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Detligen

Sie sprudeln vor Ideen

Zusammen mit Räblus-Koch Marc Hänni wollen Nelly Hurni und Ursula Hirter dem Gasthof Sternen wieder neues Leben einhauchen. Gastroerfahrung haben die beiden Frauen zwar nicht – dafür jede Menge kreativer Einfälle.

Nelly Hurni, Marc Hänni und Ursula Hirter (von links) blicken gespannt der Wiedereröffnung des Sternen entgegen. Copyright Frank Nordmann/Bieler Tagblatt

von Jana Tálos

Wer von Radelfingen herkommend die Hauptstrasse hinauffährt, wird ihn kaum wieder erkennen, den Gasthof Sternen in Detligen. Wo früher dickes Gestrüpp und Bäume in die Höhe ragten, sind heute die nackten Aussenwände eines imposanten Fachwerkgebäudes zu erkennen. Erstmals lässt sich nun auch ein Blick in den grossen Saal im Anbau des Gebäudes erhaschen. Auf der Seite der Gaststube ist neben einer kleinen Terrasse ein Spielplatz zum Vorschein gekommen.

Das Restaurant hat sich aber nicht nur äusserlich verändert. Seit Juli ist die Sternen Detligen AG, die neue Trägerschaft des Gasthofs, mithilfe der Bevölkerung dabei, das Interieur des Gebäudes auf Vordermann zu bringen (das BT berichtete). Der Boden in der Gaststube wurde gelegt, die Holzbalken geschliffen und die Wände gestrichen. Nun riecht es überall nach Farbe. Bis auf den Eingangsbereich und das Säli erstrahlt alles in frischem Weiss.

Mit etwas Überredungskunst
Seit einem Monat steht nun auch fest, wer den Gasthof Sternen künftig leiten wird. Nachdem der Verwaltungsrat über Monate vergeblich nach einem Pächter suchte, kam er zum Schluss, dass die AG den Gastrobetrieb selbst führen muss. Dies, weil keiner der Kandidaten seinen Ansprüchen gerecht wurde.

Also machte er sich intern auf die Suche nach einer Geschäftsführung und wurde mithilfe von etwas Überredungskunst fündig: Nelly Hurni, die Frau von Verwaltungsratsmitglied und Gemeinderat Stefan Hurni und die in Detligen gross gewordene Ursula Hirter übernehmen die Leitung gemeinsam, Erstere zu 60, Letztere zu 40 Prozent. Beide engagierten sich von Anfang an in der Interessensgemeinschaft «Rettet den Sternen», die vor einem Jahr gegründet wurde. Hirter erledigte die Schreibarbeiten, Hurni mobilisierte die Bevölkerung.

«Ich dachte, ich helfe mit, bis die AG gegründet ist», sagt Hurni. Dass sie den Sternen irgendwann selbst führen wird, wäre ihr jedoch nie in den Sinn gekommen, obwohl die Idee schon früher einmal im Raum stand. «Im November letzten Jahres meinten einige von der IG: Nelly, das wäre doch etwas für dich», erinnert sie sich. Darauf eingegangen sei sie jedoch nicht. Erst als man sie imFrühling erneut darauf ansprach und jeder meinte, «ich traue dir das zu», habe sie sich schliesslich intensiver mit dem Gedanken auseinandergesetzt und nach einigem Hin und Her zugesagt.

«Einfach machen»
Da Hurni die Verantwortung jedoch nicht alleine stemmen wollte, kam Ursula Hirter ins Spiel. «Mit Nelly zusammen ein Restaurant zu führen, konnte ich mir gut vorstellen, obwohl weder sie noch ich Erfahrungen in diesem Bereich mitbringen», sagt Hirter. Sie selbst ist gelernte Floristin, hat später eine kaufmännische Ausbildung absolviert und ist seit zwölf Jahren bei der Kantonspolizei Bern. Hinter die Kulissen eines Gasthofs konnte die 36-Jährige bisher aber noch nicht blicken.

Ein wenig anders sieht es bei Nelly Hurni aus, obwohl auch sie noch nie in einemRestaurant oder einem Gasthof gearbeitet hat. Die 49-Jährige ist gelernte Konditorin und führte bis vor zwei Jahren eine eigene Bäckerei auf dem Hof ihres Mannes. «Dann wollte ich noch etwas Neues anfangen und habe beim Roten Kreuz einen Pflegekurs gemacht», sagt sie.

Die letzten beiden Jahre arbeitete sie in einem Altersheim in Uettligen, wo man sich, wie sie sagt, «noch Zeit für die Patienten nimmt», und sie so die zwischenmenschliche Arbeit kennenlernen durfte. «Ich hoffe, dass mir diese Erfahrungen nun auch im Sternen behilflich sein werden.» Im Moment absolviert sie im Fernstudium die Wirteprüfung.

Hirter wird sich vor allem auf die Büro- und Dekoarbeiten konzentrieren, die sie als ehemalige Floristin gerne in die Hände nimmt. «Ich denke, dass wir uns gut ergänzen», sagt sie. Den Rest würden sie dann lernen, wenn der Laden erst einmal läuft. «Einfach machen», laute ihre Devise.

Für jeden etwas dabei

Viel Unterstützung erhalten die beiden Frauen vom Küchenchef, den die AG für denSternen gewinnen konnte. Marc Hänni aus Grossaffoltern ist aktuell noch Küchenchef imRestaurant Räblus in Vingelz und hat schon in verschiedenen Gastrobetrieben gearbeitet, so etwa im Seeblick in Mörigen oder im Palace in Gstaad. Der 31-Jährige sieht im Aufbau des Restaurants eine neue Herausforderung und freut sich über die Verantwortung, die auf ihn zukommt. «Bisher war ich einfach für die Küche verantwortlich, mit dem Rest des Betriebs hatte ich nichts zu tun.»

Wie Hurni und Hirter stammt auch Hänni aus der näheren Umgebung. Er ist in Baggwil bei Seedorf aufgewachsen und kennt sowohl Hurni als auch Verwaltungsratsmitglied Martin Jaberg seit Längerem. «Ursprünglich haben sie mich als Pächter angefragt», sagt er. Das sei ihm dann aber doch eine Nummer zu gross gewesen.

Zusammen mit den beiden Frauen tüftelt Hänni nun seit einigen Wochen am Konzept, nach dem sich der Gasthof Sternen künftig richten soll. «Wir setzen auf das Motto, das auch schon bei der Gründung der IG im Vordergrund stand», sagt Hirter. Gemeint ist der Slogan, «Üse Stärne – eifach guet». Einfach und gut sollen sowohl die Küche als auch der Service sein. «Wir wollen saisonale und regionale Produkte verwenden», sagt Hurni. Das Gemüse beziehe man vom Gemüsehändler, der jede Woche mit seinem Stand ins Dorf kommt. Ein Teil des Fleisches erhalten sie von der Black-Angus-Zucht von nebenan.

Marc Hänni will vor allem auf gutbürgerliche Küche setzen. «Es soll für jeden etwas dabei sein», sagt er. Für den Büetzer am Mittag, für die Familien, für Geschäftsleute am Abend. Aber auch Wanderer und Velofahrer sollen am Nachmittag auf ihre Kosten kommen. «Wichtig ist uns, dass wir den Leuten Abwechslung bieten können und ab und zu eine Spezialitätenwoche veranstalten», sagt Ursula Hirter. Auch eine Silvesterparty und ein monatlicher Brunch seien bereits in Planung.

«Die Zeit rennt»
Viel Zeit zum Planen bleibt den Dreien nicht mehr. Am 15. Oktober soll der Sternen mit einem grossen Fest wiedereröffnet werden. «Die Zeit rennt», sagt Nelly Hurni. Aber das werde man schon irgendwie hinbekommen.

Der Rückhalt in der Bevölkerung ist jedenfalls gross: Die beiden Säle sind bereits bis im Februar gut gebucht und auch sonst seien einige Reservationen eingegangen. Noch unklar ist, was mit dem alten Gewölbekeller geschieht, den man mithilfe von Freiwilligen herausgeputzt hat. «Wir möchten ihn auch für Hochzeiten anbieten, die hier wieder vermehrt stattfinden sollen», sagt Hirter. Eine Degustation, eine Ausstellung, aber auch Firmenanlässe könnten hier stattfinden. «Wir haben noch so einige Ideen auf Lager, sind aber auch gespannt, was die Leute für Vorschläge mitbringen», sagt Hurni.

 

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