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Strafvollzug

Käser schweigt mal wieder

Die Strafanstalt Thorberg soll Gewinne in Millionenhöhe einfahren, schreibt «Der Bund». Es seien Verluste in Millionenhöhe, sagt der Kanton. Und der zuständige Regierungsrat Käser? Der teilt lapidar mit, dass er sich dazu nicht äussern mag.

Polizeidirektor Hans-Jürg Käser, Bild: bt/a

von Andrea Sommer

Im Berner Strafvollzug – so wurde in der Vergangenheit allenthalben beklagt – fehlt es an Geld und personellen Ressourcen. Der Ende Juni auszugsweise veröffentlichte Untersuchungsbericht zu den Vorwürfen gegen den über seine sexuellen Vorlieben gestrauchelten Thorberg-Direktor Georges Caccivio äusserte massive Kritik an der Strafanstalt selber. Unter anderem würden dort wichtige Standards nicht eingehalten. Auf dem Thorberg fühle man sich um 25 Jahre in die Vollzugsvergangenheit zurückversetzt.

Um die Mindestanforderungen zu erfüllen, hätten bei seiner Pensionierung 15 Stellen gefehlt, konterte darauf Hans Zoss, der den Thorberg 17 Jahre lang bis Oktober 2011 geführt hatte. Eine Aufstockung der Stellen sei jeweils aus Spargründen abgelehnt worden.

Umso mehr lässt der Bericht, der gestern in der Zeitung «Der Bund» stand, aufhorchen. Die Strafanstalt Thorberg erziele Millionengewinne. Dies auf Kosten von Häftlingen und anderen Kantonen, die Gefangene auf den Thorberg einweisen. So soll die Strafanstalt im Jahr 2010 bei einem Gesamtumsatz von rund 22 Millionen Franken 5,5 Millionen Franken erwirtschaftet haben – was einer Traumrendite von 25 Prozent entspricht.

Die Gewinne würden aller- dings weder in die Anstalt reinvestiert, noch an die anderen einweisenden Kantone weitergegeben. Der Profit komme einzig dem Kanton Bern zugute, der damit «seine» Häftlinge günstiger auf dem Thorberg unterbringe. Quellen nannte «Der Bund» keine, sondern berief sich auf «Dokumente, die der Redaktion vorliegen».

Zwar habe man den zuständigen Regierungsrat, Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP), um Stellungnahme gebeten. Dieser habe jedoch nicht geantwortet. Allerdings nicht etwa, weil er in den Ferien weilt. Hans-Jürg Käser arbeitet derzeit in seinem Büro in der Berner Altstadt.

Erreichbar war er allerdings auch gestern nicht. Angesichts der Berichterstattung im «Bund» wollte ihm auch diese Zeitung einige Fragen stellen. Etwa jene, ob die Strafanstalt wirklich einen Gewinn von 5,5 Millionen Franken erwirtschaften kann, ob auch andere Berner Vollzugsanstalten Gewinne schreiben, ob das Geld tatsächlich nicht reinvestiert werde und ob die Gewinne nicht an die anderen Kantone weitergegeben würden, damit diese weniger für ihre im Thorberg Inhaftierten ausgeben müssten.

Käser meldete sich gestern schliesslich per E-Mail. Er schrieb: «Sie erhalten hier die Fragen des ‹Bund› und die Antworten des Amtes für Freiheitsentzug und Betreuung. Ich stehe nicht für mündliche und weitergehende Auskünfte zur Verfügung!» Der «Bund»-Artikel sei eine weitere «Geschichte der unabhängigen liberalen Tageszeitung, die ich nicht kommentieren mag». In den Antworten führt das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung anhand einer mit dem Titel «Jahresrechnungen Anstalten» überschriebenen Tabelle, aus, dass die Anstalt Thorberg im Jahr 2010 keinen Gewinn, sondern einen Verlust von 3,9 Millionen Franken ausgewiesen habe. Verluste gab es gemäss dieser Tabelle auch in den Jahren 2009, 2011, 2012 und 2013.

Welche Zahl stimmt denn nun? Aktuell steht Aussage gegen Aussage. Verständlich, dass Käser angesichts all der Schwierigkeiten in seiner Direktion etwas von der Rolle ist. Seine Rolle als Regierungsrat wäre es aber, in solchen Fragen Licht ins Dunkel zu bringen. Doch der 65-Jährige tut, was er in der Vergangenheit oft getan hat: Er reagiert sensibel auf Kritik. Ob er auch hier versucht, Unangenehmes unter dem Deckel zu halten, wird sich zeigen. Überraschen würde es nicht. Oder wie der Engländer sagt: «Man kann einem alten Hund keine neuen Tricks beibringen.»

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