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Solarmonitoring

Walperswil top, Ligerz flop

Mit 3,9 Prozent liegt der Anteil der Solarenergie in den Seeländer Gemeinden leicht über dem nationalen Durchschnitt. 
Die Unterschiede sind dabei riesig: In Ligerz ist es gerade mal 1 Prozent – in Walperswil 20 mal so viel.

Mehrfarbiger Flickenteppich: Der Anteil der Solarenergie in den Gemeinden ist heute höchst unterschiedlich. Grafik: BT/ml Quelle: Solarmonitoring Seeland

Beat Kuhn

Vor einem Jahr hat sich nach Bundesrat und Parlament auch das Volk für den Ausstieg aus der Atomenergie ausgesprochen. Ersetzt werden soll diese nicht zuletzt durch die vermehrte Nutzung von Solarenergie. Ein Jahr danach zeigt ein Blick auf das Solarmonitoring Seeland gewaltige Unterschiede: Walperswil hat einen Anteil von 20,2 Prozent vorzuweisen, Ligerz bringt es nur auf 1,0 Prozent – der Spitzenreiter übertrifft das Schlusslicht also um das Zwanzigfache.

 

Überdurchschnittlich, aber tief
Jörg Rüetschi, Programmleiter bei der regionalen Geschäftsstelle des WWF in Bern, hat zum Solarmonitoring Seeland eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Da der Anteil Solarenergie gesamtschweizerisch 2,75 Prozent beträgt, liegen 43 der 61 berücksichtigten Gemeinden über dem Durchschnitt (siehe Infobox). Allerdings findet Rüetschi den nationalen Schnitt «jenseits von Gut und Böse». Die schlechte Nachricht: Von den «20 bis 30 Prozent, die drin liegen», ist die Region mit ihren durchschnittlich 3,9 Prozent weit entfernt.

Erhöhen könnten die Gemeinden den Anteil «durch Förderung und Information», rät Rüetschi, der in Wohlen lebt und damit fast selbst ein Seeländer ist. Auch die Nachbarschaft spiele eine Rolle: Wenn eine Firma auf ihrem Dach eine Photovoltaikanlage (PVA) installiere, kämen auch andere Betriebe auf diese Idee. Und bei kleinen Gemeinden könne schon eine einzelne grössere Anlage den Prozentsatz stark erhöhen.

 

Neues Solarkraftwerk in Lyss
Die Gemeinden sind sich bewusst, dass noch grosser Handlungsbedarf besteht. So hat Lyss (Anteil: 3,5 Prozent) im Bestreben, den Solarstromanteil zu erhöhen, eine Solargenossenschaft gegründet, wie Daniela Gaspoz-Fleiner von der Abteilung Bau und Planung sagt. Das erste Solarkraftwerk mit einer Fläche von 845 Quadratmetern könne auf den Dächern des neuen Werkhofs realisiert werden.

«Wir sind überzeugt, dass der Anteil noch steigen wird, insbesondere weil das Potenzial auf den Dächern noch gross ist und eine PVA heute keine riesige Investition mehr ist», sagt auch Stephan Mathys, Bauverwalter von Täuffelen-Gerolfingen (3,1 Prozent). Die beim Schulhaus-Neubau geplante PVA werde den Strombedarf der Anlage zu einem grossen Teil decken.

Stephan Spycher, Gemeindeschreiber von Vinelz (5,4 Prozent), stellt fest, dass die Meldungen privater Solaranlagen «merklich zunehmen». Das Flachdach des 2015 eingeweihten Feuerwehrmagazins der Feuerwehr Jolimont sei der Solargenossenschaft Erlach unentgeltlich für eine Solaranlage zur Verfügung gestellt worden.

 

Vorbildrolle der Gemeinden
«Der Anteil der erneuerbaren Energieträger erreicht nicht den aus Sicht des Gemeinderates erstrebenswerten Zielwert», räumt Alexander Schaer, Gemeindeschreiber von Müntschemier (2,4 Prozent), ein, «insbesondere auch für die Sonnenenergienutzung ist noch einiges an Potenzial vorhanden.» Im neuen Leitbild sei das Ziel gesetzt, den Anteil an erneuerbaren Energien für Wärme und Strom zu steigern. Bei der Nutzung erneuerbarer Energien solle die Gemeinde eine Vorbildrolle einnehmen.

Bargen (4,9 Prozent) habe mit den PVAs auf der Mehrzweckhalle, dem Kindergarten und der Gemeindeverwaltung «bereits eine grosse installierte Basis an gemeindeeigenen Solaranlagen», findet Erna Schweizer, Gemeindeschreiberin ad interim. Der Zuwachs an privaten PVAs sei erfreulich und werde durch die Gemeinde «mit einem attraktiven Rückliefertarif und der Vergütung von Herkunftsnachweisen gefördert». Auf verschiedenen Industriegebäuden seien bereits PVAs realisiert oder in Vorprüfung.

Das Energiewerk der Gemein- de Ins (8,7 Prozent) biete seit Jahren einen Ökostrom-Mix aus zertifizierten Wasserkraft-, Windkraft- und Photovoltaikanlagen an und erfülle damit höchste Umweltstandards, führt Gemeinderat Rudolf Graf (SVP), Ressortvorsteher Energie- und Wasserversorgung, Kultur/Freizeit, ins Feld. Zurzeit seien über 60 PVAs in Betrieb. Die grösste sei letztes Jahr auf dem neuen Kindergartengebäude realisiert worden. «Die Photovoltaik soll weiter gefördert werden», sagt Graf. Die Gemeinde und die örtlichen Sonnenstromproduzenten würden anbieten, Solarstrom von örtlichen PVAs mit einem Aufpreis von fünf Rappen pro Kilowattstunde zu kaufen.

 

Warten auf Speicherlösungen
In Seedorf (17,9 Prozent) kommt laut Stefan Hübscher, Leiter Bau und Werke, im Schnitt jeden Monat eine neue PVA hinzu. Und er sagt: «Ich persönlich bin überzeugt, dass die Solarenergie im Zusammenhang mit Batteriespeicherlösungen und der Elektromobilität noch markant zunehmen wird.» Diverse private PVAs in der Gemeinde seien bereits mit einem Batteriespeicher im Keller ausgerüstet. Und: «Freie Dach- und Fassadenflächen sind noch unzählige vorhanden.»

In der Gemeinde Bellmund (7,9 Prozent) ist die grösste Solaranlage gemäss Gemeindepräsident Matthias Gygax (FDP) jene auf dem Dach der örtlichen Landi. Für die energetische Sanierung des Schulhauses werde ebenfalls eine Sonnenenergienutzung geprüft. Bis Ende Jahr solle das Ergebnis der Prüfung vorliegen.

In Brügg werde der Anteil von 5,7 Prozent noch in diesem Jahr durch eine Grossanlage und weitere Anlagen auf zirka 11,5 Prozent steigen, kündigt Daniel Mathys, Leiter Elektrizitätsversorgung, an. «Es sind Projekte wie Genossenschaften oder Bürgerbeteiligungen vorgesehen.»

Ipsach (2,0 Prozent) habe «noch ein grosses Potenzial für Solarstrom», meint Isabelle Möri von der Abteilung Einwohner und Finanzen. «Wegen der tiefen Strompreise scheint die Motivation zum Investieren momentan aber leider nicht sehr gross zu sein.» Damit dürfte sie recht haben.

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Solaranteil-Hitparade

6,1 Prozent und mehr

Walperswil 20,2

Gals 19,7

Tschugg 18,5

Seedorf 17,9

Meienried 16,4

Scheuren 14,4

Diessbach 13,5

Kallnach 12,0

Epsach 11,0

Gampelen 10,9

Radelfingen 9,9

Grossaffoltern 9,6

Erlach 9,3

Ins 8,7

Büetigen 8,5

Dotzigen 8,5

Bühl 8,3

Merzligen 8,0

Bellmund 7,9

Siselen 7,9

Schüpfen 7,6

Leuzigen 7,1

Studen 6,7

Hermrigen 6,2

 

5,1 bis 6,0 Prozent

Orpund 6,0

Treiten 6,0

Brügg 5,7

Vinelz 5,4

 

4,1 bis 5,0 Prozent

Twann-Tüscherz 5,0

Bargen 4,9

Brüttelen 4,9

Jens 4,8

Pieterlen 4,8

Aarberg 4,5

Kappelen 4,4

Finsterhennen 4,2

 

3,1 bis 4,0 Prozent

Port 3,7

Lyss 3,5

Mörigen 3,3

Hagneck 3,2

Täuffelen-Gerolfingen 3,1

 

2,1 bis 3,0 Prozent

Büren 2,9

Lengnau 2,8

Schwadernau 2,7

Sutz-Lattrigen 2,5

Müntschemier 2,4

Meinisberg 2,1

 

1,1 bis 2,0 Prozent

Ipsach 2,0

Leubringen-Magglingen 1,7

Biel 1,6

Oberwil 1,6

Worben 1,5

Lüscherz 1,2

 

0 bis 1,0 Prozent

Ligerz 1,0

Keine Angaben im Monitoring: Aegerten, Arch, Nidau, Rapperswil, Rüti, Safnern, Wengi. bk

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