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Brasilien

Sogar die Zahnärztin trägt Grün-Gelb

Bruno Furer ist in Brasilien und braucht eine Generalüberholung: Die Zähne müssen gemacht werden, und er braucht eine Brille. Doch etwas stimmt nicht mit dem Nasenvelo.

Bild: zvg
  • Dossier

Bruno Furer

Ich sollte zum Zahnarzt. Rausputzen und Polieren ist angesagt, dabei kommt eine kleine Problemstelle zutage, die gemacht werden muss. Also mache ich einen Termin, gleichzeitig werde ich eine neue Brille machen lassen, natürlich nicht beim Zahnarzt, ich habe immer mehr Mühe, unser Auto wiederzufinden. Wie einfach und toll dies in einem wildfremden Land geht, darüber dieser Bericht.

 

Ausnahmezustand

Am besagten Tag herrscht Ausnahmezustand in Brasilien. Nein, kein Militärputsch oder sonstige Rebellion, Brasiliens Fussballnati tritt bei einem wichtigen Spiel an. Über 200 Millionen Brasilianerinnen und Brasilianer flippen aus. Wer was auf sich hält, der zeigt Farbe. Ob in Schaufenstern, auf Autos oder Häusern, überall ist es grün-gelb. Jeder trägt ein Kleidungsstück in diesen Farben und sogar meine Zahnärztin trägt ein T-Shirt mit Brasilien-Aufschrift. Vermutlich wird die Plombe auch in Grün-Gelb ausgeführt werden.

Eine Woche später: Der zweite Teil von meinem Service ist angesagt, wir sind beim Optiker. Uns wird hier recht schnell klar: Unser Portugiesisch-Unterricht hat noch nicht voll durchgeschlagen und wir greifen auf die altbewährte Methode von unserem «Portuenglispanifranz» gemischt mit etwas «Bärndütsch» zurück, und schon habe ich einen Termin beim Augenarzt. 15 Minuten später stehe ich vor einer sprachlosen Augenarztgehilfin und mache ihr klar, dass ich keine Ausweispapiere bei mir habe. «Ich komme aus der Schweiz, das brauchen wir nicht, die Schweiz ist so klein, da kennt jeder jeden.» Erst die 100 Reais, die ich auf den Tisch lege, beruhigen sie und öffnen mir die Türe zum Augendoktor. Er untersucht meine zwei Klunker, schreibt ein Rezept und zwei Minuten später bin ich wieder vor der Hütte auf dem Weg zurück zum Optiker.

Aber vorher müsste ich dringend einmal für kleine Jungs. Also ab in die nächste Kneipe. Hier versuche ich wieder mein erlerntes Portugiesisch und bestelle einen Kaffee. «Um Café quente na xicara» ob mit oder ohne Pires (Untertasse) ist mir jetzt egal, denn ich muss wirklich dringend. Der Kaffee, serviert in einem Fingerhut, grösser ist die Tasse nicht, ist stark und süss. «Oh der kostet nichts, den gibt es normalerweise mit dem Essen gratis dazu» antwortet mir der Kellner. Und jetzt ist mir auch klar, wieso der Typ mir die Speisekarte mit auf die Toilette geben wollte.

Beim Optiker ist schnell klar, ich habe ein Formproblem. Mein Kopf entspricht nicht der brasilianischen Norm. Die Brasilianer haben mehr die klobige, grobe Form, während mein Gesicht mehr der klassischen entspricht, also lieblich und schön. Die von der Verkäuferin angebotenen Modelle, alles Nobel-Marken, sitzen daher nicht wirklich gut auf meiner Nase. Ein Modell von Oxido lässt mich zwar wie einen sizilianischen Mafiaboss aussehen, sitzt aber perfekt.

 

Die Maschine raucht

Da ich auch bei Sonnenschein zurück zu meiner Hütte finden will, lasse ich mir gleichzeitig auch eine Sonnenbrille mit den nötigen Korrekturen anfertigen. Mann, wird dies heute teuer. Beide Brillen werden mit Gleitsichtgläsern gefertigt. Die Verkäuferin rechnet, die Maschine raucht, ich schwitze. Brauche ich wirklich eine neue Brille?

Die Maschine hat den Geist aufgegeben und die gute Verkäuferin greift zum Lapis (Bleistift). In der einen Hand meine neue Mafiabrille in der anderen den Ordner mit der Preisliste. 911 Reais sind zu bezahlen, etwa 258 Franken. Oh denke ich, das geht ja noch, Henate (Renate auf Portugiesisch) hat für ihre Brille in der Schweiz erheblich mehr bezahlt. Das wären danach ca. 550 Franken für beide und, wir können in sechs Raten bezahlen. Dies ist hier normal in Brasilien.

Na ja, solange werden wir nicht hierbleiben, um das Angebot der Ratenzahlung annehmen zu können, also fragt Henate nach den Konditionen bei Barzahlung. 750 Reais bei Barzahlung mit der Kreditkarte? Auch dies ist normal in Brasilien, kein Mensch läuft mit so viel Bargeld durch die Gegend!

Dienstag kommt das Telefon, meine Brillen sind da. Am Nachmittag holen wir sie ab und eine Stunde später sitze ich im Wagen vor dem Spiegel und kann mich kaum erholen. Hätte ich vorher schon gewusst, wie toll diese Brillen meine schon vorhandenen Qualitäten hervorheben, ich hätte schon viel früher so ein Ding gekauft.

 

Rezept war falsch

Doch etwas stimmt mit der Schärfe nicht und ein weiterer Besuch beim Optiker ist angesagt. Hier stellt sich heraus, dass das Rezept vom Augenarzt total falsch ausgestellt wurde. Mehrere Dioptrien Abweichung, und der Augenarzt in Urlaub. Aber, wie sich herausgestellt hat, der Preis von 212 Franken war für beide Brillen. Und Hand aufs Herz, wer ist bei einem so fantastischen Preis schon heikel, wenn er dafür so toll aussieht?

Link: www.pepamobil.ch

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