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Wandern

Viel flacher wandern geht nicht – schön ist es trotzdem

Wer denkt, dass eine Wanderung unbedingt in die Höhe oder in die Tiefe gehen muss, wird auf dem abwechslungsreichen Weg von Kerzers nach Aarberg eines Besseren belehrt. Für Kinderwagen ist die Strecke der Aare entlang dennoch nicht geeignet.

Der Blick auf den Niederried-Stausee: Hier beginnt der schönste, rund zwei Kilometer lange Teil der Wanderung. Copyright Peter Staub / Bieler Tagblatt
  • Dossier

von Peter Staub

Von Kerzers nach Aarberg gibt es zahlreiche Wanderwege. Über die Hügel via Kallnach und Bargen oder durchs grosse Moos ins Stedtli. Nach Niederried und von dort der gestauten Aare entlang. Wir entscheiden uns für eine weitere Variante, einen Weg, der zwar ausgeschildert ist, aber selten in Verzeichnissen aufgeführt wird: Wir wollen nicht nur der Aare, sondern bereits dem Niederried-stausee entlang wandern. Eine weise Entscheidung, wie sich zeigen wird.

 

Durchs Mehrstrassen-Dorf
Die gut dreistündigen Wanderung (siehe Infobox) beginnt gemächlich am Bahnhof in Kerzers, das gemäss deutschfreiburgischem Heimatverein als «verstädtertes Dorf von nationaler Bedeutung Aufnahme ins Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz» gefunden hat. Einer Broschüre des Vereins zufolge zählt Kerzes zu den sogenannten Mehrstrassen-Dörfern. Geprägt wird es von alten öffentlichen Gebäuden wie der Kirche, dem Pfarrhaus aber auch von Gasthöfen wie dem «Bären», den wir nach ein paar Minuten passieren. Das Hotel de l’Ours macht einen verwaisten und vernachlässigten Eindruck, noch ist nichts davon zu sehen, dass hier neue Wohnungen entstehen sollen.

Umso schöner sieht das vor gut 20 Jahren erbaute Schulhaus an der Niederriedstrasse aus. Kurz danach lassen wir Kerzers hinter uns und biegen nach rechts Richtung Golaten ab. Noch immer ist die Strasse geteert, unterdessen aber nur noch so breit, dass höchstens ein Auto oder ein Traktor Platz finden. Wir mutmassen, dass es an einem Kindergeburtstag –auf den die vielen, bunten, an den Kreuzungen angebrachten Luftballone hinweisen – liegt, dass es mehr Verkehr hat, als uns lieb ist. Als wir auf dem «Sunnebärg» dann aber Ashi’s Hundeschule entdecken, realisieren wir, wie viele Vierbeiner hier trainiert werden. Sie dürften einen grossen Teil des Verkehrs  verursacht haben.

 

Verkehr auch im Wald
Nach rund zwei Kilometern, just vor dem Übungsplatz für Hunde, müssen wir uns definitiv entscheiden, ob wir über die Hügel oder möglichst schnell dem Wasser entlang wandern wollen. Wir bleiben beim Plan und gehen weiter Richtung Golaten. Einige Hundert Meter weiter haben wir dann endlich Schotter statt Teer unter den Füssen. Wir lassen die Felder hinter uns und betreten einen schattigen Wald. Dass wir damit auch den Autoverkehr loswerden, ist allerdings ein vergebener Wunsch. Der Kindergeburtstag findet tatsächlich statt; in der Waldhütte, die wir etwa einen Kilometer weiter passieren. Danach aber sehen wir nur noch Spaziergänger, Reiterinnen und eine Velofahrerin, die ihren kleinen Hund zum Rennen bringt.

Da wir auf einmal keine gelben Wegweiser mehr sehen, ziehen wir nach rund 45 Minuten Wanderung eine digitale Landkarte zurate und entscheiden uns, Golaten auf der Kerzersstrasse und der Dorfstrasse zu durchqueren, die hier zumindest ohne Trottoir auskommen. Zum Glück sind nur wenige Autos unterwegs, sodass wir bald unversehrt wieder auf einen Wanderwegweiser treffen, der uns signalisiert, doch richtig unterwegs zu sein. In einem Waldstück führt der Weg sanft nach unten, bis nach einer Stunde und zehn Minuten der Niederried-Stausee in Sicht kommt. Noch ein paar Meter und wir befinden uns auf dem Wanderweg, der dem linken Seeufer entlang führt. Hier ist nun definitiv vorbei mit motorisiertem Verkehr. Überhaupt sind wir nun bis zum Stauwehr alleine unterwegs.

 

Abenteuerliche Treppe
Rechts die gestaute Aare und vor uns ein Tunnel in leuchtendem Grün: Wir befinden uns auf dem zwei Kilometer langen, mit Abstand schönsten Wegstück unserer Wanderung. Es hat sich also gelohnt, einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen haben. Da stört es auch nicht, dass es ein-, zweimal kurz nieselt. Schade nur, dass die grossen Pilze am Wegrand bloss wie Steinpilze aussehen aber einer anderen Sorte angehören. Nach dem Wasserkraftwerk Niederried-Radelfingen folgen wir noch einmal einer geteerte Strasse, bis es über eine etwas abenteuerliche Treppe wieder an die Aare runter geht. Hier ist nun endgültig kein Weg mehr für einen Kinderwagen. Der Pfad ist schmal und teilweise so nass, dass wir froh sind, Wanderschuhe zu tragen. Lange dauert dieser Single-Trail nicht, bis wir wieder auf einer breiten Schotterstrasse weitergehen können. Die restlichen rund acht Kilometer dem Aareufer entlang sind topfeben. Das Naturschutzgebiet Mülau-Radelfingenau bringt etwas Abwechslung in den sonst nun etwas eintönigen Weg.

Obwohl die Wanderung nur wenige Höhenmeter zählt, haben wir am Bahnhof in Aarberg das Gefühl, ein Bier verdient zu haben. Eine Wanderung muss wirklich nicht immer in die Berge führen um Spass zu machen und ein wenig anstrengend zu sein. 

 

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Tipps zur Tour

- Distanz: ca. 13,5 Kilometer

- Anstieg: 90 Höhenmeter

- Abstieg: 100 Höhenmeter

- Dauer: 3 Stunden

- Anreise: Zug nach Kerzers.

- Rückreise: Zug oder Postauto ab Aarberg.

- Route: Von Kerzers nach Aarberg gibt es mehrere Routen: Diese geht dem Ufer des Niederried-Stausee und der Aare entlang.

- Ausrüstung: Wander- oder Trekkingschuhe, da der Boden teilweise sehr feucht ist.

- Schwierigkeit: einfach, für Familien mit Kindern geeignet.

- Einkehren: In Kerzers und in Aarberg gibt es viele Restaurants. Dazwischen muss man sich aus dem Rucksack verpflegen.

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