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Jürg Kradolfer

«Eines Tages hat jeder Mensch auf seinem Smartphone eine Kryptowährung»

Er ist der «Mr. Bitcoin» des Seelands. Früher war er Treuhänder, nun hat sich Jürg Kradolfer ganz der Kryptowährung verschrieben. Er versteht dies auch als politisches Wirken: Eine Technologie, die den armen Menschen
der Welt bedingungslos Zugang zum Finanzsystem schafft, sei begrüssenswert. Kradolfer weiss auf alle Fragen zu Bitcoin eine Antwort. Das gilt für die einfacheren, aber auch für die schwierigeren.

Goldschürfen war romantischer: Jürg Kradolfer hat im Keller einen Computer, der für das Netzwerk Transaktionen durchführt und so Bitcoin mint. Bild: Susanne Goldschmid
  • Dossier

Interview: Tobias Graden

Jürg Kradolfer, was ist eine Kryptowährung?
Jürg Kradolfer: Das ist eine digitale Methode, um Werte zu transferieren, vornehmlich übers Internet. Eine Kryptowährung ist dezentral, es gibt keine Autorität in der Mitte. Und das System ist Open Source, jeder kann nachschauen, wie’s funktioniert. Es wird niemand ausgeschlossen.
 

Was ist Bitcoin?
Bitcoin ist die erste und bislang einzige Blockchain-Anwendung der Welt. Es ist eine Kryptowährung im klassischen, einfachen Sinn. Der Bitcoin ist im Vergleich zu anderen Kryptowährungen nicht komplex, er ist stabil und noch nie gehackt worden.
 

Was ist die Blockchain?
Der Buchhalter würde dem «Journal» sagen, der Seemann «Logbuch»: Die Blockchain ist eine Liste, auf der jede Transaktion öffentlich einsehbar eingetragen wird, fälschungssicher und dezentral. Das heisst: Jemand kann sie bei sich löschen, aber sie existiert gleichwohl in x-tausendfacher Kopie weiter.
 

Sie wird also immer länger?
Ja, sie wächst sozusagen ins Unendliche.
 

Alles, was im Internet passiert, kann gehackt oder manipuliert werden. Warum sollte ich gerade in die Blockchain-Technologie Vertrauen haben?
Jeder Eintrag in der Blockchain wird gesammelt. Alle zehn Minuten gibt es einen Block. Dieser hat am Schluss eine Prüfziffer, den so genannten «Hash Code». Diese Prüfziffer setzt sich aus dem letzten Hash und den neuen Transaktionen zusammen. Es benötigt hohe Anforderungen, diesen Hash auszurechnen. Ein Verbund von Superrechnern benötigt dazu zehn Minuten. Die Kontrolle dieses Hashs und damit die Überprüfung, ob die Transaktion stimmt, das ist dagegen sehr leicht, das kann jedes Smartphone. Man kann also sicher sein, dass die Transaktionen integer sind. Wollte man sie fälschen, müsste man die Prüfziffer neu rechnen, und das braucht derart viel Zeit und Strom, dass man stets zu spät wäre, denn der Verbund hat in der Zwischenzeit bereits den nächsten Hash errechnet.
 

Wie komme ich zu Bitcoins?
Zum Beispiel indem Sie in Bitcoin bezahlt werden. Man kann aber auch am SBB-Ticketautomaten Bitcoin kaufen. Es ist nicht schwieriger, als das Handy mit Prepaid-Guthaben zu laden. Es gibt auch Internet-Wechselstuben, die nächstgelegene ist in Neuenburg.
 

Was kann ich dann mit meinen Bitcoins anfangen, kann ich damit bezahlen?
Es gibt mittlerweile über 250 Firmen und Läden in der Schweiz, die Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren, weltweit sind es tausende. Jeden Tag sind es mehr.
 

Ich kann problemlos auch mit Schweizer Franken zahlen. Warum soll ich mich als Privatperson mit Kryptowährungen befassen?
Vielleicht sind Sie Bergführer, haben einen japanischen Touristen, er möchte Ihnen Trinkgeld geben – das geht ganz einfach ohne Umrechnungseinbussen per Bitcoin. Und wenn Sie später in China ein T-Shirt bestellen, verlieren Sie auch Geld, wenn Sie zuerst in US-Dollar und dann in Renminbi wechseln müssen. Aber gewiss, wir in der Schweiz haben nicht auf den Bitcoin gewartet.
 

Wer dann?
Er nützt den ärmeren Menschen dieser Erde. Die Hälfte der Menschheit hat keinen Zugang zur Finanzindustrie, sie hat kein Bankkonto und keine Kreditkarte. Diese Menschen brauchen Bitcoin.
 

Diese Menschen haben aber nicht die Computer dafür.
Sie können die Bitcoins nicht schürfen, aber sie haben meist ein Smartphone. Und das reicht für den Zahlungsverkehr.
 

Der Bitcoin entsteht durch das Mining quasi aus dem Nichts. Das klingt nach dem alten Menschheitstraum: Machen wir Stroh zu Gold.
Mag sein. Es gibt bereits 17 Millionen Bitcoin. Im Jahr 2140 wird der letzte entstehen, dann sind es 21 Millionen, und dann ist fertig. Gold ist auch etwas Rares, es ist nur darum wertvoll. Das ist bei Bitcoin dasselbe.
 

Gleichwohl: Sie minen Bitcoin. Sie haben also eine elektrische Maschine, und darin entsteht Geld. Können Sie mir begreiflich machen, wie das geht?
Es ist weniger reizvoll, als es scheint. Wichtig ist die Blockchain: Alle zehn Minuten wird die Prüfziffer errechnet. In ihr enthalten ist eine Kontrollzahl, die hineingerechnet werden muss. Das ist eine Fleissarbeit. Der Rechner sucht Milliarden mal, und plötzlich stimmt die Rechnung, er hat die richtige Prüfziffer gefunden. Dann erhält er als Belohnung 12,5 Bitcoin, das sind derzeit etwa 120 000 Franken.
 

Das klingt verlockend.
Das finden Millionen andere Leute auch. Sie suchen alle ebenso. Je mehr Menschen minen, desto höher ist die Komplexität der Rechnung. So wird sichergestellt, dass alle Miner zusammen im Schnitt zehn Minuten brauchen, bis wieder eine Prüfziffer gefunden ist. Das ist im Programm so vorgesehen.
 

Es ist also wie im Lotto: Der glückliche Finder kriegt die Bitcoins.
Ja.
 

Und Sie haben mitgerechnet, kriegen aber nichts?
Darum macht man das in Pools. Darin sind zehntausende Geräte verbunden, und der Gewinn des Finders wird auf alle diese aufgeteilt. Ich zum Beispiel erhalte umgerechnet etwa einen Fünfliber pro Tag.
 

Rentiert sich das?
Nicht wirklich. Es zahlt den Strom plus das Gerät.
 

Warum tun Sie’s dann?
Es ist mein Hobby.
 

Pardon, aber man kann sich spannendere Hobbies vorstellen als eine Kiste laufen zu lassen, wo man weder etwas sieht noch daran verdient.
Ein Töfffahrer muss auch seinen Töff putzen. Das ist nicht das Schönste, aber es gehört dazu.
 

Chris Zumbrunn, Aktivist von Faircoin, sagt, der Bitcoin sei «im Wesentlichen eine spezielle Stromverbrauchssoftware».
Wenn Menschen in aller Welt bedingungslos Zugang zum Finanzsystem erhalten können, muss das etwas Strom wert sein.
 

Warum ist die Gesamtzahl der Bitcoins auf genau 21 Millionen begrenzt?
Geld muss begrenzt sein. Darum ist Bitcoin entstanden. Die Europäische Zentralbank und andere Zentralbanken schöpfen einfach Geld, es entsteht Inflation, und das ist Diebstahl am normalen Bürger, am Sparer. Das ist nicht schön. Und vom Geldsystem ausgeschlossen zu sein, ist auch nicht schön. Geld, das unbegrenzt ist, hat keinen Wert. Darum ist Gold auch wertvoller als Messing, obwohl Messing auch schön ist.
 

Gold ist darum wertvoll, weil wir es schön finden und ihm den Wert zuschreiben.
Und weil es rar ist! Wenn in der Schweiz die Geldmenge verdoppelt würde, bräuchte man sich nicht zu freuen, denn die Preise würden sich auch verdoppeln. Geld muss also rar sind.
 

Wer hat die Zahl der Bitcoins begrenzt?
Jene Person, die das Programm geschrieben hat. Von ihr kennt man nur das Pseudonym Sakoshi Natamoto. Man weiss nicht, ob sich dahinter ein oder mehrere Menschen verbergen, jedenfalls hat man seit vielen Jahren nichts mehr von ihm gehört.
 

Transparenz sieht anders aus.
Der Code ist lesbar für alle Leute, die programmieren können. Der Mensch dahinter ist nicht wichtig. Sondern das System.
 

Warum gibt es den Bitcoin und die Blockchain überhaupt?
Man kann es nur vermuten. Auslöser war mutmasslich die Finanzkrise. In Griechenland haben die Bancomaten tagelang nicht funktioniert. Auf Zypern, einem EU-Land, wurde allen Bankkonto-Inhabern zwangsweise ein Anteil weggenommen. Eine Kollegin von mir ist in den USA auf die Welt gekommen und hat auch einen amerikanischen Pass – ihre Bank wollte sie deswegen nicht mehr als Kundin, ihre Hypothek wurde gekündigt. Die Banken können das tun. Also musste ein Finanzsystem her, an dem alle Menschen weltweit bedingungslos teilnehmen können und das keine Inflation kennt.
 

Verstehen Sie Bitcoin und Blockchain auch als politische Bewegung?
Ja. Und ich agiere auch aus dieser Motivation. Ich unterrichte auch gratis Flüchtlinge.
 

Diese Menschen brauchen in erster Linie Zugang zum Finanzsystem, aber nicht zwingend eine neue Währung.
Das trifft zu. Aber wir haben noch letztes Jahr gedacht, Pierin Vincenz sei einer der ehrlichen Banker auf der Welt. Nun sind wir auch von ihm enttäuscht worden. Organisationen und Menschen neigen zu Korruption. Der Bitcoin dagegen ist unabhängig von Menschen und Organisationen, er vertraut der Mathematik.
 

Der Bitcoin-Hype ist doch einfach die Tulpenmanie unserer Zeit. Es hat eine Spekulationsblase gegeben, die geplatzt ist, vielleicht noch nicht mal ganz. Was sagen Sie dazu?
Ich sage das Gegenteil: Wir werden den Tag erleben, an dem auf jedem Smartphone der Welt eine Kryptowährung sein wird. In Afrika haben mittelarme Menschen – also solche, die vielleicht Essensvorräte für eine Woche haben – ein Smartphone, mit dem sie Zahlungen tätigen. Das kostet aber Geld und ist weder von einem Provider zum andern durchlässig noch von einem Land zum andern. In Venezuela kriegt ein Lehrer zwar Lohn, kann aber nicht auf nächsten Monat sparen, weil dann die Lebensmittel schon wieder teurer sind. Solchen Menschen hilft der Bitcoin.
 

Wenn Sie von Venezuela reden: Solche totalitären Staaten neigen gerne mal dazu, das Internet oder Teile davon zu kappen. In einem solchen Fall hat man statt Bitcoins dann lieber etwas Gold in der Hand.
Ja. Ein korrupter Staat kann auch seine Bürger ins Gefängnis werfen, wenn sie mit Bitcoin geschäften. Da kann aber der Bitcoin nichts dafür.
 

Wenn wir von solchen Staaten reden: Es scheint nicht gerade vertrauenserweckend für Kryptowährungen, wenn ein Land wie Venezuela, das wegen Misswirtschaft vor dem Bankrott steht, mal eben durch die Einführung einer eigenen Kryptowährung Milliarden einnehmen kann.
Der Petro ist ein Witz. Der einzige, der dort investiert, ist wohl Putin. Das ist eine Totgeburt.
 

Aber er hat Geld eingebracht.
Putin hat Geld gegeben. So einfach ist das. Der Petro ist natürlich absoluter Chabis.
 

Gleichwohl soll nun noch der Petro Oro kommen, der durch die Goldreserven Venezuelas gedeckt sein soll.
Das ist alles Chabis, wie so viele der neuen Coins. Alle neuen Coins, bei denen noch Erdöl, Gold oder ein ganzes Land dahinter stehen sollen oder der Präsident, das ist alles Schrott. Da stecken korrupte Banden dahinter. Wenn man diesen Geld gibt, ist man selber schuld.
 

Könnte ich denn auch selber eine Kryptowährung schaffen?
Ja. Sie können den Bitcoin klonen. Gute Kryptowährungen sind Open Source. Sie können diese nehmen, kopieren und sie «Graden Coin» taufen, das geht. Aber es wird niemand so blöd sein und Ihnen vertrauen und dafür Geld geben.
 

Ich halte mich für vertrauenswürdiger als Nicolas Maduro.
Das hoffen wir doch (lacht).
 

Wie wird sich der Wert des Bitcoin weiterentwickeln?
Ich wäre nicht überrascht, wenn er viel teurer würde als jetzt. Und ich hoffe, dass die spekulativen Schwankungen abnehmen, denn das wird das Vertrauen stärken.
 

Noch ist der Bitcoin allerdings um einiges volatiler als eine stabile Währung wie der Schweizer Franken.
Das trifft zu. Doch wir stehen erst am Anfang der Geschichte. In zehn Jahren kann das schon ganz anders aussehen. Wenn jeder zweite Mensch Kryptowährungen hält, wird sich der Handel in einem gesunden Geben und Nehmen einpendeln.
 

Ist das nicht eine etwas naive Vorstellung?
Doch. Gleichwohl: Es gibt nicht viele Spekulanten, die meisten Menschen sind ehrlich, aufrichtige Leute.
 

Mittlerweile gibt es unzählige weitere Kryptowährungen. Wie erkenne ich, welche davon verlässlich und sinnvoll sind?
Ich halte es so: Der Bitcoin ist die primitivste Währung, und dadurch ist sie höchstwahrscheinlich fehlerfrei. Die neuen Währungen, die komplexer und raffinierter sind, werden allenthalben Fehler produzieren. 99 Prozent der Währungen, die wir heute sehen, werden verschwinden. Beim Bitcoin sind Fehler extrem unwahrscheinlich.
 

Was halten Sie von Währungen wie dem Faircoin, die versprechen, den Welthandel gerechter zu machen und vor allem weniger Energie zu verbrauchen?
Das ist unbestritten gut gemeint, aber eine Rundum-Wohlfühl-one-size-fits-all-Lösung funktioniert leider meistens nicht, weil sie irgendwo ansteht und zu wenig gefragt ist. Der Faircoin wird’s nicht schaffen.
 

Warum nicht?
Ich habe das Konzept des Faircoin angeschaut: Daran gibt es nichts auszusetzen, da ist alles in Ordnung. Aber letztlich braucht es die Nachfrage. Es gibt schon eine Kryptowährung auf der Welt, die funktioniert, und das ist der Bitcoin. Es braucht nicht zwingend was weiteres.
 

Der Energieverbrauch bei Bitcoin-Transaktionen ist aber tatsächlich fragwürdig, richtiggehend disfunktional in Zeiten der angestrebten Energiewende.
Das stimmt. Aber: Ein funktionierendes Finanzsystem, das allen Menschen einen Zugang ermöglicht, darf auch etwas kosten. Auch die bisherigen Banken- und Kreditkartensysteme kosten, ohne dass sie das selbe leisten könnten. Und: Derzeit wird in Island viel gemint, weil dort zuhauf thermische Energie vorhanden ist, die anderweitig gar nicht gespeichert werden kann.
 

Island ist also derzeit in jener Situation, in der sich arabische Staaten beim Entdecken der Ölvorräte befunden haben?
So ungefähr. Der Strom wird durch die natürlich vorhandene thermische Energie erzeugt, insofern ist das sehr ökologisch.
 

Lässt sich der Stromverbrauch des Bitcoin denn mal reduzieren?
Er wird sich natürlich einpendeln. Wenn der Strom rar wird, wird er teurer, und dann wird das Minen weniger rentabel, der Stromverbrauch wird sinken. Das ist ein dem Bitcoin systemimmanenter selbstregulierender Mechanismus.
 

Der Kanton Zug wird mittlerweile auch als «Crypto Valley» bezeichnet. Was hat es damit auf sich?
Die Schweiz und der Kanton Zug sind innovativen Dingen gegenüber offen und liberal. Man ist im engen Austausch mit dem Regulator: Wie können wir Verbrechen bekämpfen und gleichzeitig Innovation stattfinden lassen? Zug schafft dies.
 

Zug war immer schon offen gegenüber jenen, die Steuern hinterziehen wollen...
Mag sein. All die Rohstoffhändler und Briefkastenfirmen sind nicht nur anständig und produktiv. Aber eine Kryptowährung zu entwickeln und zu verbreiten und damit allen den Zugang zur Finanzindustrie zu ermöglichen, das finde ich etwas anständiges.
 

Der ehemalige Preisüberwacher und Ökonom Rudolf Strahm warnt aber vor dem «Krypto-Hype». Was entgegnen Sie?
Er versteht das Thema nicht ganz. Und aus politischer Motivation hat er gerne einen starken Staat, der alles regulieren und im Griff haben soll. Ich betrachte das liberaler: Ich möchte, dass die Leute zuerst mal etwas machen und ausprobieren. Wenn dann Missbrauch stattfindet, braucht es Regulierung – aber nicht vorher.
 

Kryptowährungen sind aber Währungen ohne einen reellen Gegenwert. Der Schweizer Franken dagegen steht zumindest symbolisch für die Kraft und Stabilität der Schweiz.
Was ist denn der Gegenwert eines Euro, von dem sicherlich auch heute wieder hunderte Millionen geschaffen wurden? Null. Die Geldmenge des US-Dollar wurde in den vergangenen Jahren vervielfacht, der Gegenwert ist Null. Beim Schweizer Franken dasselbe.
 

Der Gegenwert ist das, was ich glaube, dass es ist. Und das war beim Schweizer Franken in letzter Zeit eher zuviel.
Das Vertrauen ist das einzige, was hinter dem Geld steckt. Nichts anderes.
 

Transaktionen mit Kryptowährungen sind komplett anonym, es braucht keinen Finanzintermediär, der einer behördlichen Finanzmarktaufsicht unterstellt ist. Kein Wunder, ist der Bitcoin das Zahlungsmittel im Darknet, wo illegale Güter gehandelt werden, von den Möglichkeiten der Geldwäscherei ganz zu schweigen.
In der Schweiz haben wir ein gutes Gesetz gegen Geldwäscherei und es wird auch angewendet. Man kann am Automaten keine Bitcoin kaufen, ohne dass man seine Handynummer angibt. Die Bitcoin-Börse in Neuenburg verlangt eine Kopie des Passes oder der ID. Und: Transaktionen von Bitcoin sind in der Blockchain aufgeschrieben, sie sind also nicht anonym, höchstens pseudonym. Und schliesslich: Bargeld ist auch anonym. Angenommen, Sie kaufen mit Bitcoin ein Kilogramm Kokain: Irgendwann muss ja die physische Übergabe stattfinden, und das ist der Moment, an dem der Staat eingreifen kann.
 

Ein Bitcoin-Guthaben lässt sich leicht vor dem Fiskus verstecken.
Das gilt für Bargeld ebenso. Und solange das Bankgeheimnis im Inland gilt, kann die Steuerverwaltung auch nicht nachschauen gehen, was wir auf dem Bankkonto haben. Sondern man setzt darauf, dass wir grossmehrheitlich steuerehrlich sind. Ich war ja lange Treuhänder und kann sagen: Die meisten Leute sind es.
 

Warum sind Sie persönlich derart von Kryptowährungen fasziniert, wie kam das?
Mathematik war schon immer mein Hobby, und ich war der erste, der seine Diplomarbeit auf eine Computer geschrieben hat. Als ich einen Artikel über Kryptowährungen gelesen habe, hat mich plötzlich nur noch dieses Thema interessiert. Es ist mein einziges Hobby geworden.
 

Ein Teil Ihres Vermögens dürfte in Bitcoin stecken.
Ja.
 

Haben Sie keine Mühe damit, dass also dessen Höhe je nach Spekulationsbewegungen schwankt?
Es schwankt, aber die Tendenz (zeichnet einen Pfeil nach oben) würde Ihnen wohl auch Freude bereiten.
 

Was haben Sie an Bitcoin verdient?
(lacht) Das sage ich nicht. Aber die Wertsteigerung beträgt tausende Prozent. Meine ersten 4,4 Bitcoin habe ich für 1000 Euro gekauft. Diese haben nun 40‘000 Franken wert.
 

Falls die ganze Kryptowährungsgeschichte in sich zusammenfallen sollte, verlieren Sie quasi Ihren Lebensinhalt. Was tun Sie dann?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich werde der letzte Mensch sein, der noch einen Bitcoin kauft. Und wenn es dereinst niemanden mehr gibt, der ihn mir abkaufen würde, werde ich sagen können: Ich habe wenigstens eine gute Zeit gehabt. Ich bin dank Bitcoin mit sehr vielen sehr interessanten Menschen in aller Welt zusammengekommen.

Link: www.bitcoin-schweiz.ch

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Zur Person

  • geboren am 7. September 1959
  • kaufmännische Lehre, Studium des Rechnungswesens an der Berner Fachhochschule Wirtschaft, diverse Weiterbildungen
  • Berufseinstieg als Wirtschaftsprüfer, zuletzt 16 Jahre lang eigene Treuhandgesellschaft im Seeland
  • diverse Verwaltungsratsmandate, u.a. auch Mitglied von Expertsuisse
  • verheiratet, zwei erwachsene Söhne tg

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