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Trinkwasser

Wasserversorger richten Appell an die Politik

Trinkwasserversorger fordern: Staatsgelder ausschliesslich für nachhaltig produzierende Bauern. Die Landwirtschaftliche Organisation Seeland kontert: Das sei zu einseitig und löse das Problem nicht.

Symbolbild: Pixabay

Trinkwasserversorger aus sechs europäischen Ländern, darunter die Schweiz, haben heute aus Sorge um den Schutz des Trinkwassers einen Appell an Politiker in der Europäischen Union gerichtet. Die bisherige konventionelle Landwirtschaft verwende zu viel Pflanzenschutzmittel, Gülle und Dünger und schade damit dem dem Grundwasser. Die einmal freigesetzten Stoffe könne man nicht mehr zurückholen, schreiben die Vertreter des Dachverbands, der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet. Die Stoffe seien aber grossflächig im Grundwasser nachweisbar und Trinkwasserversorger seien gezwungen, mit aufwändigen Anlagen die Stoffe aus dem Wasser zu filtern. Dies auf Kosten der Bevölkerung. Die Wasserversorger befürchten für die Zukunft, dass der Technik Grenzen gesetzt sein könnten, «um alle Belastungen zu entfernen», schreiben die Unterzeichnenden. Zu diesen gehört auch Roman Wiget, Geschäftsführer der Seeländischen Wasserversorgung Worben. Wiget ist zudem Präsident der Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein.

Die Trinkwasserversorger bitten die Politikerinnen und Politiker in einem ersten Schritt und so schnell als möglich, im Zuströmbereich von Trinkwasserfassungen eine Landwirtschaft ohne Pflanzenschutzmittel durchzusetzen. Zudem sollen nur noch Landwirte Direktzahlungen erhalten, die umweltverträglich produzieren und damit Gewässer und Klima schonen. «Wir sind überzeugt, dass die ökologische Umlenkung der Landwirtschaftsmilliarden eine nachhaltige Agrarwende herbeiführen kann», schreiben Roman Wiget und Matthias Meier, Präsident des Dachverbands. Sie halten die Trinkwasserinitiative, die diesen Juni zur Abstimmung kommt, für ein geeignetes Instrument dafür.

Dem widerspricht Daniel Weber, Präsident der Landwirtschaftlichen Organisation Seeland. Er hält die Argumentation der Trinkwasserversorger für zu einseitig, es fehle der Gesamtblick. Bei einer Annahme der Trinkwasserinitiative werde das Trinkwasserproblem einfach ausgelagert. «Die ganze Situation ist wesentlich komplexer, als die Titel der Initiativen den Anschein machen», schreibt Weber. Denn es sei bekannt, dass die Landwirtschaft nur für etwa die Hälfte der unerwünschten Rückstände im Grundwasser verantwortlich sei. Für die andere Hälfte sei es die Gesellschaft.

Weber: «Wir alle hinterlassen im Grundwasser unsere Spuren.» Damit meint er Medikamente, Hormone, Antibiotika, Fassadenfarben, Kosmetika, Motorenöl und mehr. Also seien alle dazu angehalten, ihren Beitrag für sauberes Trinkwasser zu leisten. Die Landwirtschaft habe den Einsatz von Pflanzenschutzmittel und Antibiotika bereits massiv reduziert. Dies bei gleichbleibender Produktion und Qualität. Und man sei noch lange nicht fertig, es gebe noch viel Luft nach oben und die Landwirtschaft werde weiter mit Hochdruck daran arbeiten, noch weniger schädliche Stoffe einzusetzen.

«Doch wie sieht es mit dem restlichen tausenden von Stoffen aus, die nicht aus der Landwirtschaft kommen?», fragt er. Konsequenterweise müssten alle Stoffe aus Spitälern, Heimen und Hausapotheken verbannt werden. Daniel Weber bezweifelt, dass die Menschen dazu bereit sind, falls die «radikalen Agrarinitiativen» angenommen würden. Er glaubt auch nicht daran, «dass die Gesellschaft ihr Leben ausschliesslich auf naturbelassenen Produkten» aufbauen wolle. Wer aber A sage, müsse auch B sagen und den gesetzlich verordneten Verzicht akzeptieren. Brigitte Jeckelmann

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