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Marina Strakhova macht bei der Fernsehshow «Der Bachelor» mit. Dabei eckte sie bei den anderen an. Doch die 25-Jährige hatte in ihrem Leben gegen mehr als nur 16 Nebenbuhlerinnen zu kämpfen.

Copyright: Barbara Héritier / Bieler Tagblatt

Interview: Hannah Hermann

Sie ist eine der 17 Frauen, die um das Herz des Bachelors Erkan Akyol kämpft: Marina Strakhova. Die Lysserin ist allerdings kein unbeschriebenes Blatt. In ihrem Heimatland Russland konnte sie bereits Erfahrungen im Fernsehen sammeln. Im Interview erzählt sie, wieso der erste Eindruck von ihr täuscht und welche Hürden sie schon meistern musste.

 

Marina Strakhova, wir treffen uns in einem Boxstudio. Was hat es damit auf sich?

Marina Strakhova: Als ich 13 war, bin ich wegen meiner Eltern in die Schweiz gezogen. Am Anfang konnte ich noch kein Wort Deutsch, deswegen wurde ich gemobbt. Die anderen in meinem Alter haben mich nicht akzeptiert. Sie sagten mir, ich solle zurück nach Russland oder richtig reden lernen. Einmal wurde mein Fahrrad zerstört. Da war der Punkt erreicht, an dem ich gesagt habe, dass sich etwas ändern muss. Ich fing mit dem Boxen an, das gab mir Sicherheit. 

 

Wie sind Sie in diesem jungen Alter mit dem Mobbing umgegangen?

In Lyss hatten mich am Anfang alle gern und auf einmal wollte niemand mehr etwas mit mir zu tun haben. Etwas, das ich nie vergessen werde: Ich bin mit meinem Hund spazieren gegangen und dabei an einem Sportplatz vorbeigekommen. Dort war alles voller beleidigender Graffitis, die sich auf mich bezogen haben. «Verpiss dich nach Russland», ist nur ein Beispiel. Ich bin weinend nach Hause gelaufen. Meine Stiefschwester hat dann die Schmierereien mit mir weggeputzt, doch sie tauchten immer wieder auf. In diesem Moment hat es bei mir Klick gemacht. Ich hatte danach mit niemandem mehr Kontakt. Innerhalb von zwei Jahren habe ich Deutsch gelernt, um den Leuten meine Meinung sagen zu können. Meine Familie hat mich dabei immer unterstützt.

 

Haben Sie je erfahren, wer für die Graffitis verantwortlich war?

Ja. Nach sechs Jahren hat jemand zu mir Kontakt aufgenommen und es mir erzählt. Es hat nie jemand an mich geglaubt. Selbst meine Lehrerin nicht. Es war schon immer mein Traum in einem Büro zu arbeiten. Die Lehrperson meinte, ich solle es in einem Nagelstudio versuchen, dort hätte ich bessere Chancen. Durch das wollte ich es umso mehr zu einer KV-Lehre schaffen und es allen beweisen. Während der Ausbildung haben immer mehr Leute, die mich damals gemobbt haben, Kontakt mit mir gesucht. Jetzt, durch die Teilnahme beim Bachelor, natürlich umso mehr.

 

Antworten Sie auf solche Nachrichten?

Nein. Ich bin nicht böse auf diese Personen. Aber ich habe kein Verlangen ihnen zu antworten oder Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Je älter ich geworden bin, desto mehr habe ich verstanden, dass man Menschen so behandeln soll, wie man selbst behandelt werden will. Ich lebe jetzt einfach mein Leben.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich beim Bachelor anzumelden?

In der Liebe hatte ich seit Längerem kein Glück mehr. Es hat nie gepasst oder war kein guter Zeitpunkt. Ich habe schon in Russland bei einer Realityshow mitgemacht, bei der es auch darum ging, die Liebe zu finden. Dort hat es bei mir nicht geklappt. Als ich wieder zurückkam, dachte ich: Man kann nie wissen, wo man seine grosse Liebe findet. Sei es im Internet, draussen oder in einem Café. Ich dachte mir, dass sich beim Bachelor nur jemand anmeldet, der es wirklich ernst meint.

 

Wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?

Über meine Teilnahme habe ich nur meine Eltern und meinen Arbeitgeber informiert. Mein Arbeitgeber hat mich unterstützt, da ich von Anfang an eine gute und engagierte Mitarbeiterin war. In der russischen Sendung habe ich mich immer von meiner besten Seite gezeigt und mir keine Skandale erlaubt. Meine Eltern wussten also, dass sie mir vertrauen können.

 

Sie kamen als Nachzüglerin in die Sendung. Wie haben Sie das selbst erlebt? Die Reaktionen auf Ihre Ankunft waren nicht gerade nett. Es wurde beispielsweise gesagt, dass Sie wie ein Hund vor der Tür schlafen sollen.

Jetzt, nachdem ich die dritte Folge selbst gesehen habe, kann ich die Reaktionen der Frauen nachvollziehen. Jede muss auf sich selbst schauen, schliesslich kam ich nicht in die Sendung, um Freundschaften zu schliessen. Fast alle haben sich nach einigen Tagen bei mir für die Kommentare entschuldigt.

 

Was war Ihr erster Eindruck vom Bachelor Erkan Akyol?

Bei mir kommen Männer mit orientalischen Wurzeln gut an. Ich habe vor der Sendung gesagt, dass ich sofort abbreche, falls er mir nicht gefällt. Je mehr ich Erkan kennengelernt habe, desto mehr ist mir aufgefallen, wie lieb er ist.

 

Ist es manchmal nicht unangenehm, wenn fast immer eine Kamera anwesend ist?

In der russischen Sendung waren überall Kameras, die 24 Stunden gedreht haben. Im Vergleich dazu war es beim Bachelor sehr angenehm. Es gab auch nie einen Moment, in dem ich mir gewünscht habe, dass die Kameras nicht anwesend sind.

 

In der Sendung mussten Sie sich öfters Sticheleien gefallen lassen, vor allem von Ihrer Mitstreiterin Cici.

Auch jetzt nach der Sendung redet sie immer wieder über mich. Letztendlich bin ich weitergekommen. Ich habe es einfach ignoriert, ich wollte dem gar keine Aufmerksamkeit schenken.

 

Wer bei der Show mitmacht, wird oft nur auf sein Äusseres reduziert. Stört Sie das?

Sind wir ehrlich, 99 Prozent der Männer schauen zuerst auf das Äussere. Frauen schauen vielleicht eher zuerst auf den Charakter. Ich weiss, dass ich hübsch bin, aber es ist nichts, das ich extrem ausnutze. Ich kann beispielsweise mit meinem Humor punkten.

 

Sie sind aber Influencerin mit 257 000 Followern. Meinen Sie nicht, dass Sie doch Ihr Aussehen etwas ausnutzen?

Meine Follower habe ich durch meine Ehrlichkeit bekommen. Ich kann auch über mich selbst Witze machen. Ich glaube, die Mischung macht es aus: das Aussehen, der Charakter und die Direktheit. Ich habe durch eine allergische Reaktion auf eine Brustoperation 20 Kilogramm zugenommen. Auch in solchen Situationen habe ich mich im Internet gezeigt. Darauf habe ich viele positive Reaktionen erhalten.

 

Haben Sie mit dem Gedanken gespielt, aufgrund Ihrer Gewichtszunahme nicht beim Bachelor mitzumachen?

Definitiv. Es gab einen Moment, in dem ich gesagt habe, dass ich abbreche und nicht fliege. Meine Kolleginnen haben mich dann aufgebaut und mir gesagt, dass ich dem Abenteuer trotzdem eine Chance geben soll.

 

Wie viel bedeutet Ihnen Social Media?

Sehr viel, da es mein Hobby ist. Meine Follower sehen mich als eine Art Vorbild. Ich bekomme viele Nachrichten von Frauen, die mich fragen, wie ich so selbstsicher sein kann. Ich weiss, dass ich mit Social Media etwas Gutes machen kann. Ich versuche auch immer auf gewisse Projekte hinzuweisen, die meine Follower unterstützen können. Beispielsweise Spendenaktionen für kranke Kinder. Die Leute hören auf mich. Es ist meine kleine Welt, die mich gern hat, so wie ich bin. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich jedoch anders. Wenn ich etwas im Internet präsentiere, dann weil ich es wirklich unterstütze.

 

Sie mussten vor einigen Wochen eine Erfahrung mit einer Stalkerin machen. Diese ist Ihnen bei einem Wochenendausflug aufgelauert, nachdem Sie Ihren Standort online veröffentlicht hatten. Wie war das für Sie und hat sich etwas an Ihrem Umgang mit den sozialen Medien geändert?

Für mich wäre es nicht schlimm gewesen, wenn sie mir vorher geschrieben hätte, um Bescheid zu geben, dass sie kommt. Aber wie die Situation in Deutschland abgelaufen ist, war absolut nicht lustig. Auch danach hat sie mir weiterhin geschrieben, sodass ich Angst hatte, dass sie sich möglicherweise etwas antun könnte. Ich habe sie dann versucht zu beruhigen. Ich mache gerne Fotos und rede mit allen, aber meine Privatsphäre muss respektiert werden. Ich veröffentliche jetzt erst zwei, drei Stunden später im Internet, wo ich war. So kann mich keiner wieder verfolgen.

 

Zum Abschluss: Was ist denn nun Ihr Geheimnis, um selbstbewusst zu sein?

Früher war ich gar nicht selbstbewusst, das kam alles durch Erfahrungen. Man muss sich bewusst werden, dass man nur einmal lebt. Deswegen ist es wichtig, auch Rücksicht auf sich selbst zu nehmen. Wir kommen allein auf die Welt und wir sterben allein. Mache das beste aus deinem Leben. Wenn man eine positive Einstellung hat, denkt man nicht an unnötige Dinge, wie: Habe ich fünf Kilo zugenommen?

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