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Störche

Von Hagelkörnern getroffen und aus dem Nest gefallen

Die Unwetter der letzten Wochen haben auch die Störche in Grossaffoltern und Altreu hart getroffen. Viele Jungtiere fielen aus ihren Nestern. Doch nicht alle Stürze waren tödlich.

Niklaus Marti, Gemeindepräsident von Grossaffoltern, hat gemeinsam mit dem Wildhüter die toten Tiere eingesammelt. Doch es gibt auch Hoffnung: Hinten auf dem Dach sind Störche zu sehen, die überlebt haben. Bild: Matthias Käser
  • Dossier

Stephanie Matti

Von April bis August sind Grossaffoltern und Altreu beliebte Ausflugsziele. In dieser Zeit kann beobachtet werden, wie Weissstörche ihre Jungen aufziehen. Normalerweise starten die Jungstörche im Juli ihre ersten Flugversuche. Dieses Jahr sollte es jedoch anders kommen.

Niklaus Marti, Gemeindepräsident und Posthalter von Grossaffoltern, erzählt, er sei Ende Juni an einer Sitzung gewesen, als die starken Gewitter über das Berner Seeland zogen. Die Hagelkörner prasselten mit solcher Wucht auf die Dächer, dass ein Gespräch unmöglich wurde. Als Marti aus dem Fenster blickte, sah er, wie ein Jungstorch auf dem Dach der alten Post in Grossaffoltern, von Hagelkörnern getroffen wurde und aus seinem Nest fiel. Wie sich später herausstellte, war dieser Jungstorch nicht der Einzige, der die starken Hagelfälle nicht überlebte.

Unschöne Arbeit

Sobald sich das Gewitter beruhigt hatte, bekam Marti zahlreiche Anrufe von Anwohnerinnen und Anwohnern des Dorfes, die weitere tote oder verletzte Störche entdeckt hatten. Zusammen mit dem Wildhüter machte er sich an die unschöne Arbeit und sammelte die toten Störche ein. Manche mussten mit einer Leiter aus ihrem Nest geholt werden.

Dabei gab es jedoch auch schöne Überraschungen und Marti und seine Helfer fanden einige Jungstörche, die das starke Gewitter überlebt hatten. Diese hatten jedoch teilweise gebrochene Flügel oder verletzte Beine und mussten gepflegt und aufgepäppelt werden.

Deshalb wurden sie aus ihren Nestern geholt und in die Wildstation Landshut gebracht. Die Wildstation Landshut ist eine Stiftung in Utzenstorf, die verletzte oder verwaiste einheimische Wildtiere pflegt, mit dem Ziel die Tiere gesund wieder in die Natur entlassen zu können. Auch die verletzten Jungstörche sollen, nachdem sie genesen sind, nach Grossaffoltern gebracht und in die Freiheit entlassen werden.

Marti erzählt, dass nicht nur Jungstörche von dem Hagel erschlagen wurden, sondern auch ausgewachsene Störche. Insgesamt verzeichnete das Storchendorf dieses Jahr 29 Nester und 49 Jungstörche. Davon seien zirka 20 Störche tot aufgefunden worden. Die geretteten Vögel sind nach Marti wohlauf und versuchen nun bereits ihre ersten Flugversuche.

Neues Zuhause gefunden

Ein Jungstorch, der Glück hatte und den Sturz aus seinem Nest überlebte, fand sogar ein neues Zuhause bei dem Geschäftsführer der Gartenbau AG Weibel in Grossaffoltern. Stefan Weibel entdeckte den Storch und rief sofort Niklaus Marti an, um zu fragen, was er tun soll. Die zwei Männer einigten sich, dass Weibel den Storch aufnimmt und ihn aufpäppelt. Darüber freuten sich natürlich auch Weibels Kinder, die den Jungstorch nun täglich beobachten können. Die Familie richtete dem kleinen Storch ein Plätzchen auf ihrem Balkon ein und seither wird er mit Schlachtabfällen gefüttert. Weibel erzählt, dass der Storch schnell kräftiger wird und nun nicht mehr auf dem Balkon, sondern auf dem gegenüberliegenden begrünten Flachdach haust und bereits seine ersten Flugversuche unternimmt.

Und wann ab in den Süden?

Auch die Störche in Altreu wurden von dem schlechten Wetter überrascht. Die Leiterin des Infowiti-Teams in Altreu, Renata Gugelmann, erzählt, dass in Altreu nicht der Hagel das Problem war, sondern die starken Windböen. Insgesamt drei Nester wurden mitsamt den Jungstörchen von den Bäumen gefegt. Die Jungstörche hatten jedoch Glück. Nur ein Vogel erlitt schwere Verletzungen und musste eingeschläfert werden. Die restlichen Jungstörche wurden wie jene von Grossaffoltern in die Wildstation Landshut gebracht, um gesund gepflegt zu werden.

Gugelmann erklärt, dass die Jungstörche dieses Jahr etwas später das Fliegen lernen, da die Thermik aufgrund des nassen Wetters ungünstig ist. Die Jungstörche sollten jedoch, wie jedes Jahr, rechtzeitig Mitte bis Ende August in den Süden fliegen können. Die erwachsenen Störche fliegen in der Regel erst später in den Süden. Gugelmann sagt lachend: «Die erwachsenen Störche müssen sich von den Strapazen der ‹Kinderstube› erholen.»

Nicht das erste Mal

Ein weiteres Problem für die Vögel waren die starken Regenfälle im Mai. Gugelmann erzählt, dass die Nester durchnässt waren und mehrere Jungstörche an einer Lungenentzündung starben. Die Regenfälle der vergangenen Wochen seien hingegen nicht mehr schlimm gewesen, da die kleinen Störche nun nicht mehr in den Nestern liegen, sondern stehen. Somit sind sie der Nässe nicht mehr direkt ausgesetzt.

Die Leiterin des Infowiti-Teams sagt, dass es das letzte Mal im Jahr 2013 so gewesen ist. Die Situation damals sei jedoch noch viel schlimmer gewesen als in diesem Jahr. Damals überlebten insgesamt nur drei Jungstörche die Gewitter. Vor den starken Unwettern kann man die Störche nicht schützen, da sie ihre Nester exponiert auf den Bäumen oder Hausdächern bauen. Gugelmann hofft, dass in der nächsten Zeit das Wetter stabil bleibt und nicht zu heiss wird. Denn auch Hitze ist für die Störche unangenehm und erschwert ihre Nahrungssuche.

Wer die Störche beobachten möchte, kann den beiden Storchendörfer Grossaffoltern und Altreu einen Besuch abstatten, oder die Vögel via Livekamera auf der Website von Infowiti (Link siehe Fussnote) inspizieren.

 

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Vogelwarte päppelt nach Hagelstürmen verletzte Weissstörche auf

Nach den heftigen Hagelstürmen der vergangenen Wochen sind in der Pflegestation der Vogelwarte Sempach mehrere verletzte Weissstörche abgegeben worden. Das Pflegeteam päppelte die Störche auf, konnte aber nicht alle retten.

Seit Anfang Juli wurden der Pflegestation der Vogelwarte Sempach insgesamt acht durch Hagel verletzte Weissstörche der Pflegestation abgegeben, wie Martina Schybli, Mediensprecherin der Vogelwarte, auf Anfrage sagte. Die Hagelkörner verletzten die Störche am Kopf oder an den Flügeln.

Vier der abgegebenen Störche waren laut Schybli so schwer verletzt, dass sie erlöst werden mussten. Die anderen vier Störche hätten sich gut erholt und konnten nach erfolgreicher Pflege inzwischen wieder freigelassen werden.

Störche sind bei Gewittern besonders gefährdet, weil ihre Horte exponiert sind. Die verletzten Störche stammten aus Sempach, Wauwil und aus dem Luzerner Seetal.

Die Hagelstürme aber setzten nicht nur den Weissstörchen zu - auch die Graureiher beim Besucherzentrum der Vogelwarte waren teilweise vom intensiven Hagel betroffen. Ein Teil der Jungvögel starb, sagte Schybli. Der Pflegestation wurden auch mehrere verletzte Krähen, Amseln und Mäusebussarde abgegeben.

«Verletzte Wildvögel sind ein Fall für eine Pflegestation», sagte Schybli. Grosse Vögel könnten allerdings sehr wehrhaft sein. Findet man einen verletzten Weissstorch, so soll man die Wildhut oder die Polizei kontaktieren, damit diese den Vogel fachkundig einfangen und ihn in eine Pflegestation bringen kann. Auch die Vogelwarte berät, wie vorgegangen werden soll. Kleinvögel kann man selbst in eine Pflegestation bringen. sda

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