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Kafipause

Vom kleinen runden Tisch

Im persönlichen Blog berichten Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter und BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch abwechslungsweise 
wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern.

Parzival Meister, Redaktionsleiter und stv. Chefredaktor
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Parzival Meister

Wir haben bei uns zu Hause einen wirklich schönen Esstisch. Beim Umzug habe ich ihn zwar verflucht, mehrfach, aber so rein optisch gibt er was her. Die Trägerkonstruktion ist aus Massivholz, die Platte aus Beton.

Dieser Tisch steht im Wohnzimmer/Esszimmer, direkt neben einer alten Steinwand und einem Schwedenofen. Ein ziemlich gemütlicher Platz. Und dennoch: Gegessen wird an diesem Esstisch nur selten. An Weihnachten zum Beispiel. Oder einfach, wenn wir Besuch haben und mehr als sechs Leute sind. Ja, Sie erinnern sich, solche Zeiten gab es tatsächlich. Ich frage mich gerade, ob ich dieses Möbel noch als Esstisch bezeichnen soll. Vielleicht wäre Deko-Tisch passender. Oder Das-massive-Ding-das-als-Ablage-für-alles-mögliche-dient. Ich glaube, ich nenne ihn von nun an einfach Tisch. Und sowieso, ich schweife ab.

Wir haben nämlich, Sie haben es wahrscheinlich schon geahnt, noch einen zweiten Tisch. Direkt in der Küche. Es ist ein kleinerer Tisch. Und der verdient den Namen Esstisch. Ob Morgen, Mittag oder Abend: An diesem Tisch versammelt sich die Familie zum Essen. Man könnte das ganz pragmatisch erklären, sicher. Es ist eindeutig bequemer, diesen Tisch zu decken, da Teller, Gläser und Besteck quasi in Griffnähe stehen. Auch die Spüle ist gleich nebenan, die Laufwege zum Abräumen deshalb kürzer. Aber ich greife da lieber auf eine romantischere Erklärung zurück. Dieser Tisch ist einfach sozialer. Da wäre die Positionierung in der Küche. Wer am Herd steht, während die Hungrigen bereits Platz genommen haben, ist nicht isoliert in einem 
anderen Raum, sondern bereits Teil der Runde. Und das führt mich zum wichtigsten Punkt: Der besagte Tisch ist rund. Als Namensträger eines einstigen Mitgliedes der Ritter der Tafelrunde war mir die Idee dahinter eigentlich schon lange bekannt.

Die Geschichte besagt nämlich, Artus habe den runden Tisch bauen lassen, damit sich seine Ritter nicht um die besten Plätze am Tisch streiten. Das hat was. Ich meine, schauen Sie sich mal das letzte Abendmahl von da Vinci an. Matthäus etwa sitzt ziemlich weit aussen. Ebenso abgeschieden positioniert ist Bartholomäus auf der anderen Seite. Wollen die beiden miteinander sprechen, müssen sie sich nach vorne über den Tisch beugen und einander zurufen, was eindeutig die Unterhaltung der anderen stört. Was, wenn einer eine feuchte Aussprache hat, erkältet ist und seine Viren über das 
Essen von Jesus verteilt? Ich will nicht lästern, aber in diesem Fall erwies sich Artus als der weisere Anführer als Jesus.

Zurück in meine Küche: Das Prinzip des runden Tisches funktioniert tatsächlich. Die Plätze sind sich alle ebenbürtig. Keiner sitzt im Abseits. Jeder kann zu jedem Blickkontakt halten, man kann mit jedem am Tisch eine Unterhaltung aufbauen. Falls Sie sich also einen neuen Esstisch zulegen wollen, erinnern Sie sich an meine Worte: Hoch lebe Artus, hoch lebe die Tafelrunde!

 

pmeister@bielertagblatt.ch

Stichwörter: Kolumne, Kafipause, Esstisch

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