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Dotzigen

«Wir waren ständig dabei,
 die Regale aufzufüllen»

Philippe Robert ist Geschäftsführer im Coop Centre Boujean. Der 35-Jährige aus Dotzigen erzählt, was ihn am Verkauf reizt und wie er die Coronakrise erlebt.

«Ich hatte nie Angst, arbeiten zu gehen», sagt Philippe Robert. Bild: zvg
  • Dossier

Aufgezeichnet: 
Sarah Grandjean

Seit zwei Jahren bin ich Geschäftsleiter der Coop-Verkaufsstelle im Centre Biel Boujean und führe rund 80 Mitarbeiter. Bei Coop habe ich schon meine Grundausbildung im kaufmännischen Bereich gemacht. Während der Ausbildung habe ich ein Praktikum im Verkauf absolviert. Das hat mir so gut gefallen, dass ich nach abgeschlossener KV-Ausbildung und nach dem Militärdienst direkt in den Verkauf gewechselt habe. Ich mag den Kundenkontakt und das Verkaufen an sich – einfach dieses Verkäufer-Sein, das gefällt mir.

Seit Mitte März hat sich bei der Arbeit vieles verändert. Die grösste Herausforderung war, die Hygienemassnahmen umzusetzen, die das BAG vorgegeben hat. Das war etwas Neues, was man bis dahin nicht gekannt hatte, und alles musste sehr schnell gehen. Täglich hatten wir Telefonkonferenzen, und wenn es neue Bestimmungen vom BAG gab, haben wir diese am gleichen Tag noch umgesetzt.

Das Erste, was wir gemacht haben, waren die Abstandslinien. Zudem haben wir die Plexiglasscheiben bei den Kassen montiert, um unsere Kundschaft und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Im Laden wurde die tägliche Reinigung etwa von Self-Checkout-Kassen, Kassenterminals sowie Einkaufswagen und -chörbli erhöht. Ein Mitarbeiter kontrolliert jeweils den Eingang und stellt mit einem elektronischen Zählsystem sicher, dass die maximal erlaubte Anzahl an Personen eingehalten wird. Bei den Ein- und Ausgängen des Coop stehen den Kundinnen und Kunden Handdesinfektionsmittel und Handschuhe zur Verfügung. Wenn jemand in den Laden geht, ohne sich beim Eingang die Hände zu desinfizieren, weist der Mitarbeiter die Person auf diese Möglichkeit hin. Es besteht jedoch keine Pflicht dazu. Viele sagen dann, dass sie ihre Hände gerade im Auto desinfiziert oder dass sie ihr eigenes Mittel dabeihaben.

Die meisten Kundinnen und Kunden halten sich an die Abstandsregeln. Viele wollen sich selbst schützen, deshalb klappt das gut. Sie haben unterschiedlich auf die aussergewöhnliche Situation reagiert. Einige haben viel gekauft, andere haben an ihrem Einkaufsverhalten nichts geändert. Aufgefallen ist mir, dass einige Kunden für mehrere Personen einkauften. Gerade zu Beginn gab es Einzelfälle, bei denen man auch mal den Frust der Kunden zu spüren bekam. Das war aber sehr selten. Die meisten waren froh, dass sie noch einkaufen gehen konnten und dass es von allem etwas gab. Denn generelle Engpässe gab es nie. Wir waren ständig dabei, die Regale aufzufüllen. Ich denke, das hat eine gewisse Ruhe in den Laden gebracht.

Am Anfang haben einige Kunden nicht verstanden, warum sie manche Produkte nicht kaufen können, beispielsweise Socken und Unterwäsche. Mit ihnen haben wir das Gespräch gesucht. Auseinandersetzungen gab es deswegen keine. Besonders häufig wurden Backhefe und frische Sachen wie Fisch und Gemüse oder lang haltbare Lebensmittel gekauft. Zudem gab es einen extremen Trend zu regionalen Produkten und Bioartikeln. Man hat gemerkt, dass die Leute Zeit zum Kochen und Backen haben.

Für mich war es speziell, dass während dieser Zeit alle anderen Geschäfte im Centre Boujean geschlossen waren. Wir waren froh, dass uns die acht Mitarbeiter aus dem Coop-Restaurant während dieser anspruchsvollen Zeit unterstützt haben. Im Einkaufszentrum selbst merkt man einen grossen Unterschied im Vergleich zu den letzten paar Wochen. Die Leute gehen jetzt auch wieder in die anderen Geschäfte, um Kleider oder Schuhe einzukaufen. Bei unserer Kundschaft hat sich eine gewisse Routine eingespielt. Es ist alles ruhiger geworden. Ich würde nicht sagen, dass die Hygienemassnahmen weniger ernst genommen werden – eher im Gegenteil. Wir haben jetzt beispielsweise mehr Kunden, die mit Gesichtsmasken in den Laden kommen.

Privat haben meine Frau und ich uns an die Vorgaben des BAG gehalten und alle sozialen Kontakte auf Eis gelegt. Für mich persönlich war die grösste Herausforderung, dass ich während acht Wochen meine Eltern und Verwandten nicht sehen konnte. Ich mag es, Menschen um mich herum zu haben, deshalb arbeite ich auch im Verkauf. Zuhause haben wir begonnen, häufiger zu kochen. Das haben wir zuvor auch schon gemacht, aber weniger bewusst. Und gebacken haben wir noch nie so viel wie in letzter Zeit. Positiv aufgefallen ist mir die Entschleunigung. Normalerweise folgt ein Termin auf den nächsten. Einen Gang zurückzuschalten und im Moment zu leben, das ist sicher etwas, was ich aus dieser besonderen Zeit mitnehme. Und auch die Dankbarkeit für das, was wir haben. Uns geht es hier ja wirklich sehr gut. Manchmal vergisst man das im Alltag.

Info: Das Interview wurde telefonisch im Beisein der Mediensprecherin von Coop geführt.

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