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«Wenn der Wille da ist, schafft man alles»

Amina Aboudou gibt alles für ihren Traum. Nachdem sie bereits über fünf Jahre als Pflegefachfrau im Wydenpark in Studen gearbeitet hat, kämpft sie nun für ihren nächsten Abschluss.

Pflegerin Amina Aboudou und Geschäftsführer Thomas Briggen. Bild: psj

Betagte Menschen noch besser betreuen und bei der Pflege immer auf dem neusten Stand sein: Das ist das Ziel von Amina Aboudou. Die junge Togolesin hat Ende Mai in Lausanne die berufsbegleitende Weiterbildung im Fachbereich Langzeitpflege abgeschlossen. Einige Jahre zuvor hatte sie die Attestlehre Assistentin Gesundheit und Soziales und anschliessend die dreijährige Lehre zur Fachfrau Gesundheit absolviert. Das alles sind Meilensteine auf dem Weg zu ihrem grossen Traum im Berufsleben, dem Abschluss als diplomierte Pflegefachfrau HF.

Seit fünfeinhalb Jahren arbeitet Amina Aboudou Vollzeit im Senevita Wydenpark in Studen. Das Alterspflegezentrum bietet 56 Betten und betreutes Wohnen mit elf Wohnungen. Die 31-Jährige zählt dort längst zu den prägenden Persönlichkeiten. Unter anderem ist sie verantwortlich für die Einhaltung der Hygiene, führt dazu monatlich Kontrollen und Weiterbildungen bei den Mitarbeitenden durch. Zudem ist sie Ansprechperson und Berufsbegleiterin für die Lernenden.

Neben ihrer Muttersprache Französisch spricht sie mittlerweile gut Hochdeutsch. Seit einigen Jahren verfügt sie über die Aufenthaltsbewilligung C. Derzeit bereitet sie sich auf die Einbürgerung vor, denn die junge Frau möchte in ihrer Wahlheimat nicht nur leben und arbeiten, sondern auch wählen und abstimmen können.

Flucht aus dem Togo
2005 flüchtete Amina Aboudou, damals 17-jährig, zusammen mit einem Cousin vor dem Bürgerkrieg in die Schweiz. Die Erinnerung an jene gefahrvolle Zeit wühlt sie immer noch auf. Zurückschauen mag sie nicht, deshalb hat sie sich im Asylzentrum Interlaken (nach Vallorbe ihre zweite Station in der Schweiz), mit aller Kraft aufs Deutsch lernen konzentriert. Das Leben in den Griff bekommen, einen Platz in der Gesellschaft finden. Diese Motivation hat Aboudou geholfen den Krieg in Togo hinter sich zu lassen.

Heute wohnt sie in der Stadt Bern. Auch wenn für sie der Beruf höchste Priorität hat, so findet sie doch Zeit für ihre Hobbys, Kickboxen, Wandern und im Winter Langlauf. «Fitness, körperlich und geistig, ist in meinem Beruf wichtig. Unsere Bewohnerinnen und Bewohner spüren sofort, wenn ich nicht auf der Höhe bin und fragen dann besorgt nach.» Am Abend geht Aboudou gelegentlich mit ihren Freunden in den Ausgang. Dabei trinkt die praktizierende Muslima keinen Alkohol. Aber es störe sie nicht, wenn ihre Freunde sich ein Bier oder ein Glas Wein gönnen, sagt sie.

Kindheitstraum verwirklicht
«Die Arbeit mit älteren Menschen war immer ein Kindheitstraum für mich», sagt Amina Aboudou. Bereits im Alter von acht Jahren habe sie kranke und gebrechliche Menschen unterstützt, so auch ihre Mutter und andere Leute in der Nachbarschaft. Sie ist überzeugt: «Ältere Menschen haben uns so viel zu geben. Wir können von ihnen viele Dinge lernen fürs Leben.»

Neben den erfolgreichen Berufsabschlüssen, zuletzt der Langzeitpflege-Weiterbildung, musste Amina Aboudou auch Rückschläge einstecken. So hat sie die Ausbildung zur Pflegefachfrau, die sie 2015 begonnen hatte, nach einem Jahr (vorerst) abgebrochen, nachdem sie die Zwischenprüfung nicht bestanden hatte. «Ich bin sehr praktisch veranlagt. Der schriftliche Teil der Ausbildungen hingegen bedeutet für mich immer einen grossen Effort», sagt sie.

Basierend auf ihrer Erfahrung will sie alle jungen Leute ermutigen, sich sorgfältig aus- und weiterzubilden. Das gelte für Ausländer ebenso wie für Schweizer. Aboudou ist überzeugt: «Wenn der Wille da ist, dann schafft man das.» Trotz den Rückschlägen will sie ihren Traum, diplomierte Pflegefachfrau zu werden, nicht aus den Augen verlieren. Nach dem Gespräch und anschliessenden Mittagessen im Wydenpark-Café ist klar: Amina Aboudou verfolgt ihre Ziele beharrlich – und stets mit einem Lächeln. Daniela Deck

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Die Langzeitpflege
Die Ausbildung zur Fachperson Langzeitpflege vermittelt Kenntnisse und Kompetenzen für die Pflege und Betreuung von Menschen im Zusammenhang mit Altersheilkunde, Gerontopsychiatrie und palliativer Betreuung. Im 18-monatigen Lehrgang werden auch der angemessene Umgang mit Nähe und Distanz thematisiert sowie das Abschiednehmen von Patientinnen und Patienten.

Der Lehrgang «Langzeitpflege» gehört zu den Ausbildungen, welche die Senevita-Gruppe im Rahmen ihrer Kampagne zur Attraktivierung der Berufsfelder rund um die Betreuung von betagten Menschen fördern will.

Die Senevita AG betreibt in der Deutschschweiz 27 Wohn- und Pflegeheime und betreut mit rund 2200 Mitarbeitenden und 210 Lernenden zirka 2100 Bewohnerinnen und Bewohner. dde

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Info: www.senevita.ch

Arbeitgeber fördert Weiterbildungen
Der Geschäftsführer des Zentrums Senevita Wydenpark in Studen, Thomas Briggen, freut sich über die zielstrebige berufliche Entwicklung von Amina Aboudou. Er ermutigt sie zum Erwerb von neuen Fähigkeiten und zusätzlichem Berufswissen. «Den Wunsch nach Weiterbildung will ich als Arbeitgeber unbedingt unterstützen. Gerade im Pflegebereich gibt es ständig neue Erkenntnisse.» Davon würden sowohl die Bewohner als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren.

Briggen macht immer wieder die Erfahrung, dass im Pflegebereich mancherorts noch die Vorstellung herumgeistert, dass die Langzeitpflege der Akutpflege nicht das Wasser reichen könne. Die Realität sei jedoch eine ganz andere: «Die Langzeitpflege ist ebenso anspruchsvoll wie die Arbeit im Spital und dabei vielseitiger.» Denn in der Alterspflege arbeite auch die diplomierte Pflegefachperson weiterhin direkt mit dem Patienten und finde sich nach dem Diplom nicht nur im Büro wieder. Die schwierigste Grösse in der Pflege im Altersbereich sei die Zeit. Im Spannungsfeld zwischen menschlicher Zuwendung und Effizienzstreben müssen die Betreuenden laut Briggen die Bedürfnisse der Bewohner in den Mittelpunkt stellen. «Dazu braucht es eine spezielle Begabung. Und eine Persönlichkeit wie Amina Aboudou.» dde

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