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Mega-Gewächshaus gestoppt

In aller Stille hat die Genossenschaft Gemüse Erzeuger Seeland mit Sitz in Ins die Pläne für das grösste Treibhaus der Schweiz beerdigt. Der Grund: Starker Gegenwind aus verschiedenen Richtungen.

Symbolbild: Pixabay

Beat Kuhn

Im September 2017 wurde ruchbar, dass im Grossen Moos das grösste Gewächshaus der Schweiz entstehen solle. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts mit dem schönen Namen «Vision Energiebündel Seeland (EBS)» sollte dafür eine Fläche von 80 Hektaren oder 110 Fussballfeldern genutzt werden. Für den Standort wurden zwei Optionen genannt: entweder zwischen Ins und Müntschemier im Kanton Bern oder zwischen Sugiez und Kerzers im Kanton Freiburg. Diese Absicht der Genossenschaft Gemüse Erzeuger Seeland (GES) mit Sitz in Ins warf damals hohe Wellen. Inzwischen sind die Pläne für das Projekt still und leise beerdigt worden, wie das BT beim Nachfragen nach dem aktuellen Stand des Projektes erfahren hat.

Kritik nicht ausräumen können
Anfang letzten Jahres war an einer ausserordentlichen Generalversammlung der GES Geld für eine Machbarkeitsstudie gesprochen worden. Parallel zur Erarbeitung dieser Studie hatte man dann Gespräche mit Politik, Wirtschaft und Naturschutz geführt. Dies, weil es Kritik aus allen Lagern gebe, wie Moana Werschler, Leiterin Marketing und Projekte der GES, im Juli letzten Jahres erklärt hatte.

Diese Kritik hat offenbar nicht ausgeräumt werden können: Wie Werschler jetzt sagt, hat die GES letztes Jahr eine Art inoffizielles Vernehmlassungsverfahren durchgeführt und dabei verschiedenste Player konsultiert, die im Falle eines Baugesuchs ein Wörtchen mitzureden hätten, beispielsweise Ämter auf Stufe Bund und Kanton, Schutzverbände oder Politiker. «Aufgrund der Reaktionen und Gespräche sind wir zum Schluss gekommen, dass das Projekt in voller Grösse nicht realisierbar ist.»

Ökologisch, aber riesig
Die ursprüngliche Idee sei «eine Zentralisierung der Gewächshäuser im Seeland» gewesen, sagt sie. Denn ein einzelnes grosses Gewächshaus, das CO2-frei betrieben werde, sei wirtschaftlich interessanter und ökologischer als verschiedene kleinere Anlagen, wie man sie heute baue. Um eine reine Ertragssteigerung sei es nie gegangen: «Das grosse Gewächshaus wäre nicht nur für die Hors-Sol-Anbaumethode geplant gewesen, sondern auch für den biologischen Boden-Anbau.»

Trotz den ökologischen Vorzügen hätten sich Gemeinden, überkommunale Politiker oder betroffene Landeigentümer letztlich gegen das Projekt ausgesprochen, weil die Gewächshausfläche so gross wäre. «Es handelt sich ja schon um eine beachtliche Fläche», räumt Werschler ein. Beim Entscheid, das Projekt zurückzuziehen, hätten aber auch «andere geplante Bauprojekte» eine Rolle gespielt.

Alternative mit dezentraler Lösung
Der Rückzug des Projekts ist für die GES indes nicht gleichbedeutend mit einem Verzicht auf den Ausbau der Gewächshaus-Kapazitäten, wie Werschler betont. So werde die Idee einer nachhaltigen Gemüseproduktion mit erneuerbaren Energien, der Nutzung von Synergien, einer Optimierung der Recyclingprozesse und einem besseren Wassermanagement weiterverfolgt.

Das Projekt eines grossen Gewächshauses müsse man jedoch überdenken. So würden nun stattdessen dezentrale Gewächshaus-Standorte in Landwirtschaftszonen oder angrenzend an Industriezonen geprüft. Letzteres würde eine Verwertung von Abwärme ermöglichen. Die Grundidee der Vision EBS, also das Ziel, die Ressourcen besser einzusetzen und zukunftsorientiert zu produzieren bleibe zwar bestehen. «Mehrere Standorte machen die Umsetzung aber einfacher, damit stossen wir auf weniger Widerstand.»

Müssen nah beieinander liegen
Wegen der Logistik sei es wichtig, dass die Gewächshäuser nah beieinander stünden, sagt Werschler. Zudem wolle man wie schon bisher geplant eine zentrale Verarbeitungs- und Logistikhalle realisieren. «Wichtig ist uns weiter die Vision einer C0-neutralen Produktion und somit die Sicherung einer nachhaltigen Gemüseproduktion aus dem Inland, die alle Faktoren berücksichtigt.»

Aktuell sei man daran, den Masterplan an die neuen Gegebenheiten anzupassen, sagt Werschler. Im Vordergrund stehe dabei die Evaluation der dezentrale Gewächshaus-Standorte. Für diese Anlagen schwebt der GES eine Grössenordnung von sechs bis zwölf Hektaren Fläche vor. Wie viele erstellt werden sollen, lasse sich noch nicht sagen. Man müsse aber zukunftsgerichtet denken und sich überlegen, wie der Bedarf an inländischem Gemüse in 50 Jahren aussehen könnte. «Für den Anfang könnten es mal zwei Hallen sein – aber nur für den Anfang», meint Werschler schmunzelnd.

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