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Seeland

Milder Winter macht Mäuse aktiv

Den warmen Winter spüren auch die Tiere in der Region: Rehe haben keine Probleme, genügend Futter zu finden. Und Mäuse untergraben ganze Gärten.

Mäuse sind sehr kälteempfindlich. Daher profitieren sie nun vom milden Winter und verlassen öfters ihre unterirdischen Gänge. Bild: zvg/Hans Hillewaert

von Carmen Stalder


Die Mäuse sind überall. Durch den ganzen Garten haben sie ihre Gänge gegraben, aus dem schönen Rasen ist ein zerwühltes Feld geworden. «Vor zwei Jahren haben wir unseren Garten neu machen lassen. Jetzt ist alles kaputt», sagt Simone Arn aus Meienried.

Wegen der vielen unterirdischen Gänge könne man nicht einmal mehr einen Stuhl auf den Rasen stellen, ohne dass er einsinke. In den 30 Jahren, in denen sie schon hier wohnt, hat sie noch nie so etwas erlebt. Ob die überaus aktiven Mäuse wohl wegen der milden Temperaturen so zahlreich vorhanden sind?

Der vergangene Monat sei weltweit der wärmste Januar seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1880 gewesen, teilte die US-Behörde für Wetter- und Meeresforschung (NOAA) am Mittwoch mit. Und auch bei uns in der Schweiz kann nicht von einem «richtigen» Winter gesprochen werden. Das Seeland war noch nie über längere Zeit schneebedeckt, Krokusse und Schneeglöckchen spriessen allerorts wie im Frühling.


Gegen Mäuse helfen Fallen

Hans Ramseier bestätigt, dass der Verlauf des Winters einen Einfluss auf die Mäusepopulation hat. Er ist Dozent für Pflanzenschutz und ökologischen Ausgleich an der Berner Fachhochschule. «Mäuse sind sehr kälteempfindlich», sagt er. In kalten Wintern graben sie sich deshalb tief in den Boden und es sind kaum Aktivitäten der kleinen Nager bemerkbar. Ist es warm, kommen sie hingegen eher an die Oberfläche.

Ein weiterer Faktor ist die zyklische Entwicklung von Mäusepopulationen. Alle fünf bis sieben Jahre kann es zu Massenvermehrungen kommen. «Es könnte sein, dass wir uns aktuell auf dem Höhepunkt eines solches Intervalls befinden», sagt Ramseier. Auf ein erhöhtes Mäusevorkommen hat also nicht nur der aktuelle milde Winter einen Einfluss.

Um die unerwünschten Tiere loszuwerden, empfiehlt Ramseier das Aufstellen von Fallen. «Wichtig ist es, jetzt schon damit anzufangen, bevor sich im Frühling eine neue Population aufbauen kann.»

Auch für Schädlinge, Parasiten und Insekten ist ein warmer Winter positiv, sagt Ramseier. So überleben beispielsweise mehr Zecken den Winter, was im kommenden Sommer Menschen und Haustieren lästig werden kann. Es ist aber nicht zwingend, dass später wegen dem unerwünschten Getier grössere Schäden entstehen. Denn: «Wenn es sehr warm wird, erwachen die Schädlinge aus ihrer Winterruhe. Wird es dann aber noch einmal kalt, überleben sie dies oftmals nicht.»


Tieren im Wald geht es gut

Auch für die Wildtiere ist ein milder Winter förderlich: «Ihnen steht derzeit ein gutes Nahrungsangebot zur Verfügung», sagt Kurt Günthart, Präsident des Patentjägervereins Seeland. Die wenigen Tage, an denen es im Seeland Schnee gehabt habe, seien für die Wildtiere vernachlässigbar. Durch die gute Futtersituation werden mehr Wildtiere als sonst den Winter überleben, selbst wenn es doch noch richtig kalt werden sollte.

Den Tieren in den Wäldern geht es aber nicht nur wegen der milden Temperaturen gut. Weil die Jäger nicht im Schnee nach Tierspuren suchen können, sind die Rehe, Füchse und Wildschweine schwieriger auffindbar. «Dadurch haben mehr Tiere überlebt als gewöhnlich», sagt Günthart.

Wenn Schnee liegt, machen sich Rehe an frische Triebe heran, was junge Bäume erheblich beschädigt. Aktuell müssen die Rehe nicht auf diese Nahrungsquelle ausweichen, was die Förster freuen dürfte. «Im Seeland haben wir eine gute Rehpopulation», sagt Günthart. Die Region stehe wegen der vielen Bissschäden gar unter Beobachtung und es dürfen mehr Tiere abgeschossen werden als anderswo.

Vom aktuellen Winter profitieren auch die Wildschweine. «Die Wärme ist gut für ihre Fruchtbarkeit», sagt Günthart. Und schlecht für die Landwirte. Denn: Die Wildschweine neigen dazu, die Felder der Bauern zu beschädigen. Die Gefahr vergrössert sich, wenn mehr Wildschweine und ihre Jungen den Winter überstehen.

Im Seeland gibt es kaum Tiere, die den Winter schlafend verbringen. Günthart erwähnt den Dachs, der sich jetzt im Winterschlaf befinde. «Wenn es warm ist, kommt er ab und zu aus seinem Bau heraus, um danach weiterzuschlafen. Das schadet den Tieren nicht.»

Für sich persönlich und seine Tätigkeit als Jäger würde Kurt Günthart einen kalten Winter bevorzugen, unter anderem, «weil man dann besser auf Fuchsjagd gehen kann».


Wärme weckt die Igel

Im Tierheim Aarebrüggli in Grenchen wurden heuer weniger pflegebedürftige Igel vorbeigebracht. «Den Igeln geht es gut, da im Sommer schon ein breites Nahrungsangebot vorhanden war», sagt der Geschäftsführer Ivan Schmid.

In die Igelstation werden nur die wirklich kranken Tiere aufgenommen und den Winter über aufgepäppelt. «Ein gesunder Igel gehört nicht in Menschenhände», erklärt Schmid den Grundsatz des Tierheims. So werden viele vorbeigebrachte Igel nur kurz gegen Parasiten behandelt und anschliessend wieder in die Freiheit entlassen. Bei Unsicherheiten im Umgang mit aufgefundenen Igeln könne man sich immer an das Tierheim wenden und das Tier wenn nötig auch zur Kontrolle vorbeibringen.

Warme Winter haben grundsätzlich eher negative Auswirkungen auf die Igel. Denn die Wärme kann die kleinen Säugetiere aus ihrem Winterschlaf wecken, was sie viel Energie kostet. «Klimaschwankungen sind für die Igel alles andere als förderlich», sagt Schmid. Ist es nämlich permanent kalt, kann der Insektenfresser ohne Probleme in seinem geschützten Nest den Winter verschlafen.

Stichwörter: Winter, Tiere, Maus, Igel, Reh, Wildschwein

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