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Wahlen 19

Vom SP-Abtrünnigen über 5G-Gegner bis zu Kuhhornfreunden

Sie wollen für ihre Partei einen ersten Berner Nationalratssitz in die Region holen. Von diesen Aussenseiternist allerdings fast nur Mohamed Hamdaoui bekannt, der dank der CVP doch noch kandidieren kann.

Beim PSR hat es nicht geklappt, doch vom PDC ist Mohamed Hamdaoui nun für den Nationalrat nominiert worden. Olivier Gresset/a für den PDC
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Beat Kuhn

Es war ein Paukenschlag gewesen: Im Februar war der Bieler Stadt- und Grossrat Mohamed Hamdaoui, der während Jahren ein profilierter Sozialdemokrat gewesen war, zur CVP übergetreten. Dies nachdem der Parti socialiste romand (PSR) nicht ihn, sondern Gemeinderat Cédric Némitz für den Nationalrat nominiert hatte. Beim Parti démocrate-chrétien (PDC, Liste 22) kann er nun doch noch für die grosse Kammer kandidieren.

Den PDC habe er als neue Partei gewählt, weil dieser offen, sozial und europafreundlich sei, sagt der Journalist. Auch könnten nachhaltige Lösungen in der Umwelt-, Gesundheits- und Sozialpolitik nur gefunden werden, wenn die politische Mitte stark sei. Und: «Der PDC erlaubt mir, meinen Kampf gegen den radikalen Islam fortzusetzen, einen Kampf, den die Linke nicht führen will.»

Nach sieben Jahren im Stadtrat und sechs Jahren im Grossen Rat habe er Lust, zusätzlich auf nationaler Ebene zu wirken. Zudem habe Biel seit acht Jahren keinen Nationalrat mehr, und es gebe im Parlament keinen einzigen Farbigen, was nicht zu einer multikulturellen Gesellschaft passe. Bei einer Wahl würde er sich für ein Burka-Verbot, einen echten Elternurlaub, eine sozialverträgliche Kostenkontrolle und mehr Entwicklungshilfe stark machen.

Bei der deutschsprachigen CVP (Liste 21) tritt Markus Schwarz aus Pieterlen an. Für ihn ist die CVP «die einzige Partei, die die Schweiz zusammenhält», wie er sagt. Besonders am Herzen liegen dem Unternehmer «Top-Rahmenbedingungen und eine unbürokratische Unterstützung der Exportwirtschaft durch den Bund, auch für KMUs und Start-ups ohne Lobby».

Nationalistische Grüne
Peter Bonsack von der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) hat zwar am letzten Samstag seinen 71. Geburtstag feiern können, doch der Kallnacher Alt-Grossrat und Alt-Gemeinderat wills nochmal wissen. Die EDU ist eine christliche Rechtsaussenpartei, steht laut Bonsack aber «links von der SVP».

Noch weiter rechts als die SVP sind die Schweizer Demokraten (SD) anzusiedeln. Allerdings gehört zu ihren Feindbildern neben dem «EU-Diktat» auch «die Umweltzerstörung». Der Kampf gegen diese ist bei der Partei nichts Neues. Vielmehr war die Ökologie schon in den 60er- und 70er-Jahren, als sie noch Nationale Aktion gegen Überfremdung von Volk und Heimat (NA) hiess, ein Thema. Es wäre also vorstellbar, dass ihr Seeländer Kandidat Andreas Beyeler, Wirt des Restaurants Fischerei-Park in Worben, im Nationalrat bisweilen gleich stimmen würde wie die links angesiedelten Grünen.

75 Jahre PdA, 10 Jahre Piraten
Noch weiter links als die Grünen ist die Partei der Arbeit (PdA), die sich als kommunistisch positioniert. Für sie kandidiert der Bieler Berufsschullehrer und Stadtrat Pesche Heiniger. Die PdA kann dieses Jahr übrigens ihr 75-Jahr-Jubiläum feiern.

Erst zehn Jahre alt sind die Piraten. Für sie will der Bieler Treuhänder und Betriebsökonom Andreas Zimmermann den ersten Sitz überhaupt im nationalen Parlament holen. Das primäre Thema der Partei ist die Digitalisierung. Sie will etwa «den Schutz der Privatsphäre und die informationelle Selbstbestimmung der Bevölkerung stärken».

Insektensterben durch 5G?
Auf der Liste mit dem sperrigen Namen «Armin Capaul parteilos und weitere Parteilose (ACP u.w.P.)» ist der Nidauer Urs Zesiger, pensionierter Lokführer von SBB-Cargo-Zügen, der vorderste Seeländer. Es dürfe keine «politischen Tabuthemen» und keine Verknüpfungen wie jüngst jene von AHV und Unternehmenssteuer mehr geben, fordert er. Ausserdem müsse etwas gegen die zunehmende Altersarmut getan werden. Das Volk dürfe nicht in «Habende» und systembedingt «arm Gemachte» aufgesplittet werden.

Die Partei «Menschen mit Zukunft sagen 5G ade!» schafft es, ihr ganzes Programm schon im Namen abzuhandeln. «Wir sagen 5G ade, weil die höchst umstrittene fünfte Mobilfunkgeneration der Schweizer Bevölkerung nicht aufgezwungen werden darf», heisst es zur Begründung im Wahlprospekt. Und die Frage wird in den Raum gestellt: «Abnahme der Insekten um 76 Prozent seit Einführung des Mobilfunks – Zufall?»

Unter anderem fordert die Gruppierung einen sofortigen Stopp von 5G und die Errichtung von strahlungsfreien Räumen. Die Gemeinden sollen über den Bau neuer oder die Umrüstung bestehender Natelantennen abschliessend selbst entscheiden können. Aus dem Seeland kandidiert auf dieser Liste die Pflegefachfrau Annemarie Bucher aus Grossaffoltern.

Die «Landliste» (LL)hat ihren Listenplatz 33 gleich integriert und nennt sich auch «Landliste 33». Sie setzt sich für den Erhalt von landwirtschaftlichen Familienbetrieben ein, die durch nachhaltige Bewirtschaftung ein Einkommen für mehrere Generationen sichern, für einen hohen Selbstversorgungsgrad sowie für faire Lebensmittelpreise. Aus der Region ist der Bauer Christoph Stalder aus Rapperswil auf dieser Liste.

Und schliesslich sind da noch «Die Unabhängigen» (DU), bei denen der Sportlehrer Gilbert Rossier aus Port dabei ist. Die Partei fordert unter anderem umfassende finanzielle Transparenz in der Politik, bezahlbare Gesundheitskosten oder einen «absolut ehrlichen, sozialverträglichen Klimaschutz».

Stichwörter: Wahlen 19, Aussenseiter

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