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Bellmund

Velostreifen wird zur Geduldsprobe

Seit Jahren läuft die Planung für einen Radweg zwischen Bellmund und Hermrigen. Nun nimmt der Kanton die erste Etappe in Angriff. Das Projekt ist nicht nur verzögert, sondern auch um einiges teurer als ursprünglich vorgesehen.

Kaum Platz für Velofahrerinnen: In Bellmund soll deswegen ein Radstreifen gebaut werden. Yann Staffelbach

von Carmen Stalder

Wer mit dem Fahrrad von Bellmund in Richtung Hermrigen fährt, muss auf der Hut sein. Auf der Strecke, die durch den Weiler St. Niklaus und das angrenzende Merzligen führt, gibt es für Velofahrerinnen und Velofahrer nämlich kaum Platz. Die Strasse müssen sie sich mit Autos, Lastwagen und Postautos teilen, die mit bis zu 80 Stundenkilometern unterwegs sind. Ein unhaltbarer Zustand, darin sind sich die betroffenen Gemeinden sowie der Kanton, dem die Strasse gehört, seit Jahren einig.

Bereits im Sachplan Veloverkehr aus dem Jahr 2014 war zwischen Bellmund und St. Niklaus ein Radweg vorgesehen. Schliesslich besuchen die Kinder aus dem Weiler die Unterstufe in Bellmund und alle Kinder aus den drei Gemeinden die Oberstufe in Nidau. Viele von ihnen sind mit dem Fahrrad unterwegs, was das Problem weiter verschärft. Gemäss Unterlagen des Kantons gab es auf der gesamten Strecke zwischen Bellmund und Hermrigen in den vergangenen fünf Jahren zwölf Unfälle, davon fünf mit Verletzten.

2016 rechnete man noch damit, die erste Etappe im Jahr 2020 umzusetzen (das BT berichtete). Die Realisierung verlegt Projektleiter Conrad Zingre vom Tiefbauamt des Kantons Bern heute um drei Jahre nach hinten. Als Grund für die Verspätung nennt er den Umfang des Projekts, der über die Jahre zugenommen habe. So will der Kanton mittlerweile auf einer Strecke von 3,2 Kilometern die komplette Strasse sanieren – inklusive Unterbau, Belag und Trottoir.

Neu ist zudem, dass in jedem Projekt die Auswirkungen auf den Lärmschutz genau analysiert werden müssen, sodass der Kanton noch einmal über die Bücher gehen musste. Mit den zusätzlichen Massnahmen einher gehen viel höhere Kosten als ursprünglich geplant: Rechnete der Kanton zuerst mit 3,5 Millionen Franken, werden es nun mehr als doppelt so viel sein. Schon nur das erste Teilstück innerorts von Bellmund kostet gemäss Zingre 3,25 Millionen Franken.


Mehr Sicherheit

Während der ersten von insgesamt drei Etappen soll ein Radweg innerhalb von Bellmund entstehen. Im Weiteren werden die Fussgängerquerungen mit Mittelinseln gesichert. Ausserdem werden die Bushaltestellen behindertengerecht ausgebaut. Mit all diesen Massnahmen soll die Sicherheit für Fussgängerinnen und Velofahrer verbessert werden, was auch einer Vorgabe des regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzeptes Biel-Seeland entspricht.

Im Rahmen einer Mitwirkung konnte sich die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden bereits 2017 zur Planungsstudie äussern. Im Weiteren fand Ende 2019 eine Informationsveranstaltung statt. In den vergangenen Wochen lagen nun die Projektunterlagen für die erste Etappe öffentlich auf. Gemäss Bauverwalterin Petra Balmer sind bei der Gemeinde Bellmund bis zum Ablauf der Frist am Pfingstmontag sieben Einsprachen eingegangen. Diese werden nun an den zuständigen Oberingenieurkreis III weitergeleitet. Eine Einsprache stammt von der Gemeinde selbst: Gemäss Projektunterlagen soll der Fussgängerstreifen vor der neuen Coop-Filiale aufgehoben werden. Dagegen setze man sich zur Wehr, sagt Gemeindepräsident Matthias Gygax (FDP).


Schmalere Trottoirs

In den kommenden Wochen steht die Bearbeitung der Einsprachen an. Projektleiter Zingre hofft, sich mit allen Einsprechenden einigen zu können, da das Projekt sonst weiter verzögert würde. Nach allfälligen Anpassungen geht das komplette Projektdossier an die bernische Bau- und Verkehrsdirektion, die das Vorhaben bewilligen muss. Anschliessend stehen Verhandlungen mit Landeigentümerinnen und -eigentümern an: Um die Radstreifen bauen zu können, werden teilweise die Trottoirs verschmälert, in anderen Fällen muss der Kanton zusätzliche Flächen erwerben.

«Landerwerb bei Privaten ist immer heikel», sagt Conrad Zingre. In der Gemeinde Bellmund sei das Projekt jedoch breit abgestützt, entsprechend gehe er davon aus, das Vorhaben «schlank durchbringen zu können». Der Gemeindepräsident bestätigt diesen Eindruck: «Wir sind alle gottenfroh, dass es endlich vorwärtsgeht.» Geht es nach ihm, wäre das Projekt längst umgesetzt. Und auch jetzt wiegelt er ab. «Wir können erst aufatmen, wenn es realisiert ist.» Bei einem so grossen Vorhaben gebe es stets viele Stolpersteine.

Zingre strebt an, das dritte Teilstück noch in diesem Jahr öffentlich aufzulegen, als letztes soll dann die mittlere Etappe folgen. Auf der Strecke zwischen Bellmund und St. Niklaus erwartet er zusätzliche Herausforderungen, müsse doch ein Entwässerungsgraben verlegt werden. Und: «Dort besteht von unserer Seite her ein wesentlich grösserer Landbedarf.» Zirka 3000 Quadratmeter Ackerland will der Kanton deshalb erwerben. Schliesslich gibt es auf der bestehenden Strasse keinen Platz für einen zusätzlichen Veloweg.

Der Projektleiter rechnet aktuell damit, die Arbeiten 2025 abschliessen zu können. Er betont, dass es um weit mehr gehe als nur ein Radweg: «Wir investieren viel Geld, das ist klar. Aber am Ende entsteht für die Bevölkerung ein grosser Mehrwert.» Bis es so weit ist, steht jedoch noch viel Arbeit an. Ausserdem ist in den kommenden Jahren mit diversen Einschränkungen auf der Strecke zu rechnen: Während der Bauphasen soll der Verkehr auf den betroffenen Strecken jeweils einseitig geführt und mit Ampeln gesteuert werden.

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