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Täuffelen-Gerolfingen

Lastwagenverkehr: Täuffelen-Gerolfingen denkt um – und überrascht

Bislang hat Täuffelen-Gerolfingen jegliche Beteiligung an der Erschliessung der umstrittenen Kiesgrube Beichfeld abgelehnt. Ihre Kehrtwendung könnte die Wogen in Walperswil etwas glätten.

Das Beichfeld zwischen der bisherigen Kiesgrube und dem Wald oben links könnte über Täuffelen (im Hintergrund) erschlossen werden. Matthias Käser
Beat Kuhn
 
Seit Jahrzehnten baut die Firma Hurni Kies- und Betonwerk AG im Gebiet Mättehölzli bei Walperswil Kies ab. Ende dieses Jahres wird die Grube aber ausgeschöpft sein. Nun will das Unternehmen aus Sutz im danebenliegenden Beichfeld eine neue Kiesgrube schaffen. An der Gemeindeversammlung im November 2019 haben sich die Walperswilerinnen und Walperswiler indes mit 140 zu 120 Stimmen gegen diese Pläne und damit gegen eine Fortführung des Kiesabbaus in ihrer Gemeinde um mindestens 30 weitere Jahre ausgesprochen.
 
Behörden unter Beschuss
Anfang letzten Jahres gab der Kanton dann allerdings bekannt, dass er an dem Projekt festhalten wolle. Es handle sich nicht um eine gewöhnliche Kiesabbaustelle, sondern um ein im Bernbiet einzigartiges Pilotprojekt mit einem Bodenumschlagplatz. Ein solcher mache es möglich, Bodenmaterial, das etwa bei Baustellen anfalle, für die Aufwertung von sogenannt degradierten, also durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung geschädigte Böden, zu verwenden. Bislang werde dieses Material vielfach in einer Deponie entsorgt. 
 
Im Oktober kam die zuständige Regierungsrätin Evi Allemann (SP) nach Walperswil, um das leicht abgeänderte Projekt der Bevölkerung zu erläutern. Am gutbesuchten Info-Abend schlug ihr ein kalter Wind entgegen. Und an der Gemeindeversammlung einen Monat später musste sich auch der Gemeinderat harte Worte anhören, weil Allemann erklärt hatte, dass der Kanton das Projekt hätte fallen lassen, wenn sich der Gemeinderat nicht dafür ausgesprochen hätte. 
 
Inzwischen hat der Kanton ein Mitwirkungsverfahren zum Projekt Beichfeld gestartet, bei dem Betroffene Anregungen geben oder Kritik üben können. Sie konnten sich während der öffentlichen Auflage vom 25. Oktober bis 22. November schriftlich dazu äussern. Die eingegangenen rund 30 Eingaben werden nun geprüft und in einem Mitwirkungsbericht gewürdigt, das heisst verworfen oder aber in das Projekt aufgenommen. Dann wird dies öffentlich aufgelegt, und es kann Einsprache dagegen eingelegt werden. 
 
Umdenken in Täuffelen-Gerolfingen
Im Rahmen der «Kantonalen Überbauungsordnung Beichfeld» ist geplant, die Kiesgrube via Epsachstrasse zu erschliessen. Allerdings nicht wie in der vorherigen Fassung auf Höhe des Walperswiler Burghubelquartiers, sondern weiter weg vom Dorf, auf Höhe des Länggrabens. Die Erschliessung via Epsachstrasse wird als Variante Ost bezeichnet. Die Route Beichfeld – Sutz würde über die Kantonsstrasse durch Epsach und Täuffelen führen.
 
Vor der Ausarbeitung der kantonalen Überbauungsordnung hatte die Gemeinde Walperswil den Gemeinderat Täuffelen-Gerolfingen zweimal angefragt, ob für ihn auch die Variante Nord in Frage käme, das heisst die Erschliessung direkt durch das Moos via Moosgasse und Dorfrain in Täuffelen. Doch das hatte dieser abgelehnt, unter anderem weil diese Route unübersichtliche Kreuzungsbereiche und steile Ausfahrten aufweise, weil sie von den Täuffelern gerne benutzt werde, um ins Naherholungsgebiet Moos/Beichfeld zu gelangen, sowie wegen der allgemeinen Störung des Siedlungsgebietes.
 
In seiner Mitwirkungseingabe – die er auf der Website der Gemeinde öffentlich gemacht hat – bekräftigt der Gemeinderat Täuffelen-Gerolfingen die Ablehnung der Variante Nord zwar ein weiteres Mal. Doch macht er einen Alternativvorschlag: So kann er sich nun eine Erschliessung via Moos, Hölzlirain und Leimenstrasse auf die Hauptstrasse in Täuffelen vorstellen. Diese Alternative zur Variante Nord belaste das Siedlungsgebiet von Täuffelen weniger, kreuze weniger Schulwegverbindungen und sei auch für die Verkehrssicherheit besser. Zudem habe sie den Vorteil, dass die degradierten Böden im Täuffelemoos viel direkter, ohne Umwege, über die Grubenerschliessung angefahren werden könnten. Als Anschluss für den Werkverkehr Richtung Walperswil sei die angedachte Variante Ost zu belassen «oder ein südlicher Anschluss Richtung Walperswilerbrücke zu prüfen», heisst es in der Eingabe weiter.
 
IG ist «erstaunt und überrascht»
Franz Ehrler von der Walperswiler «IG Beichfeld ohne Grube» zeigt sich auf Anfrage «erstaunt und überrascht» über den Vorschlag der Nachbargemeinde. Denn bisher habe sich diese einer Erschliessung der Kiesgrube über ihr Gemeindegebiet widersetzt. «Dass Täuffelen-Gerolfingen jetzt Hand bietet, finde ich grundsätzlich gut», sagt er. 
 
Die IG fährt bei der Mitwirkung eine Doppelstrategie: Einerseits will sie sich mit allen Mitteln gegen die Realisierung der Kiesgrube Beichfeld zur Wehr setzen und dafür wenn nötig bis vor Bundesgericht gehen. Das bekräftigt Ehrler nochmals. Für den Fall, dass der Kanton vor Gericht obsiegen sollte, hat sie andererseits aber auch eine Mitwirkungseingabe gemacht (siehe Infobox).
 
«Wir Walperswiler und die weitere Umgebung wollen keine neue Grube, keinen Bodenumschlagplatz und keine Deponie», macht der frühere SVP-Gemeinderat klar. An diesem Ziel ändere auch die Verlegung der Erschliessung via Epsachstrasse nichts, obwohl der neue Standort «sicher eine Verbesserung» gegenüber der unübersichtlichen und gefährlichen ersten Variante sei. 
 
Was der Mitwirkungsbericht vorschlagen wird, weiss heute niemand. Ziemlich sicher wird der Kanton das Angebot des Gemeinderates Täuffelen-Gerolfingen aber annehmen. Denn eine Verteilung des Lastwagenverkehrs könnte den Unmut in Walperswil etwas mindern.
 
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Die Eingabe der «IG Beichfeld ohne Grube»

Die Haupterschliessung muss über die Variante Nord, die Nebenerschliessung über Gimmiz erfolgen. Um das Burghubelquartier vom Lärm zu entlasten, sind im Siedlungsbereich Lärmschutzwände zu erstellen. Die Hauptstrasse ist von der Verzweigung Bühl bis zur Einfahrt zum neuen Projekt mit Tempo 30 zu signalisieren. Es muss verbindlich gesagt werden, wie es nach Ablauf der Konzession für das Beichfeld in 30 Jahren weitergeht. Das Projekt ist neu auszuschreiben, für alle Kiesabbaubetreiber. Bleibt das Projekt bei der Firma Hurni, ist die Entschädigung neu auszuhandeln. Pro Arbeitstag ist ein Maximum an Lastern vorzuschreiben. Am Samstag und Sonntag darf in der Anlage nicht gearbeitet werden. Der Kanton garantiert, dass es nicht zu einer Wertverminderung der Häuser im Burghubelquartier kommt.

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