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In Witzwil haben sich 
vier Sicherheitsleute infiziert

Insassen der Strafvollzugsanstalt Witzwil sind besorgt: Vier Mitarbeiter wurden positiv 
auf das Coronavirus getestet. Das Gefängnis hat auf Minimalbetrieb umgestellt.

Bild: Adrian Moser

Marius Aschwanden

Noch vor einer Woche sagte Oliver Aebischer, dass die Stimmung in den Berner Justizvollzugsanstalten gut sei. Und dies, obschon der Ausgang und die Ferien der Insassen wegen des Coronavirus gestrichen worden sind und auch keine Besucher mehr in die Gefängnisse reinkommen. Die Massnahmen seien auf grosses Verständnis gestossen, so der Leiter Kommunikation beim Amt für Justizvollzug. Schliesslich wollen auch die Insassen eine Ausbreitung des Virus möglichst verhindern.

In Witzwil haben sich nun aber trotz dieser Vorkehrungen vier Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes infiziert, wie ein Schreiben des Direktors Hans-Rudolf Schwarz zeigt, das dieser Zeitung vorliegt. Die Betroffenen befinden sich demnach nicht mehr im Dienst, und alle Sicherheitsleute würden ab sofort Gesichtsmasken tragen, teilt Schwarz den Gefangenen mit. Verletzliche Insassen, also solche über 65 Jahre oder mit Vorerkrankungen, sollen zudem «möglichst» auf ihrer Zelle bleiben und jegliche Kontakte zu Mithäftlingen vermeiden.

Manche Insassen geben sich mit diesen Massnahmen aber nicht zufrieden. Eine Person kritisiert in einem Mail an diese Zeitung, dass ungeachtet der Tatsache, dass das Virus nun in Witzwil angekommen sei, keine Tests bei den Gefangenen durchgeführt würden. Und dies, obschon manche über Krankheitssymptome klagen würden. Viele Insassen befürchteten, sich nun ebenfalls mit der Lungenkrankheit angesteckt zu haben.

 

Minimalbetrieb ab heute

Hans-Rudolf Schwarz bestätigt auf Anfrage die Situation in 
Witzwil. Zwei Sicherheitsdienstmitarbeitende seien am letzten Mittwoch positiv auf Corona getestet worden. Sie seien aber das letzte Mal am Freitag, 20. März, an der Arbeit gewesen und hätten die Symptome in ihrer Freizeit entwickelt. Zwei weitere Sicherheitsleute hätten am Dienstag über Grippeanzeichen geklagt, auch sie seien nicht im Dienst erschienen und anschliessend positiv getestet worden.

Nachdem die Fälle bekannt geworden sind, habe man umgehend die Insassen informiert. «Neben der Einhaltung der üblichen Hygienemassnahmen sollen sie sich jetzt noch vermehrt in ihre Zellen zurückziehen.» Doch diese Empfehlung gelte schon seit drei Wochen. Zudem wurde am Freitag die nächste Stufe des Krisenmanagements eingeleitet, dies in Einklang mit dem Kantonsarztamt, so Hans-Rudolf Schwarz. Konkret heisst das: Minimalbetrieb.

Ab heute Morgen bleibe ein Teil der Mitarbeitenden zu Hause, damit die Kontakte weiter minimiert würden. Konkrete Zahlen will der Direktor aber keine nennen. «Wir konzentrieren uns nur noch darauf, die Gefangenen zu betreuen, die Tiere im grössten Landwirtschaftsbetrieb der Schweiz zu versorgen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten», so Schwarz.

Im Sicherheitsbereich seien alle Räume desinfiziert worden. Und die Sicherheitsleute dürfen nicht mehr zu den besonders gefährdeten Gefangenen gehen. «Diese werden nun von anderen Mitarbeitenden betreut, die keinen Kontakt zu den angesteckten Personen hatten.» Bisher seien weder bei den Angestellten noch bei den Insassen weitere Corona-Fälle aufgetreten.

 

Haftunterbruch für Kranke

Bereits bevor sich die vier Mitarbeiter mit dem Virus infiziert haben, hat Witzwil reagiert. So hätte etwa nur noch die Hälfte der Gefangenen gearbeitet, um das Abstandsgebot einhalten zu können. Zudem wurden letzte Woche 13 Insassen entlassen. «Sie haben einen Haftunterbruch erhalten», sagt Schwarz. Dies, weil sie besonders verletzlich seien und keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellten. «Es sind Personen über 65 Jahre oder Gefangene mit Vorerkrankungen.» Leute, die wegen Betrugs oder eines Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Strafe absitzen. Sie alle würden über ein soziales Umfeld verfügen, in dem sie besser geschützt seien. Noch immer sind in Witz- wil aber Personen, die als besonders verletzlich gelten. «Für sie kommt ein Haftunterbruch nicht infrage, weil sie sonst einfach auf der Strasse landen würden oder die Gefahr von neuen Straftaten besteht.» Diese Insassen seien aber in einem speziellen Setting sowie von der Arbeitspflicht befreit und dazu verpflichtet, möglichst in der Zelle zu bleiben.

Zum Vorwurf, dass trotz Krankheitssymptomen die Gefangenen nicht auf Corona getestet werden, sagt Schwarz: «Wer getestet wird, entscheidet der Arzt gemäss den Weisungen des Bundesamts für Gesundheit.» Das Amt für Justizvollzug verfüge nach eigenen Angaben seit Mitte Februar zudem über eine genügende Anzahl von Tests und könne diese jederzeit über das Institut für Infektionskrankheiten an der Uni Bern auswerten lassen. Die Ergebnisse lägen rasch vor. «Es sind schon mehrere Tests durchgeführt worden», sagt Schwarz.

Stichwörter: Witzwil, Anstalt, Virus, Coronavirus

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