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Worben

Zwei ungleiche Partner spannen zusammen

Die Seeländische Wasserversorgung und die Landwirtschaftliche Organisation Seeland haben gestern eine Chlorothalonil-Rückkauf-Aktion durchgeführt. Dabei kamen rund 200 Liter des verbotenen Fungizids zusammen.

Knapp 30 Bäuerinnen und Bauern haben gestern den Werkhof in Worben aufgesucht. Matthias Käser

von Carmen Stalder

Wegen möglicherweise gesundheitsgefährdenden Rückständen im Grund- und Trinkwasser darf das Fungizid Chlorothalonil seit Anfang Jahr nicht mehr eingesetzt werden. Was aber geschieht mit den Restbeständen, die bei vielen Landwirten vorrätig sind? Diese Frage hat sich die Landwirtschaftliche Organisation Seeland (LOS) gestellt – und kurzerhand mit der Seeländischen Wasserversorgung (SWG) zusammengespannt.

Gemeinsam haben sie gestern eine Chlorothalonil-Rückkauf-Aktion durchgeführt. Alle Landwirtinnen, die im Verbandsgebiet der SWG wohnhaft sind, waren dazu eingeladen, ihre Chlorothalonil-Restbestände im Werkhof der SWG in Worben abzugeben. Pro Liter erhielten sie zwölf Franken.


Finanziert durch die SWG

Gemäss Daniel Weber, Präsident der LOS, sind knapp 30 Bäuerinnen und Bauern im Werkhof erschienen. Insgesamt haben sie 200 Liter chlorothalonilhaltige Produkte abgegeben und dafür 2400 Franken erhalten. Finanziert wurde die Aktion von der SWG – was für den Geschäftsführer Roman Wiget nicht ganz aufgeht: «Korrekterweise müsste die Entschädigung nicht von der Wasserversorgung, sondern von jenen entrichtet werden, welche diese Produkte produziert und verkauft haben.» Aufgrund der hängigen Beschwerde der Syngenta gegen das Verbot sei eine Entschädigung durch die Hersteller und Verkaufsstellen aber bis auf Weiteres nicht zu erwarten, so Wiget.

Die gesammelten Pflanzenschutzmittel werden nun an die Landi Seeland übergeben. Von dort gehen sie weiter zu den Herstellern, die sie anschliessend vernichten. Die beiden Organisationen haben im Vorfeld der Aktion rund 200 Personen angeschrieben. Dass davon nur etwa jede siebte im Werkhof erschienen ist, bedeutet für Weber kein Misserfolg. Erstens hätten nicht alle der kontaktierten Landwirte chlorothalonilhaltige Produkte verwendet. Zweitens gebe es solche, die ihre Restbestände Ende Jahr aufgebraucht und dann wegen des Verbots keine neuen Produkte gekauft hätten. Und drittens könne man die Pflanzenschutzmittel auch direkt bei den Herstellern abgeben – dann jedoch ohne Entschädigung. Wie viele Liter des verbotenen Mittels nun noch in den Regalen der Seeländer Bauern stehen, weiss Weber nicht. «Es gibt keine Statistiken, in denen man das regional eingrenzen kann.»


Dialogfördernde Aktion

Mit der LOS und der SWG haben sich zwei ungleiche Partner zusammengetan. Bei heiss diskutierten Themen wie Wasserversorgung, Pflanzenschutzmittel und Trinkwasserinitiative waren Vertreter der jeweiligen Organisationen in den letzten Monaten nicht immer gut aufeinander zu sprechen (das BT berichtete).

Weber bezeichnet die gestrige Aktion denn auch als «dialogfördernd»: «Wir sind an einen Tisch gesessen und haben gemeinsam nach einer Lösung gesucht.» Auch von den Landwirten habe er viel Wohlwollen gespürt. Im Werkhof habe es angeregte Gespräche gegeben. Von Angesicht zu Angesicht seien freundlichere Worte ausgetauscht worden, als man das vielleicht in der Vergangenheit teils gehört habe.

In einer Medienmitteilung zeigt sich auch Wiget zufrieden: «Wenn wir mit einem vierstelligen Frankenbetrag jegliche weitere Verwendung dieses problematischen Spritzmittels verhindern können, sollten wir das tun», begründet er die Aktion, «denn diese Art der Vorsorge ist deutlich günstiger als jede weitere Gewässerbelastung.» Die beiden Männer sind überzeugt: Derartige Aktionen dürften angesichts ihrer Wirksamkeit und verhältnismässig geringen Kosten auch andernorts in der Schweiz zur Anwendung kommen.

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