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«Solche Zugeständnisse würden nicht zur Person Beatrice Simon passen»

Die Seedorferin Beatrice Simon tritt zum dritten Mal bei den Regierungsratswahlen an, und zwar auf dem bürgerlichen Viererticket. Das habe parteiintern zu keinen Diskussionen gesorgt, sagt sie. Und das, obwohl die BDP von der SVP wann immer möglich auf Distanz geht.

Beatrice Simon hat keine Standesdünkel und macht auch mal Dinge, die man von einer Regierungsrätin nicht erwarten würde. Sie sagt: "Es steht nirgends geschrieben, was eine Regierungsrätin tun soll und was nicht." Bild: Peter Samuel Jaggi
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Andrea Butorin


An Beatrice Simon ist derzeit kein Vorbeikommen:_Ihr Konterfei, umrahmt vom BDP-Slogan «Nicht links, nicht rechts, vorwärts», hängt in vielen Ecken des Kantons. «Meine Töchter sagten mir auch schon, dass sie sich sehr beobachtet fühlen», sagt sie lachend.
Es ist Wahlkampf, und die sowieso schon volle Agenda der Berner Finanzdirektorin quillt über:_Mal ist sie allein unterwegs, mal gemeinsam mit den amtierenden Regierungsräten Christoph Neuhaus und Pierre Alain Schnegg (beide SVP) sowie FDP-Regierungsratskandidat Philippe Müller. Die vier haben ein bürgerliches Wahlpaket geschnürt und touren nun in einem Wahlbus gemeinsam durch den Kanton.
Die bürgerlichen Parteien geben für diese Wahlkampftour gemeinsam rund 250_000 Franken aus. Beatrice Simon selbst wendet persönlich 25_000 Franken für ihre Wahlkampagne auf.


Sie trägt die Sparmassnahmen mit
Sie habe Lust darauf, weiterzuregieren und brauche die Herausfoderung, begründet sie ihre Kandidatur für die dritte Amtszeit: «Ich könnte nicht den ganzen Tag zuhause sitzen.» Ihre Direktion sei keine einfache, aber nach acht Jahren bilanziert sie: «Ich fühle mich in meinem Amt sehr wohl.

»Kein Wunder: Seit zwei Jahren sind die Bürgerlichen nicht mehr nur im Grossen Rat, sondern auch im Regierungsrat in der Mehrheit, und die Zugehörigkeit zu diesem Lager steht für Simon trotz dem Slogan «nicht links, nicht rechts» ausser Frage.
Das widerspielgelt sich in ihrem Smartvote-Profil: So ist sie etwa gegen die zusätzliche Einführung von kantonalen Ergänzungsleistungen für Familien mit tiefen Einkommen, für ein Burka-Verbot, gegen die Cannabis-Legalisierung und generell für härtere Strafen.
Simon steht voll und ganz hinter dem letztes Jahr vorgeschlagenen Katalog an Sparmassnahmen, der vom Gesamtregierungsrat beschlossen wurde. So befürwortet sie die Kürzungen bei den Sozialhilfeempfängern und auch bei den Beiträgen an Behinderteninstitutionen. Diesbezügliche Kritik der linken Parteien kontert sie, während das Lächeln aus ihrem Gesicht schwindet: «Es hat mich persönlich sehr getroffen, dass in der politischen Diskussion mit Unwahrheiten gegen einzelne Massnahmen argumentiert wurde.»

 

Die Unternehmen im Kanton behalten
Ebenfalls ganz auf bürgerlichem Kurs ist sie beim Thema Steuersenkung: Die Unternehmenssteuern zu senken ist ihr erklärtes Ziel, im Wissen, damit auf Kritik zu stossen. Doch: «Drei Prozent unserer Firmen bezahlen über 90 Prozent der Steuereinnamen aller juristischen Personen.» Diese Unternehmungen seien weniger stark an den Kanton Bern gebunden als etwa ein Mehrgenerationen-KMU, und sie zu verlieren, würde ungefähr 400 Millionen Franken Mindereinnahmen bedeuten. In der Märzsession steht die zweite Lesung der Steuergesetzrevision 2019 an.
Eine Steuersenkung für natürliche Personen befürwortet sie grundsätzlich: Doch vorläufig wird sie in diesem Punkt ihren bürgerlichen Kollegen nicht entgegenkommen: Gemäss der vom Grossen Rat verabschiedeten Steuerstrategie würden erst die Steuern für juristische Personen gesenkt. «Anschliessend kann man über Steuersenkungen bei den natürlichen Personen sprechen. Diese müssten aber finanziell tragbar sein und dies ist aktuell nicht der Fall.»


Ist Beatrice Simon rechter geworden?
Es gibt Stimmen aus linken Kreisen, die sagen, Simon sei in den letzten zwei Jahren rechter geworden. Musste sie vielleicht Zugeständnisse machen, um im bürgerlichen Ticket aufgenommen zu werden? «Solche Zugeständnisse würden nicht zur Person Beatrice Simon passen», sagt sie über sich selbst.
Dass sie gemeinsam mit den beiden SVP-Kandidaten und dem FDP-Neuling Wahlkampf betreibt, während die BDP bei den Grossratswahlen dieses Mal mit der FDP eine Listenverbindung eingegangen ist, habe parteiintern zu keinen Diskussionen geführt, sagt sie. Und dies, obwohl BDP-Politiker sonst keine Gelegenheit scheuen, sich von der SVP abzugrenzen, von jener Partei also, aus der die BDP vor zehn Jahren hervorgegangen ist.

Auch vor vier Jahren habe ihre Teilnahme am bürgerlichen Ticket parteiintern nicht zu reden gegeben, sagt Simon. Bei den Regierungsräten spiele die Partei schliesslich wie in jeder Exekutive keine so grosse Rolle mehr wie noch in der Legislative. «Und viele würden im Hinblick auf die Parteizugehörigkeit staunen, wenn die Debatten des Regierungsrats öffentlich wären», sagt sie.
Im Unterschied zu diesem Jahr versuchte es die BDP bei den Grossratswahlen 2014 allerdings noch im Alleingang. Nach dem herben Verlust von insgesamt elf Sitzen bereute sie den Verzicht auf Listenverbindungen anschliessend bitter.
Prognosen zum Abschneiden ihrer Partei mag Beatrice Simon keine abgeben: «Ich hoffe, dass wir unsere Sitze halten können.» Das erklärte Ziel der Bürgerlich-Demokratischen Partei ist es, bei diesen Wahlen in den Wahlkreisen Biel-Seeland und Emmenthal je einen Sitz zuzulegen.Bei Abstimmungen stimmten die BDP-Parolen mit den getroffenen Entscheiden der Bevölkerung zu 80 Prozent überein. Doch das Betreiben einer Mitte-Politik sei schwieriger vermittelbar als klare Links- oder Rechtspositionen: «Das fällt weniger auf», sagt Simon.


«Nach Niederlagen gekränkt, aber nicht nachtragend»
Auffallend an Beatrice Simon sei, dass sie stets von Fachleuten umgeben sei und diese bei schwierigen Geschäften zum Zug kommen lasse, heisst es in Politikerkreisen von links bis rechts. Andere sagen, sie sei in den letzten vier Jahren deutlich kompententer geworden. Mit diesen Aussagen konfrontiert, sagt Simon, es sei klar, dass sie nach ihrer Wahl erst einarbeiten musste. «Aber ich lasse mir mit Sicherheit nicht von meinen Mitarbeitern sagen, was ich zu tun habe.»
Unbestritten sind Simons Volksnähe und Umgänglichkeit. Sie sei stark darin, die Wogen zu glätten und beruhige, statt aufzuwiegeln, heisst es parteiübergreiend. «Wenn sie mal verliert, ist sie gekränkt», sagt Parteikollege Jakob Etter über sie und ergänzt, «aber sie ist nicht nachtragend.»

Sie kenne zudem keine Standesdünkel und mache auch Sachen, die man von einer Regierungsrätin nicht unbedingt erwarten würde, ergänzt Etter und erwähnt ein von Simon organisiertes Treberwurstessen der Partei. «Ach, es steht nirgends geschrieben, was eine Regierungsrätin tun soll und was nicht», sagt Simon dazu. Sie sei sich selber immer treu geblieben. Auch als sie vor 25 Jahren für die SVP in den Seedorfer Gemeinderat gewählt wurde, habe sie das hier schon getragen, sagt sie und zeigt auf ihr dezentes Nasenpearcing. Sie habe zwar kurz darüber nachgedacht, es herauszunehmen, fand dann aber: «Das wäre doch nicht mehr die Beatrice.»
Politologe Adrian Vatter bezeichnete Beatrice Simon in einem Interview mit dem BT kürzlich als «Kantonsmutter». Ebenfalls auf das Frausein spielt die Bezeichnung «Kassenfräulein» an. Als ihr das zu Ohren kam, habe sie sich nicht geärgert, sondern sie habe laut herausgelacht. «Kantonsmutter» finde sie, die mit ihrer Direktion eine Sonderstellung innehabe und viel mehr als die anderen Regierungsräte in die Dossiers der anderen Einblick habe, sogar ein Stück weit passend.


«Man kann mir vorwerfen ich sei wenig visionär»
Zu ihren «Meilensteinen» der letzten vier Jahre zählt sie die stets positiven Rechnungsabschlüsse und die Schaffung des Fonds für die Verstetigung des Nationalbankgeldes. Im Fall einer Wiederwahl wäre die bereits erwähnte Steuergesetzrevision ein wichtiger Schritt. Zudem ist derzeit der nationale Finanzausgleich in Diskussion, was je nach Entscheidung für den Kanton Bern bedeuten würde, dass er 150 Millionen Franken weniger als bisher erhält.
«Man kann mir vorwerfen, ich sei wenig visionär», sagt Simon. Aber ihr oberstes Ziel sei ein ausgeglichener Finanzhaushalt. Und dies zu erreichen, sei allein schon eine grosse Herausforderung.


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Zur Person

Beatrice Simon ist 57 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann in Seedorf. Ihre Tochter Stéphanie  ist 29 Jahre alt, Nicole 26 Jahre alt. Sie ist in Bern aufgewachsen und arbeitete nach dem KV in verschiedenen Betrieben und Branchen und machte Weiterbildungen.Nach acht Jahren im Gemeinderat wurde sie 2003 zur Gemeindepräsidentin von Seedorf gewählt.

2006 wurde sie in den in den Bernischen Grossen Rat gewählt.
2008 wechselte sie von der SVP in die BDP.
2010 erfolgte die Wahl in den Regierungsrat (Finanzdirektion).
2016/17 war sie Regierungspräsidentin. ab
 

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