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Erlach

Nach Zülli-Rücktritt wittern die anderen Parteien Morgenluft

Bei den Gesamterneuerungswahlen in Erlach buhlen drei Bisherige und sieben Neue um die sieben Sitze in der Exekutive. Wofür stehen FDP, Pro Erlach, SVP oder SP im Stedtli konkret ein?

In Erlach stehen am 7. November Gesamterneuerungswahlen an. Olivier Gresset/a

Beat Kuhn

Nicht weniger als vier Mitglieder des Erlacher Gemeinderates treten zur Urnenwahl vom 7. November nicht mehr an: Martin Zülli (SVP) gibt das Gemeindepräsidium aus persönlichen Gründen ab. Denselben Rücktrittsgrund nennt Stefan Tschannen (Pro Erlach). Anna-Leena Marti (SP) kandidiert aus beruflichen Gründen nicht mehr. Und Dean Bruckdorfer (FDP) muss wegen der Amtszeitbeschränkung auf acht Jahre als Gemeinderat aufhören – kandidiert aber für das Präsidium (siehe Zweittext). Insbesondere wegen Züllis Rücktritt kandidieren nun gleich zehn Personen für die sieben Sitze im Rat.

FDP strebt dritten Sitz an
Bei der FDP (Liste eins) kann Hanspeter Gerber als Bisheriger antreten, weil er im Frühjahr die Nachfolge von Fredy Faul (SVP) angetreten hat. Der 57-jährige Wirtschaftsprüfer ist verheiratet und Vater von drei Töchtern. Neu treten Walter Portillo und die parteilose Jeanine Huber-Wegmüller an. Der ebenfalls 57-jährige Portillo ist geschieden und hat einen Sohn, beruflich ist er in der traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und als Psychologe tätig. Die 38-jährige Huber ist verheiratet und arbeitet als Treuhandexpertin.

Laut Parteipräsidentin Eveline Gugger Bruckdorfer will die FDP zusätzlich zu ihren zwei Sitzen mit dem Gemeindepräsidium einen dritten Sitz erobern. Bis Ende Februar war die Partei nur mit einem Gemeinderat in der Exekutive vertreten, Dean Bruckdorfer. Seit Anfang März hat sie mit Hanspeter Gerber aber einen zweiten, weil die SVP für den zurückgetretenen Fredy Faul keinen Nachfolger gefunden hatte.

Auf die Frage, warum man die FDP wählen solle, nennt Gugger als Erstes das grosse Engagement sowie die gute Vernetzung der Kandidierenden: Gerber sei im Skiklub und im Turnverein, Portillo im Kirchgemeinderat und Huber im Tourismusverein. In der kommenden Amtsperiode werde sich die Partei unter anderem einsetzen für eine Tourismusstrategie, für ein Parkleitsystem, für eine Temporeduktion im Stedtli, für eine Vermittlungs- und Anlaufstelle zur Standortförderung im Gewerbe, für die Umsetzung des Entsorgungskonzeptes samt Kunststoffsammlung sowie für den Ausbau der Online-Gemeindeleistungen.

Pro Erlach zusammen mit SP
Auch die lokale Gruppierung Pro Erlach (Liste zwei) peilt drei Sitze an, von denen einer das Gemeindepräsidium sein soll. Für die Nachfolge von Stefan Tschannen kandidieren die 66-jährige Silvia Berri, welche Coach und ehemalige Verbandsfunktionärin ist, der 31-jährige Historiker und Politikwissenschaftler Janosch Fischer sowie die 53-jährige Kauffrau Claudia Bingisser, die verheiratet ist und eine erwachsene Tochter hat. Pro Erlach wird von Präsident Jürg Bingisser als «Ortspartei für Erlach» bezeichnet, deren Mitglieder sich in der Gemeinde politisch engagieren wollen, ohne einer Partei beizutreten. Pro Erlach ist eine Listenverbindung mit der SP eingegangen.

Warum soll man Pro Erlach wählen? Noch besteht laut Bingisser ein nahezu vollständiges Angebot an Gütern des täglichen Bedarfs, doch stehen altershalber Ladenschliessungen bevor. «Hier braucht es gemeinsam mit allen Gewerbetreibenden Lösungen, um die Lebendigkeit und Lebensqualität des Stedtli zu erhalten.» Nachdem bisher kein Alters- und Pflegeheim habe realisiert werden können, wolle sich Pro Erlach dafür einsetzen, dass sobald wie möglich wenigstens eine Pflegewohnung mit acht bis zehn Plätzen eingerichtet werde, wie etwa in Gals. Bei der Abfallentsorgung setze man sich für eine Lösung mit zusätzlichen Sammelmöglichkeiten für Papier und Karton sowie Plastik ein. Und auch das Fernwärmeprojekt, das unter anderem für die Liegenschaften von Kanton und Gemeinde geplant sei, sei Pro Erlach wichtig.

SVP ohne Ambitionen
Die SVP (Liste drei), welche die Exekutive in der zu Ende gehenden Amtszeit mit vier Amtsträgern inklusive Präsidium dominiert hat, ist bescheiden: Sie ist zufrieden, wenn die Bisherigen Peter Hürzeler, Jahrgang 1961, und Stephan Kaltenrieder, Jahrgang 1969, «eine weitere Legislaturperiode Gemeinderäte bleiben», so Parteisprecher Gil Marolf.
Hürzeler ist beruflich im Support für Gebäudeleitsysteme tätig, Kaltenrieder, der verheiratet ist und drei Kinder hat, arbeitet als Instruktor bei der Kantonspolizei Bern. Dieses Jahr ist die Sektion Erlach der SVP Jolimont beigetreten, die ein Zusammenschluss der vormaligen Sektionen Gals, Gampelen, Tschugg, Vinelz, Lüscherz und neu eben Erlach ist. Auf die Frage, warum man die SVP wählen solle, fordert Marolf dazu auf, den beiden bereits bekannten Gemeinderäten weiterhin zu vertrauen. Und sonst? «Wir setzen uns ein für Wohn- und Lebensqualität, für die Förderung des lokalen Gewerbes sowie für sanfte Tourismus-Qualität vor Quantität.»

SP will linkes Angebot vergrössern
Albert Liebl, der Parteipräsident der SP (Liste vier), macht geltend, dass das Wahlverhalten und die Abstimmungsresultate in Erlach mehr jenen in Bern und Biel als jenen der ländlichen Gemeinden in der Umgebung gleichen. «Diesen Wählerinnen und Wählern möchten wir ein Angebot machen, sich in der Exekutive vertreten zu sehen.» Konkret will die Partei nicht nur den Sitz von Anna-Leena Marti verteidigen, sondern einen zweiten hinzugewinnen. Dafür tritt sie mit Erika Gobet und Bernd Somalvico an. Die 57-jährige Mutter von zwei Kindern ist promovierte Biologin und in der Klimafolgen-Forschung tätig. Der 52-jährige Vater von zwei erwachsenen Kindern, der seit 30 Jahren im Konkubinat lebt, ist als Zimmermann und Kulturschaffender tätig sowie neu in Teilzeit als Buschauffeur bei Bernmobil.

Wählen solle man die SP, weil sie Wohnen im Alter, eine Immobilienstrategie, die Entsorgung und die Umstellung auf erneuerbare Energien voranbringen wolle, so Liebl. Auch wolle sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter unterstützen. Und schliesslich werde es darum gehen, strategische Überlegungen zu den Themen Tourismus und bezahlbarer Wohnraum zu konkretisieren.



ZWEITTEXT

Das Gemeindepräsidium geht von der SVP an Pro Erlach oder die FDP

Um die Nachfolge von Martin Zülli (SVP) als Gemeindepräsident bewerben sich Petra Frommert (Pro Erlach) und Dean Bruckdorfer (FDP). Die 67-jährige Petra Frommert ist Diplompädagogin und hat zwei erwachsene Töchter. Sie hat der Exekutive schon einmal acht Jahre angehört – davon vier als Vizepräsidentin – und war 2018 die Gegenkandidatin von Zülli. Als Gemeinderätin hat sie den Regionalen Sozialdienst für 15 Gemeinden aufgebaut und war Präsidentin der Regionalen Sozial- und Vormundschaftskommission. Auch war sie Gründungsmitglied von Kita und Tagesschule und hat lange im Vorstand dieser Institution mitgearbeitet. Aktuell ist sie Mitglied der Arbeitsgruppe Liegenschaftsstrategie der Gemeinde. Aus ihrer Tätigkeit als Geschäftsleiterin bringt sie berufliche Führungserfahrung mit. «Sie hat die Fähigkeit, gemeinsam mit allen Beteiligten Projekte speditiv umzusetzen», lobt Parteipräsident Jürg Bingisser die Kandidatin. Auch seien ihr, umfassende Information und Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger wichtig.

Der 66-jährige Dean Bruckdorfer ist gelernter Küchenchef, verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Im Falle seiner Wahl werde es eine Intensivierung der Zusammenarbeit im Gemeinderat geben, verspricht seine Partei. Und da er die letzten acht Jahre im Rat gewesen sei, kenne er die aktuellen rechtlichen Grundlagen, die laufenden Projekte und die Anforderungen an ein gutes Funktionieren des Gremiums. Als ehemaliger Lädeler in Erlach – «Deans Fishing Shop» – kenne er zudem die Sorgen und Nöte der Erlacherinnen und Erlacher, sei zupackend, entscheidungsfreudig und ein Teamplayer. Er sei im Stedtli präsent, ansprechbar, finde den Draht zu allen Menschen und könne gut zuhören.

Stichwörter: Erlach, Wahlen

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