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«Konservativer als die SVP sind wir nicht»

Der Kallnacher Gemeinderat Peter Bonsack und der Bieler Stadtrat Fred Schor wollen zusätzlich im Grossen Rat Einsitz nehmen. Und zwar rechts aussen.

Auf der Grundlage der Bibel ganz rechts: Peter Bonsack (links) und Fred Schor stehen politisch der SVP nahe und sind weit weg von der EVP, obwohl sie die EDU ebenfalls als christlich definieren. Copyright Matthiaskäser / Bieler Tagblatt
  • Dossier

Von Beat Kuhn

Am Anfang steht ein Missverständnis: Peter Bonsack und Fred Schor haben zum BT-Termin eine selbst gebastelte Holztafel mit Beschriftung mitgebracht. Verlangt gewesen war jedoch nur das Mitbringen eines griffigen Slogans. Schnell ist dieser auf die vorgesehenen Tafeln übertragen: «EDU üBERNimmt Verantwortung».

Ein humoriges Wortspiel, ja, fast schon eine Kunstinstallation als Wahlwerbung? Das überrascht bei einer Partei wie der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU), die als Vertreterin traditioneller christlicher Sittenstrenge gilt. Ist dieses Image etwa falsch? Das BT will es herausfinden.

Bonsack 2014 abgewählt
Im Gespräch zeigen die beiden Parteivertreter ein ganz anderes Gesicht als auf dem Foto. Sie lächeln fast nie, schauen den BT-Redaktor imGegenteil ziemlich streng an. Vielleicht misstrauen sie ihm. Bonsack klagt, dass die Medien die EDU im Grossen Rat kaum je erwähnen würden, obwohl sie Fraktionsstärke habe, was viele gar nicht wüssten. Mit fünf Vertretern erreicht die Partei just das für eine Fraktion nötige Minimum.
Bonsack ist einer der führenden Köpfe seiner Partei im Kanton. Unter anderem präsidiert er seit 2008 die Kantonalpartei, zehn Jahre war er Vize der EDU Schweiz. Was er sonst noch ist oder war, steht auf der Wikipedia-Seite, die es über ihn gibt. «Ich habe allerdings keine Ahnung, wer sie angelegt haben könnte.»

Das Berner Rathaus kennt Bonsack schon von innen, denn 2010 wurde er Grossrat. 2013 wurde er zudem als erster Vertreter seiner Partei in den Gemeinderat vonKallnach gewählt. 2016 wurde er im lokalen Amt bestätigt. Die Wiederwahl ins Kantonsparlament hat er 2014 dagegen nicht geschafft. Damals habe die frühere Listenverbindungspartnerin EVP von dem Wahl-Bündnis profitiert, sagt er.

Von der EVP zur SVP
Diesmal ist die Partei eine Listenverbindung mit der SVP, den Schweizer Demokraten (SD) und der erstmals antretenden Freien Liste (FL) eingegangen. Und zwar nicht nur aus wahlstrategischen Gründen, sondern weil diese Rechtsaussen-Parteien auch die politisch passenderen Partner sind:«Wir stimmen jeweils mit den Rechten, die EVP jeweils mit den Linken», bringt Bonsack den Unterschied der zwei christlichen Parteien auf reformierter Seite – gegenüber der katholischen CVP – zugespitzt auf den Punkt. Er betont allerdings: «Konservativer als die SVP sind wir nicht.» Wie diese empfiehlt die EDU zum Beispiel die No-Billag-Initiative zur Annahme. «Und wir sind die einzige Schweizer Partei, die Jerusalem als Hauptstadt von Israel anerkennt – nicht erst, seit es Trump kürzlich getan hat.»

Die zwei EDU-Vertreter sprechen der EVPallerdings nicht ab, die Nachfolge Jesu im Auge zu haben, was das zentrale Gebot des Christseins ist. So räumt Schor ein: «Jesus war in gewissen Fragen nach heutigen Massstäben politisch links, in andern rechts.» Für Bonsack ist der Respekt vor den Andersdenkenden generell ein Eckpfeiler des EDU-Gedankengutes: «Wir wollen anständig politisieren und andere achten, mit allen gut auskommen», sagt er. Denn:«Gott hat jeden Menschen lieb.»

Sozialhilfe «sehr grosszügig»
Ungetrübt war die Beziehung der EDU zur EVP noch nie, denn die EDUist eine Abspaltung von ihr. 1975 hat der vormalige Berner Oberländer EVPler Werner Scherrer sie gegründet. Zwar bezeichnen beide Parteien die Bibel als Grundlage ihrer Politik. Doch legen sie das Buch der Bücher eben sehr unterschiedlich aus. Für die EDUist etwa der soziale Aspekt weniger wichtig. So sagt Schor: «In der Bibel gibt es sowohl Reiche als auch Arme.» Und gefragt nach einer passenden Bibelstelle, zitiert er Jesus nach dem Apostel Matthäus in Kapitel 22, Vers 21:«Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!»

Umgesetzt auf die heutige Welt, findet Bonsack zumBeispiel, dass die Sozialhilfe «sehr grosszügig» sei. «Ich brauche nicht so viel Geld für mich.» Weiter sind beide zwar nicht grundsätzlich gegen die finanzielle Unterstützung Alleinerziehender, doch wollen sie primär die Familie im traditionellen Sinn fördern. Denn Bonsack ist überzeugt: «Ein Kind, dessen Mutter zuhause ist, hat es besser als eines, dessen Mutter erwerbstätig ist, das sehe ich als Gemeinderat immer wieder.»

Bonsack findet generell:«Der Kanton hat ein Ausgabenproblem.» Einsparungen vornehmen würden die beiden beispielsweise in der Verwaltung. Ein Dorn im Auge sind ihnen ferner die Verkehrsberuhigungsmassnahmen, die sehr hohe Kosten verursachen würden.

Schor hat kaum eine Chance
Während Bonsack kumuliert zuvorderst auf der EDU-Liste im Wahlkreis Biel-Seeland kandidiert, ist Fred Schor der Fünftletzte auf der Liste fünf, die die EDUerhalten hat. Damit sind seine Chancen, gewählt zu werden, minimal. Dass er als zweiter Vertreter der Partei zum BT-Termin mitgekommen ist, wird damit begründet, dass er im Seeland neben Bonsack das einzige Parteimitglied mit einer Funktion in einer Exekutive oder Legislative sei.

Einen Bezug zu Biel hat übrigens auch Bonsack. Bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung mit 63 2011 war er nämlich lange Jahre Leiter der Stadtgärtnerei und der Friedhöfe Biel. Er war der Erste, der die Gesamtleitung der beiden zusammengelegten Bereiche hatte. «Das war buchstäblich ein todsicherer Job.»

 

 

INFOBOX 1:

Zu den Kandidaten
Der 69-jährige Peter Bonsack ist verheiratet und Vater von acht Kindern. Er wohnt in Kallnach, wo er seit 2013 auch im Gemeinderat sitzt, als Vorsteher des Ressorts Schul- und Bildungswesen. Seit 2008 ist er Präsident der Kantonalpartei. Auch präsidiert er die Ortspartei Kallnach.
Fred Schor (63) wohnt mit seiner Frau in Biel, wo er Stadtrat ist. Der gelernte Pfleger ist als Pflegedienstleiter und Leiter Administration im Behindertenwohnheim von «Pfadi trotz allem» (PTA) in La Neuveville tätig.
 

INFOBOX 2:

Gideons: ein Hauch von «Mission impossible»
Peter Bonsack ist auch Mitglied der Organisation Gideons, die für das Vorhandensein von Bibeln in Hotels sorgt – ausser etwa in jenen der Novotel-Kette, die einem Muslim gehört. In Täuffelen habe mal ein Mann in einer Hecke seines Gartens eine weggeworfene Bibel der Gideons gefunden, erzählt Bonsack. Durch deren Lektüre habe er zum Glauben gefunden. Bekannt ist im Übrigen, dass im Action-Film «Mission Impossible» einst eine Bibel der Gideons einen Verräter entlarvt.
 

Stichwörter: Wahlen 2018, EDU

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