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Diessbach

Kochen gegen die Pandemie

Mit Corona ging auch der soziale Kontakt zu anderen Menschen grösstenteils verloren. Dem möchte ein Pastor aus Diessbach mit einer einfachen Idee entgegenwirken.

Symbolbild: Pixabay

Hannah Hermann

Steigende Fallzahlen, wiederkehrende Lockdowns, Sicherheitsabstände und Homeoffice sind für uns in Zeiten von Corona mittlerweile zum Alltag geworden. Doch der Alltag in der Pandemie hat auch einige Nachteile mit sich gezogen. Einer davon ist schnell gefunden: Wir sind weniger sozial geworden, gehen weniger unter Leute.

Das liegt zum einen daran, dass man sich und seine Mitmenschen schützen möchte. Daniel Siegfried, Pastor der evangelischen Täufergemeinde Diessbach, sieht einen weiteren Grund darin, dass viele durch die immer wieder ändernden Massnahmen verunsichert sind, was nun erlaubt ist und was nicht. Um den entgegenzuwirken, hat der 50-Jährige ein Projekt ins Leben gerufen, das die Leute trotz Corona wieder zusammenbringen soll.


Wechselndes Angebot

 

«Wenn man sich die Frage stellt, was einem wichtig im Leben ist, kommen einem sofort zwei Dinge in den Sinn: gutes Essen und Beziehungen», erzählt Siegfried. Diese zwei Antworten inspirierten ihn, etwas zu schaffen, das die beiden Dinge miteinander  verbinden könnte. Die Lösung war schnell gefunden: ein Food-Truck, der auf dem Dorfplatz für wenig Geld gutes Essen anbietet und die Leute zu einem «chline Schwatz» einlädt. 

 

Einen Foodtruck und den Stellplatz zu finden, war nicht schwer. Das Gefährt wird von der Diessbacher Kirche zur Verfügung gestellt, und wie es der Zufall will, besitzen Daniel Siegfried und seine Frau eine umgebaute Käserei an bester Lage für ein Zusammentreffen im Freien. 

 

An den drei kommenden Freitagen können Hungrige die frisch zubereiteten Gerichte kosten. Gekocht wird immer etwas anderes. Denn Siegfried ist nicht der einzige, der das Projekt des Foodtrucks unterstützt. Hilfe bekommt er von anderen aus dem Dorf, die jeweils zum Wochenendbeginn eine persönliche Spezialität zubereiten. Das Spektrum reicht  von einer «Chinapfanne», die von Siegfrieds Nachbar gekocht wurde, bis hin zu Fish and Chips. Es gehe ihnen nicht ums Geld, so der Geistliche. Vielmehr hätten sie etwas für die Seele und den Geist machen wollen. Zudem sei das Projekt nicht nur etwas für christlich Geprägte oder regelmässige Kirchgänger, betont er. Man wolle den Menschen einfach wieder Mut machen, den Weg nach draussen unter andere Leute zu finden, selbstverständlich immer mit genügend Abstand, so Siegfried.


Übertroffene Erwartungen

 

Dass die Aktion erst jetzt stattfindet und nicht zu einem früheren Zeitpunkt, hat seine Gründe, so Siegfried. Zum einen sei da das Logistische. Es sei eine schlichte Ressourcenfrage, ein solches Event auf die Beine zu stellen. Denn es müssen Leute gefunden werden, die Lust und Zeit haben, sich in den Truck zu stellen und für hungrige Kundinnen und Kunden zu kochen. «Wenn man Catering gut machen will, ist das aufwendig. Es braucht Energie», so der Pastor. 

 

Zum anderen habe man sich bewusst dagegen entschieden, das Essen in der Weihnachtszeit anzubieten. In dieser Zeit herrsche zu viel Hektik, man hätte die Aktion gar nicht geniessen können. Das momentane Januarloch sei daher perfekt geeignet, findet er: Die Leute sind auf der Suche nach etwas Neuem und haben mehr Zeit für Essen und Unterhaltung. 

Damit das Ganze auch wirklich ein Erfolg wird, wurde das Projekt sogar dem Gemeinderat vorgelegt. «Wir haben die politischen Behörden einbezogen, damit jeder mit unserem Vorhaben zufrieden ist», erzählt Siegfried. 

 

Nicht nur auf politischer Ebene konnte die Idee mit dem Foodtruck begeistern. Auch letzten Freitag, der erste geöffnete Tag des Restaurants auf Rädern, stiess auf Anklang. Sie seien sich vorher nicht sicher gewesen, ob überhaupt jemand kommen würde, sagt der Pastor. Diese Angst blieb allerdings unerfüllt. Die Bäuche von 120 hungrigen Gästen konnten gefüllt werden, was genau dem Maximum an Essen entsprach, das man vorbereitet hatte. 

 

Auch der Wunsch von Daniel Siegfried wurde erfüllt: Es habe eine durchweg gute Stimmung geherrscht. Durch den Verzehr draussen entfiel die Maskenpflicht, und für einen Moment war das Wort «Pandemie» oder «Corona» aus dem Wortschatz der anwesenden Leute verschwunden. 


Info: Der «Foodtruck zum Goldenen Kalb» bietet diesen Freitag Chili con oder sin carne an. Ab 17 Uhr ist der Truck auf dem Käsereiplatz in Diessbach geöffnet. 

 
Stichwörter: Foodtruck, Essen, Corona

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