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Wein

«Wyglungge des Seelandes»

Die Winzer vom Jolimont und von Ins produzieren seit vielen Jahren erfolgreich roten und weissen Bielerseewein. Lange Zeit standen sie im Schatten der traditionsreichen Betriebe am linken Bielerseeufer.

Läset an der Inser Bahnhofstrasse 1934: «Der Wein zu Ins ist der beste dieser Art.» zvg/Buch «Ins in Bildern», 1985

LOTTI STUDER


In Erlach, Tschugg und Ins bewirtschaften fünf Winzer Reben auf einer Fläche von rund 20 Hektaren. Sie konnten sich in den letzten Jahrzehnten mit Spitzenweinen gegen die Konkurrenz behaupten. Einige Rebbauern erhielten für ihre hervorragenden Produkte angesehene Auszeichnungen (das BT berichtet laufend).

Beat und Ursula Giauque haben das Rebgut Schloss Erlach mit 2,5 Hektaren seit 1996 in Pacht. Ihre Weine lagern im historischen Schlosskeller in sehenswerten Eichenfässern. Den grössten Teil seiner Weine kann Beat Giauque an eine langjährige Stammkundschaft, Private und Gastronomiebetriebe, verkaufen. «Trotzdem muss man stets am Ball bleiben und die Kundschaft hegen und pflegen», sagt er. Giauque kann aus Platzgründen keine Treberwurstessen durchführen. «Im Schlosskeller ist es im Winter zu kalt. Priorität hat der Wein», erklärt er. Im Sommer bieten er und seine Frau Ursula im historisch wertvollen Keller Apéros und Degustationen an.

Begehrter Tabakwein
Andreas Stämpfli bewirtschaftet als Pächter im Hasenlauf eine Fläche von 3 Hektaren. Der 40-jährige Winzer wuchs als jüngster von drei Söhnen der Familie Stämpfli auf der St. Petersinsel auf. Er liebt das Besondere. Eine Herausforderung ist für ihn das Zusammenführen verschiedener Trauben. Mit den Hauptsorten Pinot Noir und Chasselas keltert er den begehrten Tabakwein. Nur die allerschönsten Trauben werden vorab gelesen und in einem Tabakofen zum Trocknen aufgehängt. Aus den trockenen Beeren entsteht so ein kräftiger, süsser Dessertwein.

Fredi Marolf produziert am Jolimonthang auf einer Fläche von 6 Hektaren aus sieben Traubensorten zehn verschiedene Weine. Sein Renner ist der «Trois filles». Ein Wein aus Pinot Noir mit der Farbe, Pinot Gris mit seinem vollen Aroma und Pinot Blanc mit seiner Nachhaltigkeit. Fredi Marolf widmet diesen prämierten Wein aus drei verschiedenen Traubensorten seinen drei Töchtern.

In Tschugg wird seit 1886 unter dem Namen und der Führung des Fürsorgevereins Bethesda das Rebgut als angegliederter Betrieb zur Klinik betrieben. Seit 2002 ist Fredi Marolf neben seinem Erlacher Betrieb für die Bearbeitung der Reben sowie für die Kelterung und den Verkauf verantwortlich. Er keltert von Trauben aus über 4,5 Hektaren eine vielseitige Palette an Weinen, vom traditionellen Chasselas bis zum raren Strohwein.

Der Frau gewidmet
Seit 1984 wird im Familienbetrieb Hämmerli in Ins Wein gekeltert. Lorenz Hämmerli, der Jüngste im Bunde der Rebmeister am oberen Bielersee, arbeitet seit zehn Jahren im elterlichen Betrieb. Hämmerlis haben die Rebfläche von knapp einer auf 6 Hektaren ausgebaut und verarbeiten 50 Tonnen Trauben. Kaum zu glauben, dass im Ankerdorf Ins bis im Jahre 1945 auf 45 Hektaren Rebbau betrieben wurde. In den Schriften von 1746 steht: «Der Wein zu Ins ist der beste dieser Art.» Im vorigen Jahrhundert bezeichnete der Pfarrer von Täuffelen das Dorf Ins als die «Wyglungge des Seelandes» (Quelle: Buch «Ins in Bildern» vom Dorfverein Ins). Lorenz Hämmerli ist ein sehr erfolgreicher junger Winzer, der für seine Weine neben mehreren Diplomen auch goldene und silberne Auszeichnungen erhalten hat. Seine Weine haben die Bezeichnung AOC Bern. Zu erwähnen ist die Spezialität «Bacio di Andrea». Dieser Wein wird durch die Anwendung der Cryokonzentration (Gefrierkonzentration) hergestellt. Seine Aromenvielfalt sowie sein schönes säure-süsse Verhältnis sind immer ein besonderer Genuss. Diesen Wein keltert Lorenz Hämmerli wohl in Gedanken an seine hübsche Frau Andrea.

Alle Betriebe verfügen über schöne Keller und Carnotzets. So auch der Betrieb von Peter Stettler, Pächter des Rebgutes der Gemeinde Erlach. Sein Weinkeller ist einer der schönsten rund um den Bielersee. Wie viele Häuser in der Erlacher Altstadt und unten im Stedtli hat auch der gewölbte Keller der Gemeinde eine grosse Geschichte. Das Gebäude wurde im Jahre 1685/1686 erstellt und hatte damals viele Zwecke zu erfüllen. Die Bauart des Tonnengewölbes aus Brüttelenstein kommt in Erlach sonst nur noch ein einziges Mal vor, die andern Keller sind in der Regel mit Balkenlagen eingedeckt.
Heute lagern im Gemeindekeller verschiedene Weine des Pächters Peter Stettler. Bis 1986 wurde das Gemeinderebgut durch einen angestellten Rebmeister bewirtschaftet. Seit 26 Jahren ist Stettler allein Herr und Meister über das Rebgut. Er hat in dieser Zeit das Angebot erweitert und bewirtschaftet im Hasenlauf, in der Kirchrebe und der Gruesse 2 Hektaren Chasselas, Pinot Noir und Chardonnay. In den vergangenen Jahren hat auch er sich einen grossen Stammkundenkreis aufbauen können, er hat keine Absatzschwierigkeiten für seine Produkte.

Beliebte Treberwurstessen
Damit er als Einmannbetrieb schwarze Zahlen schreiben kann, ist er in der Winterzeit, wenn der Wein in den Fässern ruht, auf andere Einkünfte angewiesen. In seinem wunderschönen Keller, in dem Eichenfässer und Barriques stehen, lässt es sich daher in dezenter Ambiance gut Treberwürste essen.

Als die Bielersee-Weinbauern im Winter Schnaps brannten, luden sie sich gegenseitig zum Degustieren der Jungweine vom Fass ein und legten zum Znüni eine Saucisson auf den Trester im Brennhafen. Aus dieser Tradition ist das beliebte und bekannte Treberwurstessen am Bielersee entstanden. Wie ennet des Sees hat das Treberwurstessen auch in den schönen Weinkellern der Winzer von Erlach, Tschugg und Ins grosse Beliebtheit erlangt. Wie eine echte Treberwurst vom Metzger zubereitet wird, berichtete das BT im Januar 2011.     

Links:
www.tschugger.ch
www.weingut-haemmerli.ch
www.hasenlauf.ch
www.marolf-wein.ch
www.schlosskeller-erlach.ch
www.gemeindekeller.ch

Stichwörter: Wein, Jolimont, Tschugg, Ins, Erlach

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