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Corona

Spiessrutenlauf Coronatest

Die Termine für einen Covid-Test waren im Seeland in den letzten Wochen häufig ausgebucht – und nun starten die Herbstferien. Der Kanton sieht sich indes nicht in der Verantwortung, für Ferien Testmöglichkeiten bereitzustellen.

Das neue Testzentrum an der Zentralstrasse 24 in Biel soll Abhilfe schaffen. Bild: Peter Samuel Jaggi

Sarah Grandjean

Urs Frey lebt in Biel und in Chiang Mai. Für den 2. Oktober hat er ein Flugticket nach Thailand gebucht. Er ist vollständig gegen das Coronavirus geimpft, braucht aber, um fliegen zu dürfen, zusätzlich einen negativen PCR-Test. Deshalb wollte er am Montag einen Testtermin für den 30. September reservieren. Aus Thailand sei er sich gewohnt, dass man einfach im Spital vorbeigehen könne, so Frey.

In Biel gestaltete sich dieses Unterfangen nicht so einfach. Frey ist auf die Website des Gesundheitszentrums Medin gelangt. Dort sah er, dass der nächste freie Termin am 4. Oktober war – also zwei Tage nach seinem Flug. «Ich dachte: Das ist ja ein Witz», so Frey. Er rief beim Medin an, aber dort habe man ihm keinen früheren Termin anbieten können. Schliesslich hat er sich für einen Testtermin in der Welle 7 in Bern angemeldet. Der Aufwand, um einen Termin zu kriegen, sei zu gross, findet er. «Nicht alle können ihre Reise 14 Tage im Voraus planen.»

Kurzerhand die Taufe umgeplant

Vor einem ähnlichen Problem stand kürzlich die Bielerin Beatrice Annaheim. Am Sonntag findet die Taufe ihres Kindes statt. Da mehr als 50 Personen am Gottesdienst teilnehmen werden, gilt für diesen Anlass die Zertifikatspflicht. Annaheim ist genesen, besitzt jedoch kein Zertifikat, da die Erkrankung mehr als ein halbes Jahr zurückliegt. Sie wollte also frühzeitig einen Termin für einen Covid-Test vor der Taufe reservieren und hat letzte Woche beim Medizinischen Zentrum Biel angerufen. Dort sei die automatische Ansage gekommen, dass im Moment keine freien Termine verfügbar seien.

Sie wurde ans Medin weitergeleitet, wo sie aber auch keinen Termin kriegte. Eine Mitarbeiterin der Hotline habe ihr geraten, sich in Bern auf dem Expogelände testen zu lassen.

Das war Annaheim mit ihren zwei kleinen Kindern aber zu aufwendig. Sie schaute auf der Website www.corona-seeland.ch nach, wurde jedoch auch dort nicht fündig. Bei www.onedoc.ch hätte sie zwar einen freien Termin in der Nähe von Delémont gefunden, aber das war ihr auch zu weit weg. «Wenn man schon eine Zertifikatspflicht einführt, dann zu realistischen Bedingungen», findet sie. Der Aufwand für einen Test sei viel zu gross, wenn sie dazu bis nach Bern oder Delémont fahren müsse. Da sich die Mehrheit der Taufgäste hätte testen lassen müssen, hat Annaheim die Taufe kurzerhand umgeplant: Ihr Kind wird nun nach dem Gottesdienst separat getauft. Dann werden weniger als 50 Personen in der Kirche sein, womit die Zertifikatspflicht hinfällig wird.

Kapazität für symptomatische Personen

Wer im Seeland einen Covid-Test machen will, landet wahrscheinlich früher oder später auf der Website www.corona-seeland.ch. Dort sind vier Standorte aufgeführt: Biel, Lyss, Täuffelen und Messen. In Biel und in Messen sind die Termine bis am 4. Oktober ausgebucht, in Lyss bis am 29. September. In Täuffelen stehen an den meisten Tagen Termine zur Verfügung, allerdings werden dort nur PCR-Tests angeboten.

Schaut man auf der Website des Kantons nach, finden sich viele Orte in Biel und im Seeland, wo man sich testen lassen kann. Nur: Manche Anbieter haben bloss Kapazität für eine Handvoll Tests pro Tag, ausserdem testen viele nur eigene Patientinnen. So landet man oft wieder beim Medin.

Man schalte bewusst nicht alle Termine auf einmal frei, sagt Direktor Michael Stettler auf Anfrage. Dies, um jederzeit genügend freie Kapazitäten zu haben, damit etwa symptomatische Personen oder Kinder, in deren Schule es einen positiven Covid-Fall gab, getestet werden können. Ist das Medin nicht ausgelastet, schalte man kurzfristig Testtermine frei.

Aktuell sei man aber ausgebucht und teste 250 bis 300 Personen pro Tag. Rund ein Drittel davon liessen PCR-Tests machen, zwei Drittel Antigen-Schnelltests. Stettler geht davon aus, dass die Nachfrage sinken wird, sobald man ab Anfang Oktober die Tests selbst bezahlen muss.

«Wir haben unsere Kapazitäten bereits erhöht», sagt Stettler. Zum Beispiel ist momentan am Freitag- und Samstagabend ein mobiles Team vor dem Duo-Club stationiert, um die Partygänger zu testen. Seit August sind mobile Teams bei Festivals wie dem Summer Now oder sonstigen Veranstaltungen wie dem Beachtown vor Ort. Während dem FFFH hat Medin die Betriebszeiten verlängert. Dies mit dem Ziel, am Standort Medin am Bahnhof immer freie Kapazität zu haben für symptomatische Personen – gerade jetzt, da die Bedürfnisse nach Tests für symptomatische Personen wieder steigen. Stettler weist zudem darauf hin, dass Patientinnen des Medin im Gegensatz zu anderen Anbietern direkt vor Ort von einem Arzt versorgt werden könnten.

Kanton sieht keinen Handlungsbedarf

Der Kanton plane nicht, weitere Testcenter anzubieten, schreibt Gundekar Giebel, Mediensprecher der bernischen Gesundheitsdirektion, auf Anfrage. Es sei nicht Aufgabe des Kantons, Testmöglichkeiten für Freizeitaktivitäten oder Ferien bereitzustellen. Sondern, für symptomatische und asymptomatische Personen Testkapazitäten, etwa in Spitälern, zur Verfügung zu stellen. «Personen, die eine Erkrankung vermuten, werden immer zu einem Test zugelassen», so Giebel.

Aus kantonaler Sicht stünden sehr viele Testmöglichkeiten zur Verfügung. In Biel gebe es insgesamt zwölf Teststandorte, die entweder Antigen-Schnelltest oder PCR-Tests durchführen und täglich zahlreiche Termine anbieten. Personen, die ein Reisezertifikat benötigen, verweist Giebel an die Firma Viselio, an das Testzentrum auf dem Bern-
expo-Gelände oder an das neue der Firma Medica Care in Biel.

Unkompliziertes Testzentrum

Dieses wurde vor einer Woche an der Zentralstrasse 24 eröffnet. Dort kann man sich ohne Anmeldung testen lassen. Geöffnet ist das Testzentrum von Montag bis Donnerstag von 11 bis 19 Uhr und von Freitag bis Samstag von 11 bis 24 Uhr. Ein Antigen-Schnelltest ist noch bis am 30. September kostenlos, ein PCR-Test kostet 150 Franken. Anmelden muss man sich nicht, man kann einfach vorbeigehen. Die Wartezeit beträgt gemäss Inhaber Jan Kamarys aktuell fünf bis zehn Minuten.

Die Nachfrage sei schon jetzt sehr gross, schreibt Kamarys auf Nachfrage. Man mache rund 150 Tests pro Tag. 98 Prozent davon seien Antigen-Schnelltests. Die allermeisten Personen bräuchten ein Zertifikat für die Schweiz, etwa, um ins Restaurant, in den Club oder ins Fitnessstudio gehen zu können, und die wenigsten eines fürs Reisen. Gemäss Kamarys könnte das Testzentrum bis zu 600 Tests täglich machen. Man werde das Testzentrum so lange betreiben, wie die Nachfrage da ist. «Wir rechnen damit, dass es das Zertifikat noch zwei Jahre brauchen wird», so Kamarys.

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