», so Walther, die für diese Aussage Zustimmung aus der Runde erfährt. Doch das Zimmer, in dem wir uns befinden, ist mehr als ein Probelokal für das Loru-Chörli. Es dient zum Beispiel als Bücherkafi, wo man nicht nur Bücher holt und bringt, sondern sich auch zum «Tratsche» trifft. Der Ortsverein hat zahlreiche Angebote auf der Aktivitätenliste, an Freizeitaktivitäten fehlt es nicht: Walking, E-Bike-Ausflüge, Adventsfenster, um nur einige zu nennen.

Ebenfalls auf der Liste: ein Einkaufsfahrdienst. In Zeiten von Corona an und für sich nichts Aussergewöhnliches, doch der Dienst existierte schon vorher und hat einen anderen Hintergrund: Es geht vor allem darum, Seniorinnen und Senioren zu ermöglichen, in Lobsigen zu bleiben, da es im Dorf keine Einkaufsmöglichkeiten mehr hat. Jede Woche werden Interessierte von freiwilligen Fahrerinnen nach Aarberg begleitet.

Kapitel 3: Die Solidarität
Das Thema «alt werden in Lobsigen» kommt an diesem Tag mehrfach zur Sprache. Angefangen beim Durchschnittsalter der Bevölkerung, zu dem Sandra Ziehli keine genauen Zahlen hat, aber von einem gefühlsmässig hohen Altersdurchschnitt spricht. Der Grund liegt auf der Hand: Wer auf den gängigen Immobilienportalen nach einem Mietobjekt in Lobsigen sucht, erhält darauf null Treffer. Es gibt kaum Wohnungen für junge Familien. Die meisten, die hierherziehen, sind Rückkehrer, die das frühere Elternhaus übernehmen. Dabei handelt es sich oft um Bauernhäuser oder Anwesen mit viel Umschwung. Diese Umstände machen es für ältere Menschen, die nicht mehr rüstig sind, nicht einfach, im Dorf zu bleiben. Elisabeth Walther sagt: «Ich mache mir Gedanken übers Älterwerden. Weil es kaum etwas hat, ist man irgendwann fast gezwungen, wegzuziehen.»

Doch auch wenn es keine Läden, keine Restaurants, keine Arztpraxen et cetera gibt, so kann man sich doch auf eines verlassen: die Nachbarschaftshilfe. «Wir sind ein Musterdorf, wenn es darum geht, aufeinander zu schauen», sagt Susanne Jaberg vom Loru-Vorstand. Sei jemand nicht gut «zwäg», werde für diese Person gesorgt. «Damit können wir etwas dazu beitragen, dass die Menschen aus Lobsigen erst später in ein Heim ziehen müssen», so Jaberg.

Kapitel 4: Der Spaziergang
«Mir sy Lüt, vo altem Hus / jede kennsch u seisch ihm Du.» So lautet eine Zeile aus dem «Lobsiger Lied», das 1985 zum 75-Jahr-Jubiläum der örtlichen Musikgesellschaft und Schützengesellschaft der Öffentlichkeit erstmals vorgetragen wurde. Und an Wahrheitsgehalt hat diese Zeile bis heute nichts eingebüsst. Sandra Ziehli und Gisela Galli führen den Besuch nun zu Fuss durch das Dorf. Keine Passantin und kein Passant gehen oder radeln an der Gruppe vorbei, ohne zu grüssen. Und restlos alle werden von den beiden Frauen beim Vornamen gegrüsst. Ja, sogar ein Hund, der dem Trupp entgegenrennt, wird von Sandra Ziehli gestreichelt und mit «Megi» angesprochen. Nur einmal kommt es vor, dass das Gegenüber gerade nicht weiss, wen er vor sich hat. Ziehli und Galli befinden sich mit dem Besuch gerade beim Aufstieg zu den Sandsteinhöhlen, dem wohl bekanntesten Ausflugsziel in Lobsigen. Ein schätzungsweise Zwölfjähriger ist mit dem Fahrrad unterwegs, Sandra Ziehli grüsst und sagt, er sei doch der junge Muster. Der Junge leicht verdutzt: «Ja, das bin ich.» Und fügt mit einem scheuen Lächeln an: «Aber ich weiss gerade nicht, wer Sie sind.» Sandra Ziehli nennt ihren Namen und sagt, sie sei die Gotte von Joel. «Ach so, jetzt hat es Klick gemacht», spricht der Junge, wünscht höflich einen schönen Tag und radelt weiter.

Wie mag das für die Dorfjugend sein? Das erste Bierchen, die erste Zigarette, der erste Kuss: Es ist kaum möglich, sich in Lobsigen in der Anonymität zu bewegen. Sandra Ziehli und Gisela Galli schmunzeln. Es komme nicht von ungefähr, dass sich die Dorfjugend am Abend gerne bei den Sandsteinhöhlen treffe. «Schon als ich jung war, hat es aus den Höhlen manchmal gequalmt», sagt Galli. Und da sind sie auch schon, die Sandsteinwände mit ihren Einbuchtungen.

Doch von der Dorfjugend sieht man nichts an diesem Morgen. Eine Frau mit ihren zwei Kindern – auch sie werden natürlich beim Namen begrüsst – haben es sich gemütlich gemacht. Das Feuer lodert, die Jungen kraxeln an Seilen die Abhänge hoch. Ein beliebtes Freizeitvergnügen bei den Höhlen, wie die beiden Lobsigen-Botschafterinnen erzählen. Die Höhlen, sie sind der Treffpunkt für alle Lobsiger. Sei dies als Rastplatz für Seniorinnen auf Wanderung, als Ausflugsziel für die Familien oder als Rückzugsort für die Dorfjugend. Was auffällt: Alles ist tipptopp sauber gehalten. Kein Zigarettenstummel, keine Bierdose, keine Serviette, nein, kein einziges Fötzeli Abfall sichtet der Besuch beim Spaziergang den Höhlen entlang. Auch hier zeigt sich: Die Lobsiger halten Sorge zu dem, was sie haben.

Der Tross zieht zurück durch den Wald in Richtung Dorf. Nach dem über dreistündigen Rundgang mit vielen Begegnungen sinnieren die Führerinnen und ihr Besuch über die vielen Besonderheiten dieses kleinen Ortes. Da beginnt Sandra Ziehli zu lächeln, ein Geistesblitz. Etwas, das man als das Überraschende in diesem Rundgang deklarieren kann: Wenn in den vielen Gärten geerntet werde, komme eine Eigenheit Lobsigens zum Vorschein: Sie zum Beispiel habe Trauben, jemand anderes Pfirsiche, dort pflanze eine Einwohnerin Krautstiele im Garten an. Und dann beginne der Tauschhandel. Trauben gegen Pfirsiche, Himbeeren gegen Salate, Apfelmost gegen Traubensaft, und so weiter und so fort. Es sei bemerkenswert, wie der Tauschhandel funktioniere, so Sandra Ziehli: «Und das ist ein Teil des Charakters, der Lobsigen so lebenswert macht.»

Es ist zwölf Uhr mittags. Das wars mit dem Rundgang, verkündet Gisela Galli. Sandra Ziehli pflichtet bei: Ihr Mann und die beiden Töchter seien wohl schon zu Hause und das Essen noch nicht parat. Die Verabschiedung fällt coronabedingt physisch distanziert aus, doch sie ist herzlich. Sie seien gespannt auf den Bericht im BT – und nicht nur sie, im Dorf weiss man mittlerweile Bescheid, dass das BT hier war.

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Zeigen Sie uns Ihr Dorf
Dieser Artikel bildet den Auftakt zur neuen BT-Serie «Mini Beiz, mi Verein, mis Dorf».

Ziel ist es, aufzuzeigen, was die Seeländer Gemeinden aus Sicht der Einwohnerinnen und Einwohner alles zu bieten haben.

Dabei ist das BT auf der Suche nach weiteren Botschafterinnen und Botschaftern.

Sie können sich als Einzelperson oder als Team bewerben. Und zwar an folgende Adresse: kontext@bielertagblatt.ch

Für den Rundgang schlägt das BT folgende Aspekte vor, zu denen Sie uns Ihr Dorf präsentieren können: Natur, Freizeit, Kulinarik, Historisches und etwas Überraschendes.

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