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Pendeln

Technisch gut - doch Komfort fehlt

Seit dem Fahrplanwechsel setzen die SBB auf der Regio-Express-Linie zwischen Biel und Bern moderne Doppelstockzüge ein. Doch findet seither wirklich jeder einen Sitzplatz?

Weniger Beinfreiheit , keine Steckdosen – und manchmal keinen Sitzplatz. Nicht bei allen kommt der «Regio-Dosto» gut an. Bild: zvg

von Deborah Balmer

Zwischen Biel und Bern verkehrt der Regioexpress der SBB im Halbstundentakt. Von Biel aus erreicht man die Hauptstadt also einfach. Doch reist man auch bequem? Bereits in der Vergangenheit wurde öfters das Platzangebot auf dieser Strecke beklagt.

So bewerteten Pendler in einer Umfrage der Interessensgemeinschaft öffentlicher Verkehr den mangelnden Platz in den Zugwagen im bernischen S-Bahnnetz als negativ. Damit war auch die S3 der BLS und der Regioexpress der SBB zwischen Biel und Bern gemeint. Darauf hin erkannten die Bahnunternehmen dieses Problem: Um mehr Platz zu generieren, hat die BLS Ende 2014 neue Doppelstockzüge eingeführt, die SBB haben zum Fahrplanwechsel im Dezember neue Doppelstockzüge in Betrieb genommen.

 

Enger und unbequemer

Doch nicht alle Pendler sind zufrieden: In den einzelnen SBB-Doppelstock-Wagen gebe es zwar mehr Sitzplätze als zuvor, heisst es. Dafür seien aber die Züge kürzer. «Die Sitze sind unbequemer als vorher, die Beinfreiheit kleiner, alles ist enger geworden», sagen mehrere Pendler. Als störend empfunden wird auch, dass es bei den Sitzen in der 2. Klasse keine Abfalleimer mehr gibt. Nicht wenige Pendler stören sich weiter daran, dass man in den Stadler-Rail-Zügen keine Steckdosen findet, um das Handy aufzuladen. Diese gibt es nur in der 1. Klasse.

Doch nicht nur das: Wer zu den Stosszeiten im Regioexpress nicht in Biel, sondern erst in Lyss einsteigt, muss nicht selten bis nach Bern stehen. Und auch wer am Morgen am Bahnhof Biel nicht früh genug in den Zug einsteigt, findet oft keinen Sitzplatz mehr.

Besonders voll sind die Züge, die vor acht Uhr morgens in Bern sind. So wie der Regioexpress, der in Biel um 6.52 Uhr und um 7.22 Uhr fährt. «Auch im 8.22 Uhr-Zug müssen jeweils ab Lyss viele Fahrgäste stehen», sagt eine Pendlerin aus Nidau. Es sei offensichtlich, dass der Zug für Kurzstrecken gedacht sei. Viele finden es aber eigentlich nicht zumutbar, auf der 24-minütigen Fahrt von Biel bis Bern stehen zu müssen.

 

«Keine Begeisterung»

Der Präsident der Interessensvertretung der Kundinnen und Kunden im öffentlichen Verkehr Pro Bahn, Kurt Schreiber, kennt die Nachteile des neuen S-Bahn-Zuges: «Er löst bei den Kunden keine Begeisterungsstürme aus», sagt er. Zwar sei der Zug technisch einwandfrei: Er lasse sich sehr schnell beschleunigen, fahre ruhig - und der Fahrplan könne gut eingehalten werden. Und wegen der grossen Türen, «können die Pendler schneller ein- und aussteigen. Der Zug verliert also weniger Zeit». Doch was den Komfort angehe, lasse der Zug Wünsche offen. So würden die Tischchen fehlen, auf die man den Laptop stellen könnte.

Ein Nachteil sei auch, dass sich grosse Gepäckstücke nur im Eingangsbereich verstauen liessen und man sein Gepäck infolge stets überwachen müsse. Auch in der 1. Klasse sitze man heute bedauerlicherweise viel enger zusammen als in den alten Zügen.

Bei den SBB heisst es auf Anfrage, man versuche auf dem Abschnitt Biel-Bern Stehplätze grundsätzlich zu verhindern, sie «lassen sich aber nicht auf allen Zügen an allen Tagen vermeiden».

 

Stehen «ist zumutbar»

Einer, der findet, es sei zumutbar, eine Distanz wie Biel-Bern stehend zu bewältigen, ist Grossrat Michel Rudin (GLP, Lyss), der auch im Kundenbeirat der SBB sitzt. Auch er legt die Strecke Lyss-Bern täglich zurück. «Für mich ist nicht ersichtlich, weshalb wir in einem Tram zehn Minuten stehen können, in einem Zug jedoch nicht», sagt er. «Wir können nicht ständig als Konsumenten mehr Sitzplatz-Kapazität verlangen und am Ende beklagen, wenn die Bahn teurer wird.»

Rudin bedauert zudem, dass mit der Bahnvorlage Fabi nicht auch beschlossen wurde, in flexible Arbeitszeitmodelle zu investieren. «Dann könnten wir uns einen Teil der milliardenschweren Bahnausbauten sparen», sagte er gegenüber der Zeitung «Der Bund». Rudin ist dafür, dass Firmen gezielt Heimarbeitsplätze fördern, weil das die günstigste Art sei, um Stosszeiten zu reduzieren. Handlungsbedarf bestehe auch an den Unis und den Schulen, die laut Rudin später beginnen sollten. Auch die Berufsschule Lyss gehe mit ihrem dezentralen Standort mit gutem Beispiel voran.

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