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Argentinien

Last Minute Antarktis

Das Ehepaar Furer plante, noch bis zum Gletscher Perito Mereno in Argentinien und danach langsam wieder gegen Norden zu fahren. Da geschieht etwas Unverhofftes.

Vor 16 Jahren brachen Bruno und Renate Furer aus Aegerten auf, um die Welt zu entdecken. Bild: zvg
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Wir waren auch schon kurz vor dem gleichnamigen Nationalpark, als wir unverhofft Siegrid und Gerhard treffen, Österreicher, die wir kurz in Valdés bei den Walen kennengelernt hatten. Gerhard hat im Internet ein Last- Minute-Angebot für eine 21-Tage- Antarktiskreuzfahrt gefunden und will nun zurück nach El Calafate, um diese zu buchen.

Es sei noch eine Kabine frei, ob wir nicht Lust hätten mitzufahren? Wieso eigentlich nicht! Zwar stehen wir noch über 1000 km und zwei Grenzübergänge von Ushuaia entfernt und die Magellanstrasse muss auch noch überquert werden, aber wir haben ja noch 7 Tage Zeit bis zur Abfahrt.

Was in Europa in einigen Minuten geregelt ist, wird hier zum echten Problem. Das Reisebüro in Ushuaia will Geld sehen, und zwar sofort, sonst wird die Kabine weiter vergeben. Wir erhalten also per Mail die Rechnung, die wir in der nächsten Bank begleichen sollten. Natürlich ist die Bank geschlossen, es ist ja inzwischen schon 
15 Uhr und öffnet erst wieder am nächsten Morgen um 10 Uhr.

Ein weiteres Problem, wir haben nicht mehr genug Dollar in bar, und die Bank akzeptiert keine Kreditkarten. Das Abheben wurde von der Regierung beschränkt und wir müssten, um den Betrag am Automaten zu beziehen, 34-mal abheben. Ob das gut gehen würde, wage ich zu bezweifeln. Inzwischen hat Renate die Idee, die Überweisung von der Schweiz aus tätigen zu lassen. Zwar ist die Bank wegen der Zeitverschiebung auch geschlossen, aber es gibt ja Internet, Mail und E-Banking. Also wieder mit Ushuaia telefonieren, die uns versprechen, die Kabine einen weiteren Tag freizuhalten.

Das Mail an die Bank ist schnell geschrieben, mir der Anweisung DRINGEND, EXPRESS, bitte sofort ausführen, die nötigen Bankangaben vom Reisebüro haben wir ja schon erhalten, es sollte also kein Problem sein. Beruhigt legen wir uns schlafen. Antarktis wir kommen. Ich schlafe auch einige Stunden, Renate nicht.

Sie macht sich Sorgen wegen der Garderobe. Dieses Detail haben wir völlig vergessen. Wir haben keine passenden Kleider, auf den Schiffen ist ja Kleid und Schlips angesagt, wenigstens zum Abendessen.

Also fängt die Diskussion wieder von Neuem an. Mein Vorschlag, alternativ könnten wir ja die 21 Tage in der Kabine oder mit dem Personal in der Küche essen, kommt nicht wirklich gut an. Wir gehen eben mit den Klamotten, die wir haben, neben einem Zombie sehen wir immer noch relativ gut aus. Zwar ist meine Garderobe nach den vielen Jahren nicht mehr richtig neu, dafür aber sehr bequem. Meine Meinung. Beruhigen kann ich Renate aber nicht, also schreiben wir um 3 Uhr in der Nacht ein zweites Mail in die Schweiz, SUPER EXPRESS DRINGEND, bitte führen sie die Zahlung nicht aus. Antarktis, wir kommen wohl doch nicht! Danach kann Renate einige Stunden schlafen, ich jedoch nicht mehr.

Am Morgen treffen wir Siegrid und Gerhard und teilen ihnen mit, dass wir wegen «Kleiderproblemen» leider auf diese Reise verzichten müssen. Sie lachen: Dies sei vielleicht bei «normalen» Kreuzfahrten so, wird uns bestätigt, aber genau auf diesem Schiff eben nicht! Also zurück ins nächste Internet, wir schreiben ein weiteres Mail an unsere Hausbank. SUPER SUPER EXPRESS EILIG DRINGEND, bitte führen sie die von uns angegebene und wieder abgesagte Zahlung nun bitte doch aus. Natürlich haben wir auch Gisela im Reisebüro in Ushuaia darüber informiert, Geld ist unterwegs und wir auch, wir sind ja bisher noch keinen Meter weit gefahren und sollten uns daher langsam sputen. Rio Gallegos, auf einer schlechten Piste, 320 Kilometer entfernt, ist unser nächstes Ziel. Normalerweise für uns weit mehr als eine Tagesetappe.

Heute ist uns der Wind willkommen, bläst er doch wie verrückt und erst noch von hinten. So erreichen wir Rio Gallegos gegen Abend und prüfen nochmals im Internet, ob alles klappt.

Gisela ist supernervös, sie hat noch kein Geld erhalten und wir haben wirklich Mühe ihr klarzumachen, dass es mit fünf Stunden Zeitverschiebung eben schon 18 Uhr war als wir die Anweisung zur Zahlung gegeben haben, aber spätestens morgen früh hätte sie das Geld mit Garantie.

Verkehrte Welt, eigentlich müssten wir doch supernervös sein und nicht Gisela. Wir können sie nochmals überreden, uns die Plätze freizuhalten, letzter Termin, nächster Tag 9 Uhr, danach würde sie die Plätze weitergeben.

Am nächsten Morgen: Zwei Mails sind eingegangen. Gisela, die noch immer kein Geld erhalten hat und sich überlegt, die Plätze jetzt doch weiterzugeben und die Bank, die nach der richtigen Adresse zur Überweisung in die USA fragt, denn die uns durchgegebenen Bankangaben aus Ushuaia waren falsch.

Wer hat behauptet, eine Kreuzfahrt entspannt? Dank einem mitdenkenden Bankangestellten in der Schweiz, der sich selber in Ushuaia nach den richtigen Daten erkundigte, bekam Gisela ihr Geld und wir eine wirklich unvergessliche Last-Minute-Antarktis-Kreuzfahrt. Bruno Furer

Link: www.pepamobil.ch

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