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Catering/Events

«Budgetieren will ich noch nichts»

Von den Lockerungen im Sommer haben nicht alle eventabhängigen Betriebe gleich profitiert. Angesichts der steigenden Fallzahlen müssen Caterer, Zelt- oder Festmaterialanbieterinnen wieder sehr flexibel kalkulieren.

Die Zubereitung der Weihnachtsessen wird dieses Jahr schwierig. Die Caterer wissen nicht, wie viele Gäste kommen. Bild: Peter Samuel Jaggi/A

Manuela Habegger

«Als ich bei einer Diplomfeier mit 500 Besuchern in der Eventhalle so ohne Maske dastand und dazu einer Live-Band zuhörte, da hatte ich richtig Gänsehaut», sagt Matthias Walther von der Bieler Licht- und Tontechnik AG. Von diesen Momenten gab es für den Eventtechniker in diesem Jahr erfreulicherweise ein paar: «Wir haben sehr gute Monate hinter uns. Der Nachholbedarf war gross», sagt er. So wurden Konzerte und Businessanlässe nicht mehr nur über das Internet ausgestrahlt, sondern fanden mit anwesendem Publikum statt. Rund 80 Prozent der normalen Auslastung erreichte das Licht- und Tontechnikunternehmen vor allem in den Spätsommer- und Herbstmonaten. Es sei denn auch schön, zu wissen, dass die Stammkundschaft zurückkehre, sobald es wieder losgehe.

Während für ein Konzert immer eine Bühne gestellt wird und die Ton- und Lichtanlagen eingerichtet werden müssen, bestimmen die Besucherzahlen darüber, wie viel Infrastruktur oder Essensangebote es braucht. Die Vermieter von Festmaterial zeigen sich daher etwas weniger euphorisch, wenn es um das Jahresgeschäft geht. «Die Lockerungen kamen Ende Mai. Für die grossen Anlässe wie Turn- und Musikfeste hat die Vorlaufzeit für die Planung nicht mehr gereicht», sagt etwa Peter Traub, Geschäftsführer der Fotra in Grenchen. So wurden zwar wieder Tische und Stühle, Küchenanlagen oder Geschirr, Gläser und Becher bestellt, aber dennoch deutlich weniger als in normalen Jahren. Auch beim Bieler Zeltbauer Häni & Hofer war der Umfang der Buchungen noch sehr verhalten: «Hatte ich früher beispielsweise an der Braderie 40 Festzelte stellen können, waren es in diesem Jahr sieben», sagt Dominik Hofer.

Der Winter wird unsicher

Die grossen Veranstaltungen fehlten denn auch bei den Caterern. So beispielsweise bei der «Linde Orpund». Das Unternehmen betreibt neben der Bäckerei und dem Restaurant einen bedeutenden Catering-Bereich und bedient unter anderem das Royal-Arena-Festival in Orpund, das Lakelive in Nidau oder verköstigt am Gurten-Festival die Gäste: «Solche Events brauchen einen langen Vorspann, weshalb sie nicht stattgefunden haben.

Deshalb wurden etwa auch die grösseren Fachmessen oder Firmenkundenevents für dieses Jahr nicht organisiert», sagt Co-Geschäftsführer Peter Schmid. Erfreulich sei aber, dass wieder mehr kleinere Anlässe stattgefunden haben. So zum Beispiel private Partys für Geburtstage oder Grillfeste von Firmenabteilungen, die im kleineren Rahmen etwas für den Teamzusammenhalt machen wollten.

So sind auch bei Reto Luginbühl von Luginbühl Events & Catering in Biel wieder mehr Aufträge reingekommen. Aber: «Wir haben zwar mit 90 Events etwa doppelt so viele Veranstaltungen mit Essen beliefern können wie im Vorjahr. Das ist aber längst nicht so viel wie vor Corona», sagt Reto Luginbühl, der früher etwa 350 Aufträge im Jahr in der Agenda hatte. Bei den kleineren Veranstaltungen wird weniger verdient, zumal der Aufwand verhältnismässig grösser ist. Auf lediglich 40 bis knapp 50 Prozent der Erträge konnten Essenszulieferer und Infrastruktur-Vermieter im Vergleich zu normalen Jahren aufholen.

Nicht alle eventabhängigen Betriebe haben demnach von den Lockerungen gleich stark profitiert – und viele müssen vor allem auch für das Weihnachtsgeschäft wieder flexibler kalkulieren.

So werden zwar beispielsweise Weihnachtsessen gebucht, wie die Caterer sagen, aber die Firmen wissen oft noch nicht, wie viele Mitarbeitende ein Zertifikat haben oder machen lassen und an den Events teilnehmen: «Wir haben im Moment viele Anfragen für Weihnachtsessen. Aber wir müssen wieder kulant sein. Vielleicht wird für 200 Leute reserviert und dann kommen nur 100. Es ist für uns natürlich schwierig, so zu planen, vor allem, was das benötigte Personal anbelangt», erklärt Peter Schmid von der «Linde Orpund». So sagt auch Caterer Reto Luginbühl: «Wir haben zwar Buchungen, aber budgetieren will ich noch nichts.»

Die meisten Eventzulieferer müssen die Aufträge also mit Vorbehalt geniessen. Bei Fotra wurde gerade gestern ein Weihnachtsessen für 150 Personen storniert. Viel Unsicherheit herrscht auch bei Zeltbauer und Materialvermieter Häni & Hofer: «Normalerweise würden jetzt die Guggenmusikgruppen für die Fasnacht Festmaterial buchen, oder wir hätten Reservierungen für Stühle, Tische und Geschirr von grossen Bieler Unternehmen für ihre Weihnachtsfeste, teilweise für bis zu 4000 Mitarbeitende. Bislang stehen von uns aber nur ein paar Zelte bei einigen lokalen Läden», sagt Dominik Hofer. Die Organisatoren seien angesichts der steigenden Fallzahlen und der jüngst getroffenen Massnahmen in den Nachbarländern wieder ängstlicher, sagt er und meint damit die neu eingeführten 2G-Regeln in Österreich und in Teilen Deutschlands. Der Bundesrat hatte letzte Woche zwar angekündigt, vorerst von solchen Verschärfungen abzusehen, oder wie es Peter Schmid formuliert: «Der Bundesrat hat die Ampeln nun erst auf orange gestellt.»

Der Sommer wird geplant

Viele Catering-Anbieter und Festmaterialvermieterinnen operierten also auch den Sommer hindurch mit reduziertem Personal und sind weiterhin auf Kurzarbeit und Erwerbsersatz angewiesen. Nicht so stark die Eventtechnik-Branche, wie sich zeigt. So fallen zwar auch bei Mathias Walther für die weniger eventreichen Wintermonate zwei bis drei grössere Weihnachtsfeste ins Wasser, während zunehmend wieder auf Streamingevents umgestellt wird. «Wir dürfen aber das Lauberhornrennen mitorganisieren. Wir sind daher gut ausgelastet. Die Lastwagen werden Ende Dezember geladen», sagt Walther. Es würden zwar auch dort Anpassungen wegen der Zuschauer vorgenommen. Für die Eventtechnik ändere sich aber nicht viel, sagt er.

Das Problem für ihn war in den vergangenen Monaten vielmehr der akute Mangel an Fachkräften: «Wir hatten extrem Mühe, qualifiziertes Personal zu finden. Viele Freelancer haben der Branche den Rücken gekehrt. Darunter leidet die gesamte Branche», erklärt Walther. So werden in der Branche grössere Anlässe typischerweise auch mit vielen selbstständigen Technikern und Technikerinnen gestemmt. Das Problem dürfte sich gegen den Sommer hin erneut verschärfen. Im Vergleich zu diesem Jahr werden nächstes Jahr die grossen Anlässe wieder durchgeführt; zumindest haben viele Organisatoren die Festivals und Messen bestätigt. «Wir werden bei der BEA Expo und dem Grand Prix in Bern dabei sein. Auch die grossen Generalversammlungen der Banken werden wieder mit physischem Publikum geplant, sagt Matthias Walther.

Während dieses Jahr also die Bühnenbauer und Eventtechnikerinnen wieder alle Hände voll zu tun hatten, sind für nächstes Jahr auch die Caterer und Materialvermieter zuversichtlicher: «Wir können für das grosse Turnfest in Lyss planen», sagt etwa Zeltbauer Hofer. Auch Caterer Peter Schmid skizziert gerade die Vorbereitungen für die grossen Sommerevents: «Wir sind unter anderem am Royal Arena in Orpund, am Gurten-Festival in Bern oder beim Nidauer Filmfestival wieder auf Platz. Auch verschiedene Turnfeste oder grössere Generalversammlungen dürfen wir nun planen», sagt Peter Schmid.

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