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Grünliberale

«Zulegen wäre gut, halten ist Pflicht»

Bei den Wahlen 2014 konnte die Grünliberale Partei imWahlkreis Biel-Seeland dank eines Restmandats einen Sitz zulegen. Diesen will sie nun um jeden Preis verteidigen – und im Kantonsparlament weiter als Brückenbauerin agieren.

Nathan Güntensperger und Barbara Stucki stehen weit vorne auf den Wahllisten der Grünliberalen. Güntensperger möchte sich weiter für Anliegen Biels einsetzen- Stucki hat die Gleichstellung ins Auge gefasst. Copyright: Matthias Käser/Bieler Tagblatt
  • Dossier

von Jana Tálos

Die Grossratswahlen von 2014 dürften für die Grünliberale Partei (GLP) ein wahres Fest gewesen sein. Insgesamt sieben Sitze konnte sie im ganzen Kanton zulegen - einer davon kam aus dem Wahlkreis Biel-Seeland, indem mit Michel Rudin ein zusätzlicher GLPler ins Kantonsparlament einzog.

2018 ist die Ausgangslage eine andere. Die Mitteparteien haben in den vergangenen vier Jahren in den verschiedensten Ämtern Rückschläge hinnehmen müssen. So auch die GLP. An den Bieler Stadtratswahlen 2016 büsste sie gleich zwei Sitze ein. Ein schlechtes Vorzeichen für die Grossratswahlen? «Schwierig zu sagen», meint Nathan Güntensperger, der 2015 für Sabine Kronenberg in den Grossen Rat nachrückte und auf der GLP-Biel-Liste auf Platz 1 steht. Einfach werde es nicht, schliesslich sei man bei den Wahlen 2014 dank eines Restmandats auf einen zweiten Sitz gekommen. Die Listenverbindungen seien dieses Mal nicht so optimal wie vor vier Jahren. Damals konnte man nebst der EVP, mit der auch heuer eine Listenverbindung eingegangen worden ist, auch von den Stimmen der EDU profitieren. In erster Linie gilt es nun also diesen zweiten Sitz zu halten. Oder wie es Kandidatin Barbara Stucki formuliert: «Zulegen wäre gut, aber halten ist Pflicht.»

Die Chance nutzen

Würde es der Partei trotz aller Vorzeichen gelingen, im Wahlkreis Biel-Seeland einen dritten Sitz zu holen, dann würde Stucki diesen Sitz gerne für sich beanspruchen. Die 29-Jährige, die erst 2016 in die Partei eintrat, und mit ihrem damaligen Wohnsitz in Seewil knapp zur Seeländer Sektion gehörte, hat grosse Ambitionen, was die politische Karriere betrifft.

«Ich war der Meinung, wenn ich einer Partei beitrete, dann richtig», sagt sie. Deshalb sei sie auch an den Mitgliederversammlungen erschienen und habe aktiv mitdiskutiert. Dies habe man auf kantonaler Ebene registriert, woraufhin sie von Sandra Gurtner-Oesch, Präsidentin der Grünliberalen Kanton Bern, angefragt wurde, ob sie zusammen mit Michel Rudin als Spitzenkandidatin auf der Seeland-Liste antreten möchte. «Ich sehe das als grosse Chance und möchte deshalb auch alles geben, um diese zu nutzen», sagt Stucki.

Sollte sie es tatsächlich schaffen in den Grossen Rat einzuziehen, würde sie sich vor allem für gesellschafts- und wirtschaftspolitische Themen einsetzen. Als Berufstätige lägen ihr vor allem die Gleichstellung von Mann und Frau in der Berufswelt sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf amHerzen. Als lesbische Frau setze sie sich zudem für die Akzeptanz verschiedener Beziehungsformen ein. Damit man diese Themen angehen könne, müsse man sowohl auf wirtschaftlicher wie gesellschaftlicher Ebene entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. «Und da liegen meine Stärken», sagt Stucki, die beim Kantonal-Bernischen Baumeisterverband im Bereich Kommunikation und Politik arbeitet.

Das Beste für Biel herausholen

Während Stucki wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen eine klare Priorität gibt, will sich Güntensperger auf kein spezifisches Thema festlegen, das er in der kommenden Legislatur im Grossen Rat anpacken möchte. «Als Vertreter von Biel will ich mich einfach für diese Region einsetzen und das Beste für sie herausholen», sagt er. Egal in welchem Bereich.

In der letzten Legislatur habe er sich etwa für die Verhinderung der Unternehmenssteuerreform III stark gemacht. «Meine Partei hat diese zwar unterstützt, aber für Biel wäre sie eine Katastrophe gewesen», so Güntensperger. Als ehemaliger Stadtrat hätte er das nicht unterstützen können, besonders nach den schmerzhaften Einschnitten bei der Nachhaltigen Haushaltsanierung (NHS) von 2016. «Die ganze Arbeit wäre für nichts gewesen.»

Sollte Güntensperger wiedergewählt werden, «und das ist alles andere als sicher», dann würde er sich gerne in einer Kommission engagieren. Bisher sass er auf dem Ersatzplatz für die Sicherheitskommission. «Das ist nicht mein Favorit, aber es hat durchaus spannende Themen dabei», sagt er.

Das Parlament einmitten

So unterschiedlich wie ihre Ziele, so verschieden sind auch die Strategien der beiden Kandidaten, den Wählern ihre Positionen und Ziele zu vermitteln. Güntensperger, der als ehemaliger Stadtrat und Mitinhaber des Hostels und Bistros Lago Lodge einen gewissen Bekanntheitsgrad geniesst, verzichtet auf einen aktiven Wahlkampf. Stucki hingegen ist im ganzen Seeland unterwegs, stellt Wahlplakate auf und versucht, sich bei denWählern bekannter zu machen.

«Bei diesen Aktionen habe ich auch gemerkt, dass viele Leute Interesse an der GLP gezeigt haben, von denen ich es erst gar nicht erwartet hätte», sagt sie. Gerade auf dem Land würde die Partei besonders über die Umweltthemen wahrgenommen, wo gerade bei den Bauern auch ein grosses Umdenken stattfinde, wie Güntensperger bestätigt. Gerade bei diesen Themen könne die GLP im GrossenRat oft eine Brückenfunktion einnehmen. «Kommt ein intelligenter Vorschlag von den Grünen, ist die SVP schon einmal grundsätzlich dagegen und umgekehrt», sagt Güntensperger. «Kommt er von uns, können sich beide arrangieren.» Umso wichtiger sei es, dass die Mitteparteien imGrossenRat weiter zulegen. «Ohne sie käme es sonst zu Situationen wie inFrankreich oder denUSA, wo sich Links und Rechts gegenseitig blockieren.»

Könnten sie es sich aussuchen, dann würden sie am liebsten zulasten einer rechten Partei zulegen. «Dann würde das Ganze ein wenig eingemittet und wir hätten mehr gestalterische Möglichkeiten», sagt Güntensperger. Im Moment sei man immer darauf angewiesen, dass einer der «Grossen»mitmacht. Andernfalls könne man aus eigener Kraft eines der grossenThemen anpacken und – wie der Slogan der Partei es verspricht – «gemeinsam die Zukunft gestalten».

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Zu den Kandidaten

Die 29-Jährige Barbara Stucki arbeitet beimKantonal-Bernischen Baumeisterverband und ist seit 2016 bei denGrünliberalen. Derzeit ist sie noch in keinem politischen Amt aktiv. Sie ist Mitglied bei der Arbeitsgruppe Politik bei den Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern (HAB). Mit ihrer Partnerin lebt sie in Stettlen.

Nathan Güntensperger sass 2010 bis 2017 im Bieler Stadtrat und ist Mitinhaber des Hostels und Bistros Lago Lodge. 2015 rückte er für Sabine Kronenberg in denGrossenRat nach. Der 50-Jährige ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in Biel. jat

Stichwörter: Wahlen, Grünliberale, Biel, Seeland

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