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25. März 2018

Wandler zwischen zwei Polen

Die EVP-Kandidaten Christine Schnegg und Philippe Messerli machen sich im Grossen Rat immer wieder für Familienanliegen stark. Einiges, was dem Zeitgeist entspricht, lehnt die Partei aber ab.

Mitteposition macht Kompromisse möglich: Christine Schnegg und Philippe Messerli politisieren «konservativ, aber sozial». copyright:matthiaskäser/bieler tagblatt
  • Dossier

Deborah Balmer  


«Menschlichkeit» und «Familie» sind Begriffe, die Christine Schnegg und Philippe Messerli im Gespräch immer wieder verwenden. Die beiden amtierenden EVP-Grossräte und Kandidaten für die Grossratswahlen vom 25. März beteuern, dass es sich dabei nicht um leere Phrasen im Wahlkampf handelt, sondern, dass sie diese Werte auch leben.


Die Evangelische Volkspartei EVP ist es, die die Familienpolitik des Kantons nachhaltig mitgeprägt hat. Die Lysserin Christine Schnegg verlangte als Grossrätin in einer Motion ein Konzept mit Massnahmen zur Familienförderung, weil «die Ehe und die traditionelle Familie Werte sind, die wir unterstützen». Und auch, weil sie die sinkenden Kinderzahlen als eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit sieht.

Ihr zu verdanken ist auch ein Familienportal im Internet mit zahlreichen Links zum Thema. Auf einen Vorstoss von Messerli geht derweil ein Konzept zur Stärkung von Frühförderungsmassnahmen zurück.


Beide sind in einer Freikirche
Schnegg  bezeichnete sich bis zum Auszug ihrer Kinder gerne als Familienfrau. Doch sie ist auch EVP-Fraktionspräsidentin und seit rund fünf Jahren Präsidentin der kantonalen EVP und Präsidentin der Kantonalen Mütter- und Väterberatung. «Mein Herz schlägt für die Solidarität», sagt sie. Philippe Messerli ist Co-Geschäftsführer der kantonalen EVP. «Miteinander statt gegeneinander ist mein Motto.»

Wie das «Evangelisch» im Parteinamen verrät, ist bei beiden der Glaube sehr zentral. Die christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe sind Begriffe, die zuoberst auf der Website der Partei zu finden sind.  


Gut die Hälfte der Partei sei Mitglied einer Freikirche, schätzen sie. So auch Philippe Messerli, der bei Jahu dabei ist, und Christine Schnegg, die zur Evangelisch-methodistischen Kirche Lyss gehört. Beide sind aber daneben Mitglied der Landeskirche. «Die Bewahrung der Schöpfung ist eines unser Hauptanliegen», sagt Messerli, der sich wie seine Parteikollegen beispielsweise gegen Abtreibungen ausspricht.

Dinge, die dem Zeitgeist entsprechen, lehnt die Partei ebenso ab. Etwa, dass Homosexuelle in eingetragener Partnerschaft ein Stiefkind adoptieren dürfen. Ganz deutlich lehnt die EVP auch die aktive Sterbehilfe ab. Weil dadurch laut Schnegg ein Druck entstehen könnte, à la «ich bin alt und krank und deshalb für die Gesellschaft nichts mehr wert».


Wenn man ihn frage, wie er politisiere, sage er immer: «Wertkonservativ, aber sozial», so Messerli. Oftmals ist die politische Meinung der EVP irgendwo in der Mitte zu suchen. Als es in der Monsterspardebatte im Grossen Rat darum ging, den Rotstift anzusetzen, war die Partei durchaus dafür, an gewissen Stellen zu sparen.

Sie machte sich aber gegen Sparmassnahmen bei den Schwächsten und im Bildungsbereich stark. Ansichten der Linken sind der EVP oft zu links, Ansichten der Bürgerlichen hingegen oft zu rechts.

So gehen der EVP etwa Forderungen der Gewerkschaften laut Messerli in einigen Fällen zu weit. Wenn die Rechte die Steuern «zugunsten gewinstarker Unternehmen» senken will, unterstützt das die EVP aber genauso wenig. Das bringt der Partei mitunter den Vorwurf ein, schwankend zu sein. Doch das lassen Schnegg und Messerli, die überzeugt sind, dass es die Mitte braucht, nicht gelten. «Ein Problem der kantonalen Politik ist ja gerade die Polarisierung, die keinen weiterbringt», sagt Schnegg. Lösungen seien oft nur dank der Mitte möglich.


Der Kanton Bern ist eine der Hochburgen der EVP. Mit 12 von 160 Grossrätinnen und Grossräte und einem Wähleranteil von 6,4 Prozent ist man im Grossen Rat vertreten. Vor vier Jahren konnte die EVP im Wahlkreis Biel-Seeland von einem auf zwei Sitze zulegen. Erklärtes Ziel an diesen Wahlen ist für Messerli und Schnegg, diese Sitze zu halten. «Weil wir mit unserer begonnenen Arbeit weiterfahren möchten, uns weiterhin für das allgemeine Wohl einsetzen wollen.»


Wie sie aufgewachsen sind
Wie erklären sie sich den Ursprung ihres Engagements? In der Familie sei früher oft politisiert worden, sagt der studierte Historiker Messerli. «Wir hatten Verwandte im Berner Jura. Deshalb war der Jurakonflikt oft Thema.» Später kam der Nidauer über eine Jugendgruppe der Landeskirche in christliche Kreise.


Schnegg ist bei Lyss in einer Bauernfamilie aufgewachsen, ihre Eltern waren Mitglied in der SVP. «Wir waren nie nur unsere Kernfamilie, sondern betreuten immer auch noch andere Menschen», sagt Schnegg.  
Später hat sie eine Ausbildung zur Hebamme abgebrochen, um sich ganz ihrer Familie zu widmen. Als Tagesmutter betreute sie neben ihren eigenen Kindern lange auch einen Buben und leistete daneben auch immer viel Freiwilligenarbeit, auch «weil ich der Gesellschaft etwas zurückgeben wollte».


Eine der grossen Herausforderungen an kantonalen Wahlen ist es laut der EVP, die Wähler überhaupt an die Urne zu bringen. Sowohl Messerli als auch Schnegg verzichten auf allzu viele Wahlplakate, weil das auch eine finanzielle Frage sei. Stattdessen mobilisieren beide ihr privates Umfeld. Sie verschicken zahlreiche Mails und Karten und schreiben die Wähler persönlich an.


Sie sei auf jeden Fall sehr motiviert, sagt Schnegg, bevor sie und ihr Parteikollege Messerli im Grossratssaal verschwinden, weil sie eine wichtige Abstimmung auf keinen Fall verpassen wollen.

 

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Zu den Kandidaten
Die 51-jährige Christine Schnegg ist Präsidentin der kantonalen EVP. Spezialgebiete sind Gesundheits-, Familien-, und Sozialpolitik.
Der 47-jährige Philippe Messerli ist Geschäftsführer der EVP des Kantons. Bildung und Integration gehören zu seinen Kernthemen. Er sitzt in der grossrätlichen Kommission für Staatspolitik. In Nidau ist er im Gemeinderat.
Die EVP tritt im Wahlkreis Biel-Seeland mit der Liste 3, EVP, und der Liste 4, junge EVP, an. bal

 

Link zu allen Kandidaten:

http://www.bewas.sites.be.ch/navigation-de.html

 

 

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