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Busswil

Malereien mit Macht und Monstern

Gabriela Geenen malt sich quer durch die Gefühlslandschaft. Die Bilder der Busswilerin zeigen nackte Haut, entblösste Seelen und das hämische Grinsen des Teufels.

«Mein letztes Bild gefällt mir immer am besten»: Gabriela Geenen in ihrem Atelier zu Hause in Busswil. An einem Bild arbeitet die Künstlerin zwei bis sieben Tage. Bild: Enrique Muñoz García

SIMONE LIPPUNER


Vor wenigen Wochen hat Gabriela Geenen ihre Mutter verloren. Unerwartet.
    
Ein trauriges Ereignis, das die Künstlerin überrollt, welches sie aber, wie sie sagt, «schon einmal gesehen hat»: Vor gut drei Jahren malte Gabriela Geenen ihr zweites Bild. «Erlösung» heisst es und zeigt den Sensemann mit der Sonne im Gesicht. «Es zeigt den Tod als Erlösung vom Leid», erklärt Geenen, «für viele Menschen ist er nämlich genau das». Jetzt, nach dem Tod der Mutter, stellt für sie das Bild eine Art Vorahnung dar.
    
Der Sensemann ist exemplarisch für Gabriela Geenens Schaffen. Ihre bunten Acrylbilder lassen sich wie ein Querschnitt durch die Gefühlswelt betrachten. Es geht um Liebe, Sex und Freude, um Trauer, Schmerz und um Macht.

Ausreise nach der Revolution
Um Macht darzustellen, bedient sich Geenen gerne immer wieder derselben Kreatur: Der Teufel erscheint auf vielfältige Weise in den Gemälden – mit Brüsten, mit Penis, in allen Farben und Formen. «Es gibt viele Betrachter, die sich an den Hörnern und der nackten Haut in meinen Bildern stören», sagt die 38-Jährige. So kam es schon vor, dass sie einige Bilder in einer Ausstellung nicht zeigen durfte.   
    
Gabriela Geenen kam in Tannwald am Fusse des Isergebirges in Tschechien zur Welt. Nach der Revolution 1989 nutzte die frischgebackene Gymnasiastin die Gelegenheit und verliess ihr Land. In der Schweiz wollte die damals 24-Jährige nur ein Jahr arbeiten. «Doch wie es halt so ist im Leben: Man verliebt sich, heiratet, bleibt hängen, und aus einem Jahr werden schnell vierzehn», erzählt die Mutter eines siebenjährigen Sohnes.
    
Rasch ist spürbar, dass Geenen nicht gerne über ihre Vergangenheit spricht. Sie sagts mit Nietzsche: «Alles, was dich nicht umbringt, macht dich stärker», zitiert sie den Philosophen. «Ich hatte eine schwierige Kindheit, will aber ja nicht als Opfer dastehen.» Da ihre Gemälde einerseits Visionen, andererseits aber auch Stoff aus der Vergangenheit beherbergen, liest sich in den Kunstwerken ein bisschen wie in einem Tagebuch.

Die Fantasie fehlte
Bevor Gabriela Geenen sich hinter grossformatige, weisse Leinwände setzte, malte sie ihr Leben lang im Kleinen, Geburtstagskarten zum Beispiel. «Vor vier Jahren begannen die Bilder dann zu mir zu kommen. Vorher hatte ich keine eigene Fantasie.» Konkret, nicht nur konturenreich sieht sie ihr nächstes Sujet vor sich. «Nur die Farbwahl treffe ich während des Malprozesses.» 50 Bilder hat sie bisher gemalt in ihrem Haus in Busswil. Überall stehen und hängen die Werke in dem modernen Bau, 30 davon hat sie kürzlich im Sieberhuus in Lyss ausgestellt. «Ich will jetzt raus mit meiner Arbeit, will berühmt werden und von meiner Kunst leben können.»
    
Gabriela Geenen nennt sich als Künstlerin Gabinka. Das ist die Verniedlichung ihres Vornamens, so, wie man das bei kleinen Kindern macht. Der Spitzname stammt somit aus der Zeit, als die Künstlerin noch jede Nacht von Monstern träumte. «Ich sehe sie noch heute genau vor mir. Und male sie dann.»
    
Zwei bis sieben Tage braucht sie für ein Bild. Derzeit steht eine frische weisse Leinwand vor ihr. Eine Bleistiftskizze in ihrem Notizblock verrät, was darauf dereinst zu sehen sein wird: ein komplett in Stoff verhülltes Gesicht. Unter dem Saum lugen pelzige, hufartige Füsse und ein spitziger Schwanz hervor.

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