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Papa-Urlaub: Muri spart, 
Bern und Biel sind spendabel

Da 26 Tage Ferien pro Jahr, dort nur 20. Hier 20 Tage Vaterschaftsurlaub, da nur deren 2. 
Auf Berner Gemeindeverwaltungen herrschen längst nicht überall die gleichen Anstellungsbedingungen.

Symbolbild: Keystone

Christoph Albrecht

Es ist ein altes Vorurteil, das sich hartnäckig hält: Wer auf der Verwaltung arbeitet, der schiebe eine ruhige Kugel, sei ein Schöggeler. Das Klischee ist nicht eben schmeichelhaft für Gemeindeangestellte – und basiert wohl auch auf einem gewissen Neid ihnen gegenüber. Nur: Steckt dahinter tatsächlich ein Funken Wahrheit?

Nicht unbedingt, wie eine Analyse dieser Zeitung zeigt. Sie hat bei den 30 grössten Gemeinden im Kanton Bern den jeweiligen Anspruch der Mitarbeitenden auf Ferien, Mutter- und Vaterschaftsurlaub unter die Lupe genommen. Das Resultat: Auf den Berner Gemeindeverwaltungen unterscheiden sich die Anstellungsbedingungen in Bezug auf die gewährten freien Tage teilweise stark voneinander.

Muri geizt mit nur
vier Wochen Ferien
In Sachen Ferien stellt sich die Gemeinde Muri als besonders knausrig heraus. 20 Tage pro Jahr erhalten dort Mitarbeitende zwischen dem 20. und dem 50. Lebensjahr. Das Ferienkontingent entspricht gerade einmal dem gesetzlichen Minimum. Die meisten anderen Gemeinden orientieren sich dagegen an der Handhabung des Kantons – und somit nach oben. Dort erhalten Angestellte pro Jahr 25 Tage Ferien.

Eine der untersuchten Gemeinden gönnt ihren Mitarbeitenden sogar noch einen Tag mehr Erholung: In Köniz gibt es 26 Ferientage. Die vermeintliche Grosszügigkeit des Berner Spitzenreiters entpuppt sich im schweizweiten Vergleich allerdings nur als durchschnittlich. Laut Bundesamt für Statistik beträgt der Ferienanspruch von Arbeitnehmenden in der öffentlichen Verwaltung in der Schweiz im Mittel 5,2 Ferienwochen und somit ebenfalls um die 26 Tage pro Jahr.

Allerdings: Bei der Erhebung des Bundes wurde der durchschnittliche Ferienanspruch aller Verwaltungsangestellten im Alter von 16 bis 64 Jahren berechnet. Tatsächlich gibt es hier – auch bei den untersuchten Berner Gemeinden – teilweise grosse Unterschiede. In der Regel erhalten Mitarbeitende unter 20 sowie solche über 50 Jahren einige Ferientage mehr. Für die Analyse hat sich diese Zeitung der Einfachheit halber auf den Ferienanspruch von Angestellten zwischen 20 und 50 Jahren beschränkt.

Keine grossen Unterschiede beim Mutterschaftsurlaub
Ausgeglichen zeigt sich die Situation bei den grössten Berner Gemeinden punkto Mutterschaftsurlaub. Die grosse Mehrheit aller Verwaltungen gewährt frischgebackenen Müttern 16 Wochen bei voller Lohnfortzahlung. Nur 5 der 30 angefragten Gemeinden sind etwas weniger spendabel und stützen sich auf das gesetzliche Minimum. Dieses sieht 14 Wochen Mutterschaftsurlaub vor, wobei nur 80 Prozent des bisherigen Lohnes fortgezahlt werden.

Auch hier sticht die Gemeinde Köniz heraus – diesmal mit einer besonderen Regelung. Bekommt eine Verwaltungsangestellte in ihrem ersten Anstellungsjahr auf der Gemeinde ein Kind, wird sie gewissermassen dafür bestraft und erhält nur das gesetzliche Minimum von 14 Wochen und 80 Prozent Lohnfortzahlung. Wird die Angestellte hingegen erst ab ihrem zweiten Anstellungsjahr Mutter, verbessern sich die Bedingungen deutlich. Sie erhält dann 17 Wochen Urlaub bei vollem Lohn.

Bern und Biel für Väter top, Muri auch hier flop
Die weitaus grössten Unterschiede zwischen den Gemeinden offenbaren sich beim Vaterschaftsurlaub. Hier folgen die meisten zwar ebenfalls dem Personalreglement des Kantons, das für werdende Väter 10 bezahlte Tage vorsieht. Einige Gemeinden bieten hier jedoch deutlich weniger respektive deutlich mehr. Grosszügig präsentieren sich insbesondere die beiden grossen Städte Bern und Biel. Beide gewähren 20 Tage Vaterschaftsurlaub und somit so viel, wie es eine aktuelle Volksinitiative in gesetzlich festgeschriebener Form ­fordert.

Heute gibt es in der Schweiz keine gesetzliche Regelung für einen Vaterschaftsurlaub. Vaterschaft wird gleich gehandhabt wie ein Wohnungswechsel: Im Rahmen der sogenannten üblichen freien Tagen und Stunden gemäss Obligationenrecht wird frischgebackenen Vätern üblicherweise mindestens ein freier Tag gewährt. Dieses absolute Minimum gilt zwar bei keiner der untersuchten Berner Gemeinden. Mit gerade einmal 2 Tagen Vaterschaftsurlaub zeigen sich aber dennoch ein paar Gemeinden nicht eben spendabel. Es sind dies Herzogenbuchsee, Moutier, Wohlen und – wie schon bei den Ferien – Muri.

Personalreglement 
aus dem Jahr 1996
Die vergleichsweise schlechten Anstellungsbedingungen auf Muris Verwaltung – zumindest in Bezug auf gewährte freie Tage – geben in der als steuergünstig bekannten Gemeinde derzeit durchaus zu reden. In einem aktuellen Vorstoss kritisieren Muris Linksparteien die Regelung als «unattraktiv» und «nicht sehr zeitgemäss». Die Gemeinde selber verweist derweil darauf, dass sie das von 1996 stammende Personalreglement demnächst revidieren will und dabei auch punkto Urlaub Änderungen nicht ausschliesst. «Wir haben da einen gewissen Anpassungsbedarf», sagt die Gemeindeschreiberin Karin Pulfer auf Anfrage knapp.

Gerne hätte diese Zeitung Muris Gemeindepräsident Thomas Hanke (FDP) persönlich mit dem schlechten Abschneiden seiner Gemeinde konfrontiert. Das war aber nicht möglich. Der Grund: Hanke weilt gerade in den Ferien.

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