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SVP

«Wir sind die Verlierer, dazu stehen wir»

Die Schweizerische Volkspartei gehört zu den grossen Verliererinnen der diesjährigen Wahlen, und zwar auf allen Ebenen: In den drei regionalen Wahlkreisen büsst sie sogar noch mehr ein als kantonal.

Symbolbild: Keystone
  • Dossier

«Jetzt nehme ich ein Bier und dann gehe ich schlafen», sagte Martin Schlup gestern kurz nach Bekanntgabe der gesamtkantonalen Wahlresultate. Der Landwirt aus Schüpfen präsidiert die SVP Biel-Seeland und kandidierte für den Nationalrat, doch zu holen gab es für die Seeländer SVP-Kandidatinnen und -Kandidaten gestern in Bern nichts.

Kein Wunder: Die Partei befindet sich im Sinkflug. National musste sie im Vergleich zu 2015 12 Sitze einbüssen. Im Kanton Bern sank der Wähleranteil von 33,1 Prozent auf 30,1 Prozent, was eine Einbusse von drei Prozent und zwei Sitzen bedeutet. Über die Klippe springen musste der amtierende Nationalrat Manfred Bühler aus dem Berner Jura: Er verpasste seine Wiederwahl. Verloren wurde ausserdem der Sitz von Adrian Amstutz, der aufgrund der parteiinternen Amtszeitbeschränkung nicht mehr antrat.

 

«Jetzt müssen die Grünen ran»

Damit nicht genug der Verluste: Im Wahlkreis Seeland erreichte die SVP vor vier Jahren noch einen Wähleranteil von 38,3 Prozent. Dieser sank nun um 3,3 Prozent auf 35 Prozent. Noch herber fiel der Verlust im Wahlkreis Berner Jura aus: Hier erreichte die Volkspartei einen Wähleranteil von 31,2 Prozent, was gegenüber 2015 ein Minus von 5,4 Prozent bedeutet. Das ist noch nicht alles: Die grösste Einbusse erlitt die Partei im Wahlkreis Biel, nämlich 5,8 Prozent, von 27,9 Prozent (2015) auf 22,1 Prozent.

«Wir sind die Verlierer, dazu stehen wir», sagt Martin Schlup. Trotzdem relativiert er die Resultate: Vor vier Jahren habe die SVP mit ihren Kernthemen Migration und Asyl punkten und an Wähleranteil zulegen können: «Jetzt sind wir wieder da, wo wir vorher waren.»

Die Klimathematik sei omnipräsent in den Medien gewesen, was den grünen Parteien in die Hände gespielt habe. Jetzt aber müssten die Grünen zeigen, was sie können, und das Volk müsse dann damit umgehen können, wenn es zu Veränderungen komme. Schlup verweist auf die Gemeinde Leubringen-Magglingen, in der die Grünen einen Wähleranteil von 21,9 Prozent erreichten: «Dort wohnen viele sehr reiche Leute.» Vermutlich besässen viele von ihnen ein Schiff auf dem See, reisten in der Welt herum oder würden ein grosses Auto fahren. «Vermutlich haben viele bloss Grün gewählt, um das Gewissen zu beruhigen», so Schlup.

 

Ist das Seeland zu wenig ländlich?

Mit Leubringen-Magglingen pickte Martin Schlup – bewusst oder unbewusst – diejenige Gemeinde heraus, die mit 13,3 Prozent seelandweit den schwächsten SVP-Wähleranteil aufweist. Vor vier Jahren waren es dort noch 19,7 Prozent. Die grösste Unterstützung erntet die Volkspartei mit 56 Prozent Wähleranteil in Treiten. Es ist symptomatisch, dass der Seeländer «Rekord» von 2015 deutlich höher ausgefallen war, nämlich mit erreichten 60,8 Prozent in Hermrigen.

Zum Vergleich zwei zufällig herausgepickte Gemeinden aus dem Süden des Kantons: Saxeten (Wahlkreis Interlaken-Oberhasli): 72,5 Prozent, Horrenbach-Buchen (Wahlkreis Thun): 83,7 Prozent Wähleranteil für die SVP.

«Das Seeland ist vielleicht schon fast zu sehr Agglomeration, während sich die SVP vor allem für ländliche Themen einsetzt», sagt Martin Schlup dazu. Die Oberländer seien ausserdem «Weltmeister» darin, konsequent die eigenen Leute zu wählen, manchmal sogar über die Parteigrenze hinaus. «Das müssten die Seeländer vielleicht auch konsequenter tun, wenn sie wieder einmal einen eigenen SVP-Nationalrat haben möchten», schliesst er. Von allen Seeländer SVP-Kandidatinnen und -Kandidaten erreichte Schlup mit Rang 17 von insgesamt 24 das beste Resultat: «Ich habe mir mehr erhofft», sagt er. Und vermutet, dass er sich zuwenig in den anderen Regionen gezeigt hatte.

Auch die Bielerin Sandra Schneider konnte nicht überraschen. Dass ihre Partei ausgerechnet im Wahlkreis Biel einen so grossen Verlust erlitt, erklärt auch sie mit der Klimadebatte: «Das Thema vermochte vor allem die Linken zu mobilisieren.» Das Abschneiden der SVP beurteilt sie insgesamt als «weniger schlimm als erwartet». Ein schlechteres Resultat sei gar nicht so tragisch, «das weckt den Kampfgeist und fördert die Motivation».

Nicht nur die Mutterpartei, sondern auch die Junge SVP musste im Kanton Bern Wähleranteile einbüssen. Auf dieser Liste schaffte es aber ein Seeländer an die Spitze: Adrian Spahr, der gestern den Eintritt in den Legnauer Gemeinderat verpasste (siehe Seite 14), holte 7423 Stimmen. Andrea Butorin

Stichwörter: SVP, Wahlen, Politik, Schweiz

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