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Strafvollzug

Personal unter Druck

Während die Zahl der Häftlinge in den Seeländer Gefängnissen steigt, fehlt es an genügend Mitarbeitern. Gefängnisse können deshalb ihre Aufgaben nur ungenügend erfüllen.

Foto: Tanja Lander

Der Personalbestand im Amt für Freiheitsentzug und Betreuung im Kanton Bern liegt aktuell um 50 Vollzeitstellen zu tief. Dies ist im Jahresbericht 2012 des Amtes zu lesen. Dies sei bedenklich, heisst es da – und angesichts des kantonalen Stellenmoratoriums auch gefährlich.  


Einsatz an freien Tagen
Auch in den Seeländer Gefängnissen ist das Personal knapp. Gleichzeitig steigt die Zahl der Häftlinge. Etwa im Regionalgefängnis Biel. Dort ist die Lage prekär. Direktor Bruno Graf sagt: «Die einzelnen Mitarbeiter leisten sehr viel Überzeit, die sie später nicht abbauen können.» Weil die Sicherheit an oberster Stelle stehe, müsse Personal nicht selten auch aus einem freien Tag abberufen werden. Gleichzeitig war man hier in den letzten drei Monaten mit Insassen stark überbelegt: Drei Betten in einer Zelle waren keine Seltenheit. «Das ist heikel und nervenaufreibend», sagt Graf. Sowohl für das Personal wie auch für die Gefangenen. Zweieinhalb Stellen von knapp 22 fehlen im Regionalgefängnis. Nötig wären sie für die Schaffung eines Gesundheitsdienstes. Ein Dienst, der eigentlich in jedem Gefängnis dazu gehört und unter anderem für die Medikation der Insassen wichtig ist. «Ohne einen Gesundheitsdienst halten wir die Standards nicht ein», sagt Bruno Graf.
Im Regionalgefängnis fehlt zudem die Zeit, um bestimmte Abklärungen durchzuführen. Vielleicht hat ein Insasse Anrecht auf Sozialgeld, doch niemand kann das klären. Er erhält also kein Geld, um sich Grundbedürfnisse wie den Kauf von Socken oder Zahnpasta zu erfüllen.
Wegen fehlender Zeit kommt es laut Graf auch vor, dass ein Insasse entlassen wird, ohne dass er weiss, wo er nun wohnen wird. «Einfach, weil dem Personal die Zeit fehlt, um dem Insassen ein Domizil zu suchen.»


Es fehlen 14 Mitarbeiter
Auch im Massnahmenzentrum St. Johannsen läuft man personell am Limit, wie Direktor Manfred Stuber sagt. Schon länger fehlen hier 14 Vollzeitstellen (das BT berichtete). «Die Belastung ist deswegen bei den Mitarbeitern sehr hoch», sagt er. Gibt es Unregelmässigkeiten, werde es schwierig. «Wenn etwa einer der Mitarbeiter krank wird, steigt der Druck auf die Einzelnen», sagt Stuber, der nicht damit rechnet, dass der Kanton dieses oder nächstes Jahr Stellen für St. Johannsen spricht. «Die Frage ist, wie lange wir unter dieser Belastung noch arbeiten können.»  
Allerdings kommt es laut Stuber in St. Johannsen wegen der Personalknappheit nicht zu Fehleinschätzungen. Man habe noch Zeit, bei der Aufnahme eines neuen Insassen eine entsprechende Klassierung vorzunehmen.
Der Direktor der offenen Anstalt Witzwil, Hans-Rudolf Schwarz, ist der einzige Gefängnisdirektor im Seeland, der nicht dringend mehr Personal braucht, wie er sagt. «Lieber hätte ich teilweise andere Gefangene», sagt er. In Witzwil sind 184 erwachsene Männer inhaftiert.
Weil die Regionalgefängnisse im Kanton überlastet sind, werden manchmal Gefangene nach Witzwil verlegt, die eigentlich nicht dorthin gehören. Laut Schwarz Gefangene, die nur kurze Strafen verbüssen, illegale Aufenthalter sind und schon mehrfach inhaftiert waren. «Für diese Leute hätte ein kurzer Aufenthalt in einem geschlossenen Gefängnis eine heilendere Wirkung», so Schwarz.
Einige seien nämlich arbeitsscheu oder gar «unverbesserlich». Diese Leute brächten eigentlich keine Voraussetzungen für den offenen Vollzug mit. In Witzwil müssen sie aber etwa für die Arbeit auf dem Feld angelernt werden. «Je arbeitsscheuer ein Gefangener ist und je kürzer der Aufenthalt in Witzwil – desto mehr Arbeit bedeutet das natürlich für unsere Mitarbeiter», so Schwarz. «Wir schicken manchmal auch Insassen zurück in den geschlossenen Vollzug, weil sie mit dem offenen System in Witzwil überfordet sind und dann das Risiko für uns zu gross ist», so Schwarz. Wer sich nicht bewähre, müsse zurückversetzt werden.


Politisch ein Thema
Auch politisch ist der Personalmangel in den Gefängnissen des Kantons Thema: In der Fragestunde des Grossen Rates Anfang Juni wollte EVP-Grossrat Ruedi Löffel-Wenger (Münchenbuchsee) von Polizeidirektor und Regierungsrat Hans-Jürg Käser (FDP) wissen, welches denn die Gefahren seien, die sich aus der Personalknappheit ergeben. Käser antwortete, dass die Aufgaben in den Gefängnissen nur ungenügend erfüllt werden können. «Damit steigen die Risiken für negative Vollzugsereignisse – und für Fehleinweisungen», so Käser.
Zu wenig Personal könne auch teuer sein: etwa wegen längerer Haftstrafen. Wenn jemand eine Therapie nicht rechtzeitig beginnen kann, weil es in einem Gefängnis schlicht zu wenig Therapeuten gibt.

Kommentare

faktus

"...während die Zahl der Häftlinge in den Seeländer Gefängnissen steigt, fehlt es an genügend Mitarbeitern...!" (Zitatende) Der ganze Bericht ist ein blosses "Gejammer" über das fehlende Personal, die oft schwierigen Situationen mit den überfüllten Zimmer und das oftmals aggressive Verhalten der "Insassen"! - Es wäre längst überfällig, einmal von den Ursachen, der immer mehr zu "betreuenden" Faganten in den Gefängnissen zu reden und zu schreiben! Die Gründe werden weiterhin selbstverständlich tabuisiert! Die Betreung der "feinen Leuten in den Kisten", gleicht immer mehr einem "Wellnesszenter, einer Psychiatrie-Station oder einem Freizeit- und Spielzenter! Der Schengenvertrag (offene Grenzen) und die unglaublich large und unkontrollierte Einwanderungs- und Asylpolitik und dazu die Kuscheljustiz der Schweiz, die alles tut, um ja nie einem Straftäter "Menschenrechtsverletzungen" zuzufügen, erzeugen personalintensive und kostspielige Massnahmen! Diese elementaren Fakten und Ursachen, der überfüllten Gefängnisse, bleiben in den Medien weiterhin völlig tabu!


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