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Lyss

Schulhaus liegt nun in Volkes Händen

Gestern hat das Lysser Parlament dem Millionenkredit für die Sanierung des Schulhauses Stegmatt zugestimmt. Im Gegensatz zum Auftritt der Klimademonstranten kam dieser Entscheid nicht überraschend. Im Herbst entscheidet das Volk.

Bild: bt/a

Hannah Frei

Erneut sprach das Lysser Parlament gestern Abend einen hohen Kredit für eines ihrer drei grossen Schulhäuser: 24,1 Millionen Franken für die Sanierung des Schulhauses Stegmatt. Ein denkmalgeschütztes Gebäude, das in den 50er-Jahren erbaut und seither kaum saniert wurde. Zusammen mit den 16,4 Millionen Franken für die Sanierung des Schulhauses Grentschel will die Gemeinde über 40 Millionen Franken innert eines Jahres in ihre Schulhäuser investieren.

Kritik am Projekt ist fast verflogen
Fast einstimmig wurde dem StegmattKredit zugestimmt, lediglich zwei Parlamentarier aus der Fraktion GLP stimmten dagegen. Noch vor einem Jahr war es die SVP, die Kritik an diesem Projekt äusserte. Die Fraktion befürchtete, dass die Sanierung zu einem Luxusprojekt würde, wie Fraktionspräsident Urs Köchli damals gegenüber dem BT sagte. Diese Befürchtungen scheinen sich inzwischen jedoch in Luft aufgelöst zu haben. So sagte gestern Eduard Eggli (SVP): «Das Projekt ist sehr gut geplant und ausgearbeitet. Deshalb unterstützen wir es.»

Dem stimmte auch die linke Fraktion SP/Grüne zu. Co-Fraktionspräsidentin Katrin Meister hob das Preis-LeistungsVerhältnis bei diesem Projekt hervor - obwohl es sich um eine 24-Millionen-Franken-Investition handle und aufgrund des Denkmalschutzes im Innenbereich der Schule bei der Sanierung nur wenig Spielraum bestünde. Doch Meister ist überzeugt: «Es ist kein Luxus-Bau, aber die Qualität soll derjenigen eines Neubaus entsprechen.»

Wenn die Stimmbevölkerung im Oktober den Sanierungskredit gutheisst, sollen die Arbeiten im März 2020 beginnen (siehe BT vom Samstag).

Klima-Demonstranten vor dem Saal
Kurz vor Beginn der GGR-Sitzung standen plötzlich ungewöhnlich viele junge Leute vor dem Eingang des Hotel-Restaurants Weisses Kreuz, wo die Parlamentssitzungen jeweils stattfinden. 13 Personen demonstrierten mit Karton-Schildern und Transparenten für die Motion der Fraktionen SP/Grüne und GLP – unter ihnen auch das ehemalige Parlamentsmitglied Vinzenz Binggeli (SP). «Our world, not your business», war auf einem der Plakate zu lesen. Damit forderten sie die GGR-Mitglieder dazu auf, die Motion der GLP und SP/Grüne als erheblich zu erklären – der Gemeinderat empfahl, sie abzulehnen.

Die Motion forderte ein kommunales Klimareglement, das unter anderem politische Massnahmen beinhalten sollte, um das Pariser Klimaabkommen, bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen. Zudem sollten darin konkrete Zwischenziele festgelegt werden und insbesondere eine Minimierung der indirekten CO2-Emissionen auf Lysser Gemeindegebiet beinhalten. Der Gemeinderat will jedoch auf ein solches Klimareglement verzichten. Die Gemeinde sei als Energiestadt mit 66 von 100 möglichen Punkten und dem Richtplan Energie, der nun auf Busswil ausgeweitet werden soll, bereits auf gutem Wege, die nationalen Forderungen zu unterstützen, so Gemeinderat Rolf Christen (BDP). «Wir wollen daran arbeiten, Schritt für Schritt mehr Punkte des Klimalabels zu erfüllen», sagte er. Aber ein Klimareglement auf kommunaler Ebene mache wenig Sinn. Vielmehr müsse dies auf nationaler und kantonaler Ebene erfolgen.

GLP und SP/Grüne sind enttäuscht
Dem widersprach unter anderem Markus Bütikofer (SP). Die Antwort des Gemeinderats sei viel zu bürgerlich. «Sie widerspiegelt die Klimapolitik auf nationaler Ebene.» Es müsse jetzt gehandelt werden, um alles Mögliche gegen den Klimawandel zu tun.

Und auch Co-Fraktionspräsident SP/Grüne Lorenz Eugster äusserte seinen Unmut über die Entscheidung des Gemeinderats: «Es wäre eine Chance, um als Gemeinde ein Zeichen zu setzen. Ich bitte euch, ein wenig mutig zu sein.»

Dem wiederum widersprach der Freisinnige Anton Clerc: «Ein Reglement setzt kein Klimaabkommen um. Vielmehr zählt das Handeln jedes Einzelnen.» Er müsse zwar zugeben, dass Lyss noch mehr fürs Klima tun könnte. Aber dafür brauche die Gemeinde kein Klimareglement, sondern sollte weiterhin am Klimalabel arbeiten und dieses ausbauen.

Reglement kommt nicht durch
Die kleine Demonstration vor dem Parlament zeigte jedoch nicht genügend Wirkung, um die Mitglieder des Grossen Gemeinderats von einem Klimareglement zu überzeugen: Mit 20 Ja-Stimmen zu 12 Nein-Stimmen wurde der Antrag des Gemeinderats, die Motion abzulehnen, angenommen.

Aus den Zuschauerreihen war ein Raunen zu hören – die anwesenden Demonstranten haben verloren, zumindest vorerst. Denn nach der Abstimmung reichte Markus Bütikofer (SP) gleich den nächsten Vorstoss ein, die Forderung, Lyss soll das Energiestadtlabel Gold anstreben. Dafür müsste die Gemeinde mindestens 75 Prozent der für sie möglichen Massnahmen umgesetzt haben. Dies betrifft hauptsächlich die Bereiche Mobilität, Entsorgung, Raumplanung und öffentliche Gebäude und Anlagen.

In Letzterem wurde gestern Abend trotz der Ablehnung der Motion einen Schritt vorwärtsgemacht: Durch die Sanierung der Stegmatt wird das gesamte Schulhaus an den Wärmeverbund Lyss-Nord angeschlossen.

Und in Hinblick auf den neuen Vorstoss ist die Klimadebatte in Lyss sicherlich noch längst nicht vom Tisch.

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