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Meinung

Und jetzt ist die Karte rot, dunkelrot

Rot. Dort, wo ich wohne, ist die Karte rot. Dabei habe ich unser Wasser doch immer wieder verteidigt und in höchsten Tönen gerühmt.

Bild: zvg

Niklaus Baschung

Noch auf der Kroatienreise letzten Herbst, als die Reiseführerin behauptete, Kroatien sei das Wasserschloss Europas, mit Wasserquellen en Masse von vorzüglichster Qualität, da habe ich gesagt: «Sie, aber Halt, das beste Trinkwasser haben wir bei uns zu Hause in der schönen Schweiz.» Im Ausland würde ich daher nur Mineralwasser trinken, aber daheim, da bechere ich Hahnenwasser pur. Und niemand hat widersprochen. Gut, die anderen von der Reisegruppe waren auch Schweizerinnen und Schweizer.

Und jetzt: vollkommen rot. Vor ein paar Monaten war der Sanitärinstallateur im Haus, und ich habe ihn bei dieser Gelegenheit gefragt, ob dies normal sei, wenn das Hahnenwasser nach einem Tag in der Plastikflasche so abgestanden, leicht faulig schmecke, vielleicht seien da Bakterien drin. «Das ist ganz unmöglich», meinte der Installateur, unser Trinkwasser werde strengstens kontrolliert. Der Geruch stamme wahrscheinlich von der Plastikflasche oder von den Rohren, wenn sie zu wenig Durchfluss haben. Das habe ich ihm gerne geglaubt.

Und trotzdem vermehrt Mineralwasser gekauft. Denn interessanterweise kann Evian-, Henniez-, Walser-Mineralwasser eine Woche lang in einer geöffneten Flasche verbringen – und es schmeckt immer noch nur nach Wasser. Und wenn ich nachts aufwache und zum wieder Abtauchen einen Schluck Wasser nehme, möchte ich doch unsere Wasserrohre nicht mittrinken.

Vom Dachfenster aus ist das Seewasserwerk, welches für die ganze Region das Trinkwasser aufbereitet, sichtbar. Das Werk ist etwas hinter den Bäumen versteckt, aber trotzdem, dass die Karte rot ist, dunkelrot, nehme ich persönlich. Dort auf der Wiese nebenan habe ich mit den Kindern einst Fussball gespielt. Dunkelrot bedeutet in diesem Falle: Der Grenzwert für Rückstände des Pestizids Chlorothalonil im Trinkwasser ist überschritten. Die gute Nachricht: Chlorothalonil kann man – im Gegensatz zu Wasserrohren – nicht herausschmecken.

Stolze Schweizer Gewissheiten schmelzen hinweg wie der längste Gletscher der Alpen, der Aletschgletscher. Der schönste Schnee weltweit wagt sich nicht mehr hinunter in die Niederungen des Jurasüdfusses. Und die Trinkwasserkarte ist rot und der Graureiher stirbt aus. Stopp! Letzteres ist eine Falschmeldung. Jahrelang habe ich andächtig jeden Graureiher im Grossen Moos beobachtet, in der Annahme, er sei der letzte seiner Art. Dabei ist es genau umgekehrt, habe ich kürzlich gelesen .

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Graureiher praktisch verschwunden, weil er gejagt wurde. Mittlerweile hat er sich in der Schweiz auf einen Bestand von rund 1600 Paaren stabilisiert. Menschen können selbstverursachte Entwicklungen verändern. Sie sind ihnen nicht hilflos ausgeliefert. Also schränkt diesen verd ... Pestizidgebrauch ein, subito!!!

Info: Niklaus Baschung ist Journalist, Kommunikationsfachmann und Hundehalter.kontext@bielertagblatt.ch

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