Sie sind hier

Abo

Rübenkampagne

Rübenbauern sehen es weniger süss

Es ist wieder soweit: in den nächsten Monaten werden die Rüben von 2450 Feldern nach Aarberg in die Zuckerfabrik gefahren. Für Rübenpflanzer hat die Kampagne einen bitteren Beigeschmack.

Rübenkampagne: Der Weg der Zuckerrübe aus der Region ins Regal (Illustration: Tiphaine Allemann Quelle: Rübenring - Genossenschaft für einen wirtschaftlichen Rübenverlad, Website der Schweizer Zucker AG)

von Vittoria Burgunder

 

Schweizer Konsumenten legen grossen Wert darauf, dass der Zucker in ihrer Schokolade aus der Schweiz kommt. Auch der Kristallzucker im Regal muss für Viele von hier sein. Sprich: die Nachfrage nach Schweizer Zucker ist hoch. Entsprechend froh ist die Schweizer Zucker AG, dass sie dieser mit einem voraussichtlich gerechten Angebot antworten kann. Es scheint nämlich, dass die diesjährige Rübenkampagne besser ist als die letzte: «Wir sind optimistisch, eine mittlere bis sogar recht gute Ernte einzufahren», sagt Guido Stäger, CEO der Schweizer Zucker AG.

Klar ist, dass die Versorgung mit Schweizer Zucker langfristig nach wie vor knapp bleibt. Die Stimmung in der Branche ist angespannt. Um genügend Schweizer Zucker produzieren zu können, möchte sie die Anbaufläche für Zuckerrüben in der Schweiz um 1000 Hektaren vergrössern. «Wir suchen deshalb Pflanzer, die nächstes Jahr mehr Rüben anbauen», sagt Stäger.

Bittere Preise
Das klingt einfacher, als es ist. Die Motivation der Landwirte für den Rübenanbau ist nicht sonderlich hoch. Der Zuckerpreis in der Schweiz richtet sich nach dem der Europäischen Union (EU) aus. Dieser ist im letzten Jahr nach kurzer Steigung wieder gesunken, da eine grosse Ernte erwartet wurde. «Wir rechnen deshalb in den nächsten sechs Monaten eher mit tiefen Preisen», sagt Stäger. Das schmerzt dem Portemonnaie der Rübenbauern.

Der Grundpreis für Rübenpflanzer liegt bei etwa 39 Franken pro Tonne. Momentan schützt beim Import lediglich eine Grenzabgabe von neun Franken pro 100 Kilogramm Zucker die Schweizer Produzenten vor der Weltmarktkonkurrenz. Daher ist der Marktdruck für heimische Rübenpflanzer hoch.

Landwirt Reto Kramer aus Kallnach beispielsweise pflanzt unter anderem 1,5 Hektaren Zuckerrüben und fährt während der Kampagne zwischen sieben und zehn mal am Tag mit 15 Tonnen Rüben im Anhänger nach Aarberg zur Zuckerfabrik. Für ihn ist der Druck auf dem Zuckerrübenmarkt langsam nicht mehr tragbar: «Ohne Subventionen könnte ich das nicht mehr machen.»

Tiefe Preise zwingen Landwirte zur Senkung von Produktionskosten. Dann werde eben weniger gegen Unkraut gespritzt und man spare in der Bodenbearbeitung, damit mehr Benzin übrig bleibt, sagt Kramer. Man wisse kaum noch, wo sparen. Es wäre ein reellerer Markt, wenn die Subventionen tiefer, der Preis der Rüben dafür höher wäre, sagt Kramer. Die direkte Unterstützung der Zuckerrübenproduktion des Bundes beträgt momentan 1800 Franken pro Hektare. Das sind 200 Franken mehr als im Jahr 2015.

Der pensionierte Landwirt Paul Schaad aus Lengnau pflanzte bis zum letzten Jahr auf seinem Betrieb über zehn Hektaren Zuckerrüben an. «Man verdiente aber kaum noch», sagt er. Seit Donnerstag ist er für andere Landwirte mit dem Traktor zwischen deren Rübenfeldern und der Zuckerfabrik Aarberg unterwegs. Die Kampagne dauert so lange, bis es keine Rüben mehr zu transportieren gibt. «Das kann bis Neujahr dauern», sagt Schaad.

Zuckergehalt noch unklar
Zusätzlich bereiten den Zuckerproduzenten und Rübenpflanzern Flecken auf den Blättern der süssen Wurzel Sorgen. Die Kampagne wird zeigen, ob die Blattkrankheit den Zuckergehalt der Knollen beeinträchtigt und somit auch die Zuckermenge verkleinert. «Gewichtmässig sieht es besser aus als in den letzten Jahren, zuckermässig vielleicht aber nicht», sagt Kramer.

Die Schweizer Zucker AG versucht darum, trotz tiefer Zuckerpreise bei den Rüben den Preis möglichst konstant zu halten, wie Stäger sagt. Die doch recht gute Ernte ist wenigstens ein kleiner Trost für die Rübenpflanzer. Denn: «Nächstes Jahr wird es wegen den tiefen Zucker-Importpreisen kaum möglich sein, den Rübenpreis zu erhöhen.»

Europa liberalisiert Zucker
Am heutigen Tag hebt die EU die Zuckerquoten auf. Sprich, ab morgen liberalisiert die EU ihren Zuckermarkt. Laut dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) wird eine Angleichung des EU-Zuckerpreises an den Weltmarktpreis erwartet. Die Zuckerrübenproduktion wird sich ausserdem auf die wettbewerbsfähigsten Regionen der EU konzentrieren. «Es werden ein Anstieg der Zuckerproduktion und stetige Exporte von europäischem Zucker erwartet», sagt Jürg Jordi vom BLW.

Damit die Rübenpflanzer und die Zuckerfabriken in der Schweiz ihren Marktanteil nicht verlieren, müssen sie auf den Mehrwert der Schweizer Herkunft des Zuckers setzten. Wichtig sind daher treue Kunden. Solche, die beim Einkauf im Regal auf Lebensmittel mit Schweizer Zucker zugehen und dafür gerne einen entsprechenden Preis bezahlen.

Nachrichten zu Seeland »