Denise Gaudy
Wohnung und Atelier im unauffälligen Mehrfamilienhaus in Safnern offenbaren sich als märchenhafte, farbenprächtige Welt, reich bevölkert mit Engeln und Kläusen, Zwergen und Eulen, Tauben und Mäusen. Wohin man schaut, stehen und hängen bunte Keramik-Gegenstände. Gemälde in kräftigen Farben aber auch in zarten Pastelltönen zieren die Wände. Hier ist eindeutig jemand am Werk mit unbändiger Kreativität und blühender Fantasie: Vroni Schönholzer, 56, gebürtige Appenzellerin, gelernte Keramikmalerin, Familienfrau und Hobby-Künstlerin.
Ihre stahlblauen Augen leuchten vor Begeisterung, wenn sie von ihrem Werdegang erzählt: «Aufgewachsen auf einem Bauernhof im Appenzellerland wurde mir die Traditionsverbundenheit sozusagen in die Wiege gelegt. Meine Mutter hat in Heimarbeit Schränke bemalt, Textilien bestickt und kunsthandwerkliche Kurse erteilt. Auch mein Vater war ein begabter Maler.» Vroni Schönholzer zeigt ein rundes, mit einem Alpaufzug bis ins letzte Detail bemaltes Holzbrettchen: «Diesen Boden eines holzgeschnitzten Milchkessels habe ich bemalt, als ich 13 war», sagt sie bescheiden lächelnd. Die naive Malerei sei immer schon ihre Leidenschaft gewesen. Aber eigentlich war Töpfern ihr Berufswunsch. Mit der Ausbildung zur Keramikmalerin in einer Geschirrmanufaktur in Buchs (SG) kamen sowohl die Liebe zur naiven Malerei sowie zum Material Ton auf die Rechnung. Nach der Lehre arbeitete die Ostschweizerin zuerst für eine Keramikfirma in Biel und später in Bulle: «Viele Leute haben von meinem Beruf eine romantische Vorstellung», gibt Vroni Schönholzer zu bedenken. Tatsächlich habe sie aber tagelang immer die gleichen Kühe und denselben Kranich, das Wappentier von Gruyère, auf Teller und Tassen gemalt.
Mit der Gründung einer Familie zog das Ehepaar Schönholzer vor mehr als 30 Jahren nach Safnern. «Während meiner Zeit als Hausfrau und Mutter von drei kleinen Söhnen konnte ich meine Kreativität weniger ausleben», erinnert sich die Kunsthandwerkerin. «Danach war es schwierig geworden, eine Anstellung im erlernten Beruf zu finden, und ich fing mit dem Bildermalen an, entwickelte mich autodidaktisch weiter und durfte alsdann meine Werke auch ausstellen.»
Vor einiger Zeit hat Vroni Schönholzer zurück zum Ton gefunden.
Im Keller hat sie ihr Atelier eingerichtet mit Brennofen aber ohne Töpferscheibe. Seither töpfert sie mit Hingabe ihre eigenen Kreationen und erteilt daneben Töpferkurse für Gross und Klein. Dem naiven Stil ist sie bis heute treu geblieben, wenn die Sennen mit den Milchkesseln auf dem Rücken auch rotbackigen Engeln Platz gemacht haben, die ihre Herzen in der Rocktasche tragen.